Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Die Fussball-Revolution

Die deutsche Fussball-Liga muss auf Druck der Fans auf den Einstieg ausländischer Investoren verzichten. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 25.02.2024 um 19:58 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2024 um 14:40 Uhr
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Tennisball-Proteste prägten Bundesliga-Spiele der letzten Wochen.
Foto: imago/Pressefoto Baumann
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Felix BingesserReporter Sport

Im deutschen Fussball geschehen derzeit wundersame Dinge. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesliga gab es am vergangenen Wochenende mehr Zuschauer in der 2. Bundesliga (total 285’000) als in der 1. Bundesliga (261'000).

Das ist bemerkenswert, weil die 2. Bundesliga nur 20 Prozent der TV-Einnahmen erhält, aber an Attraktivität daran ist, dem grossen Bruder Konkurrenz zu machen. Die 2. Bundesliga hat im Durchschnitt so viele Zuschauer wie die La Liga in Spanien und auch mehr als die erste Liga in Frankreich.

Natürlich hat das in erster Linie damit zu tun, dass sich mit Schalke, mit dem HSV, mit der Hertha oder mit Kaiserslautern viele Topklubs aus Städten mit grosser Fussballkultur in der 2. Liga tummeln. Und da halt Vereine wie Heidenheim oder Augsburg und Retorten- und Werkklubs wie Hoffenheim oder Wolfsburg zuschauermässig nicht mithalten können.

Man kann sich keine Fanbasis kaufen und Klubtreue verordnen, man kann Tradition nicht in Millionen und Milliarden beziffern. Das ist grundsätzlich eine gute Botschaft für alle Nostalgiker dieses Sports.

Genauso wie der Umstand, dass die «Filzball-Revolution» in den Stadien jetzt von Erfolg gekrönt wird. Die landesweiten und solidarischen Proteste der Fans gegen den Einstieg des Luxemburger «Finanzdienstleiters» CVC haben die Deutsche Fussball Liga (DFL) am Mittwoch einknicken lassen. Sie verzichten auf den Deal.

Die Private-Equity-Heuschrecken aus Luxemburg, die schon in der französischen und spanischen Liga mitmischen, wollten für die nächsten zwanzig Jahre acht Prozent der TV-Einnahmen für sich abzwacken. Und dafür eine Milliarde bezahlen. Beim derzeitigen deutschen TV-Deal würden sie jedes Jahr mehr als hundert Millionen bekommen. Ein sicheres Geschäft. Und jeder Zweitklässler kann ausrechnen, dass CVC so dem deutschen Fussball in zwanzig Jahren 1000 Millionen entzogen hätte. Um damit die Taschen ihrer stinkreichen Investoren noch praller zu füllen.

Die Klubbosse in Deutschland wollten sofort das schnelle Geld. Um kurzfristig aufzurüsten und zu investieren. Die Basis hat nicht mitgespielt und den Deal mit seinen Protesten verhindert. Auch, weil damit wohl die Zerstückelung des Spieltags mit Partien, verteilt auf alle Uhrzeiten und Wochentage, verhindert wird. Denn nur so könnte man in den Märkten in Asien und Amerika weiteres Geld einspielen. Auf dem Buckel der Fans.

Darum ist die letzte Woche eine gute Woche für den Fussball. Ohne Fans, die in die Stadien pilgern und teure TV-Abos kaufen, gibt es keinen Profifussball. In einem demokratischen Prozess müssen sie mitentscheiden können. Sie haben sich jetzt dieses Recht mit fliegenden Tennisbällen aus den Kurven und einer friedlichen Machtdemonstration erzwungen. Gut so. Der populärste Sport der Welt darf nicht in die Hände von Heuschrecken-Firmen fallen, die ausser dem Profit keinerlei nachhaltige Interessen haben.

Müsste sich der Weltfussballverband Fifa mit einer demokratischen Basis auseinandersetzen, dann wären auch die Tage von Gianni Infantino längst gezählt.

Aber das ist nur Wunschdenken.

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