Die Zeit eilt, weilt oder heilt. Mit zunehmendem Alter eilt sie vor allem. Die Jahre fliegen einem um die frisch behaarten Ohren. Der Zahn der Zeit nagt so heftig wie die aus der Kontrolle geratenen Biber, die jeden Baum fällen, der nicht zehn Kilometer von einem Bachufer entfernt ist.
Wie schnell zehn Jahre ins Land gezogen sind, wird den Fussballfans im aargauischen Freiamt auch in den Tagen des Jahreswechsels bewusst. Da zirkuliert in den sozialen Medien eine Tabelle der Challenge League aus dem Jahr 2014. Es ist eine wehmütige Erinnerung an wundersame Tage.
Denn Wintermeister im Jahr 2014 in der Challenge League ist damals der FC Wohlen. Es ist für den Provinzklub aus dem Aargau der Höhepunkt seiner 16-jährigen Zugehörigkeit zur zweitobersten Spielklasse des Landes.
Das ist bemerkenswert. Aber weit bemerkenswerter ist, wer damals in der Tabelle hinter dem Wintermeister aus dem Aargau auftaucht. Es sind Lugano, Servette, Winterthur und Lausanne. Mit Lugano, Lausanne und Servette dümpeln drei der aktuell meistgenannten Meisterkandidaten vor zehn Jahren in der Challenge League hinter dem FC Wohlen. Die Tabelle wird damals von vielen Freiämtern fotografisch festgehalten.
Trainer des FC Wohlen ist damals mit Ciriaco Sforza der berühmteste Sohn des Klubs. Er hat den Job von David Sesa übernommen. Mit dem hochtalentierten Kevin Pezzoni kommt ein ehemaliger deutscher Nachwuchsnationalspieler ins Freiamt. Mit Sergio Bastida, João Paiva, Samir Ramizi, Simone Rapp oder dem kongolesischen Nationaltorhüter Joël Kiassumbua verirren sich weitere prominente Namen in den Aargau. Und in Wohlen diskutiert man, ob man eine Lizenz für die Super League beantragen soll. Man tut es nicht.
Der FC Lugano steigt auf, Wohlen liegt am Saisonende auf Platz 3. Doch der grösste Kraftakt der jüngeren Klubgeschichte hinterlässt Spuren. Es klafft ein ordentliches Loch in der Buchhaltung. Ein Märchen aus 1001 Nacht bringt ein wenig Entlastung.
Monquez al-Yousef heisst der Mann, der ein Jahr später zum Aktionär wird und einen Millionenbetrag einschiesst. Man reibt sich verwundert die Augen. Aber der Mann mit Verbindungen ins saudische Königshaus schafft nur kurzfristig Entspannung, taucht bald wieder ab und schenkt sein Aktienpaket dem Klub.
Die Wege von Lausanne, Servette, Lugano und dem FC Wohlen trennen sich vor zehn Jahren. Die einen spielen im kommenden Frühling um den Schweizermeister-Titel. Die Aargauer kämpfen in der 1. Liga classic um den Ligaerhalt. Der Fussball ist ein flüchtiges und volatiles Geschäft. Nicht nur an der Spitze. Auch in der Provinz.
Was dem FC Wohlen aber niemand nehmen kann, ist die Tabelle aus dem Jahr 2014 und der Titel «Wintermeister der Challenge League».
Ein Screenshot als Reminiszenz an wundersame Zeiten ist geblieben.