Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Wann und wie macht man Schluss?

Ist der letzte Schritt vielleicht schwieriger als der erste Schritt? Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 18.08.2024 um 16:03 Uhr
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Aktualisiert: 18.08.2024 um 16:51 Uhr
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Yann Sommer wird wohl nicht mehr die Nummer 1 im Nati-Tor sein.
Foto: TOTO MARTI

Joe Biden hat den Bettel hingeworfen. Viele haben sich in den letzten Monaten an «Sleepy-Joe» noch die Schuhe abgeputzt. Im US-Wahlkampf war plötzlich jeder, der die Legislative knapp von der Exekutive unterscheiden kann, ein Experte.

Die Witze über das «Greisenduell» in den USA, über diese «Opakratie» im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, sorgten für billige Erheiterung an jedem Stammtisch. Die kognitiven Ausfälle, die Stolperer und Versprecher von Biden wurden genüsslich mitgezählt. Und das Urteil war gemacht. «Untragbar.» 

In diesen Momenten interessiert eine vertiefte und differenzierte Beurteilung der vierjährigen Amtszeit Bidens niemanden mehr. Wenn das Fallbeil niedersaust, gibt es keine Aussicht auf Milde. Der letzte Eindruck bleibt. Vom mächtigsten Mann der Welt in den Abfallkübel der Geschichte. Da liegen nur zwei Stolperer dazwischen.

Wann ist denn der richtige Zeitpunkt, um abzutreten? Und wie verlässt man stilvoll die grosse Bühne? Diese bange Frage beschäftigt nicht nur die Politiker. Sondern auch die Sportler. Die Angst, den Zenit überschritten zu haben und zum Freiwild zu werden, plagt viele.

Nicht jedem Fussballer gelingt das Karriereende so gut wie beispielsweise Toni Kroos. Ein klarer Plan, eine klare Kommunikation, kein Hin und Her, keine Spekulationen und kein Ärger. Auf dem Zenit und als amtierender Champions-League-Sieger mit Real Madrid kündigt er den Rückzug an. Lässt sich von einem Comeback im Nationalteam überzeugen. Aber mit klarer Ansage: Nach der EM ist Schluss.

Solch eine zielsichere Planung braucht Persönlichkeit. Aber auch ein gutes und ehrliches Umfeld. Und ein Verein oder ein Verband, der sensibilisiert ist und die Klippen eines solchen Schritts frühzeitig erkennt und entsprechend handelt und kommuniziert. Der Schweizerische Fussballverband hat in den letzten Jahren gezeigt, wie es nicht geht.

Den langjährigen Captain Gökhan Inler hat man zappeln lassen und dann mehr oder weniger stillschweigend ausgebootet. Er musste durch die Hintertür gehen. Auch bei Valon Behrami, jahrelang eine Integrationsfigur der Nati, ist es nicht gelungen, gemeinsam ein stilvolles Ende zu finden.

Das jüngste Beispiel ist Xherdan Shaqiri. Er wirf den Bettel entnervt hin. Hat man diesen Fall mit der nötigen Sensibilität moderiert? Hat man in vielen persönlichen Gesprächen versucht, einen gemeinsamen Fahrplan zu erarbeiten? Die Art und Weise des Shaqiri-Rücktritts steht als Antwort für sich: Nein.

Die nächste Klippe wartet. Gregor Kobel soll Yann Sommer ablösen. Sickert durch. Eine klare und proaktive Kommunikation gibt es nicht. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre ist auch hier zu befürchten, dass es nicht ohne Misstöne ablaufen und wieder Geschirr zerschlagen wird.

Das ist schade. Weil das Ende einer Karriere eine Krönung sein sollte. Aber wie einschneidend ein solcher Schritt für die Betroffenen ist, das ist vielen Verbands- und Klubverantwortlichen zu wenig bewusst.

Das zeigt sich derzeit nicht nur in der Nationalmannschaft. Sondern auch beim FC Basel. Die Trennung von Michael Lang war stillos. Ob man dies in den nächsten Monaten bei Fabian Frei und Taulant Xhaka besser hinkriegt? Auch hier muss befürchtet werden: eher nicht.

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