Vor vier Tagen hat die TSG Hoffenheim nach dem harzigen Start in der Bundesliga einen neuen Sportdirektor vorgestellt. Es ist der 38-jährige Österreicher Andreas Schicker. Er soll den Klub in den nächsten Jahren aus der Krise und wieder an die Spitze der Bundesliga führen.
Zuletzt hat sich Schicker vom Chefscout und Videoanalysten bei Sturm Graz zum Geschäftsführer Sport hochgearbeitet. Graz hat sich neben Red Bull Salzburg als zweite Kraft in Österreichs Fussball etabliert und im Sommer das Double gewonnen und sich direkt für die Champions League qualifiziert. Jetzt braucht Graz einen neuen Sportdirektor. Als Nachfolger von Schicker wird auch Alain Sutter als Kandidat gehandelt.
Der fatale Unfall
Mit Andreas Schicker verlässt ein Mann Österreich, dessen Schicksal vor zehn Jahren das ganze Land erschüttert hat. Am 22. November 2014 ist der damalige Fussballprofi mit Freunden unterwegs. Es kommt zum fatalen Unfall. Mitten in seiner steirischen Heimatstadt Bruck an der Mur zündet Schicker einen Böller, der noch in seinen Händen explodiert. Er sprengt sich dabei die linke Hand und den Unterarm weg.
Schicker läuft in seinem Schock noch zur Polizeistation, die gleich gegenüber liegt. «Ich bin Linkshänder und wollte an der Glocke läuten. Da habe ich bemerkt, dass da gar nichts mehr ist», sagt er später.
Allein die erste Operation, ausgeführt von drei Chirurgen, dauert mehr als zehn Stunden. Die linke Hand und der linke Unterarm fehlen, die rechte Hand, an der der Daumen nur noch an einem Hautfetzen hängt, kann einigermassen wiederhergestellt werden. Es fehlen die Kuppen von Daumen und Zeigefinger. Bereits in der Rehabilitation sagt Schicker kämpferisch: «Ich möchte in den Profifussball zurück und wieder auf dem Platz stehen.»
In einer ersten Phase aber muss er auch der Polizei erklären, wie es zu diesem Unfall kommen konnte und wo er diesen verbotenen Böller herhat. Im Dezember 2013 kauft er in der Stadt eine Feuerwerksbatterie für Silvester. Als Draufgabe werden ihm noch drei Böller angeboten. Er nimmt sie. Zwei davon werden an Silvester gezündet. Der Dritte liegt dann ein Jahr lang in seiner Fischerhütte.
«Dümmer geht es nicht mehr»
Dorthin geht er am Unfallabend mit seinem Freund. Der sieht den Böller, sie nehmen ihn mit in die Stadt. Und zu später Stunde vor einem Lokal kommt es zur verhängnisvollen Tat. «Jeder, der sagt: Dümmer geht es nicht mehr, der hat recht. Ich habe einen riesigen Blödsinn gemacht, und ich habe dafür den Höchstpreis bezahlt», sagt er den «Oberösterreichischen Nachrichten». Und ergänzt: «Ich kann nur jedem sagen: Lasst die Finger und die Hände davon.»
Schicker kehrt bei den Amateuren von Wiener Neustadt in den Fussball zurück. Und steigt wieder ins Kader der Profis auf. Am 4. März 2016 gibt er im Spiel gegen Austria Salzburg sein Comeback als Profifussballer. Er ist gemäss Fifa der erste Profispieler weltweit mit einer Armprothese.
Nach dem Ende der Aktivkarriere startet er seine Funktionärskarriere, die ihn jetzt in die Bundesliga führt. Er ist in den letzten zehn Jahren einen bemerkenswerten Weg gegangen.
Auch wenn er an jenem 22. November 2014 vor der Polizeistation an sich hinuntergeschaut und zu seinem Cousin gesagt hat: «Jetzt wird nichts mehr, wie es einmal war.»