Auf einen Blick
- Sport ist bei Depressionen so wirksam wie Psychotherapie
- Fehlende Wertschätzung im Beruf führt zu Burn-out
- Wo bleiben im Schweizer Fussball die stilvollen Abschiede?
Studien spriessen im Stundentakt aus verschiedensten Quellen und vermehren sich schneller als der Japankäfer in den Schweizer Gärten. Zu jeder These gibt es eine Studie. Und danach folgt gleich die nächste Studie, die die erste Studie relativiert. Oder korrigiert.
Jetzt gibt es eine wissenschaftliche Langzeitbeobachtung aus den USA. Die belegt, dass bei leichten und mittelschweren depressiven Verstimmungen regelmässiger Sport mindestens so wirkungsvoll ist wie eine gezielte Psychotherapie. Also: ab in den Wald statt auf die Couch.
Auch der deutsche Psychiater und Philosoph Thomas Fuchs hat viel studiert. Vor allem darüber, warum die Gesellschaft immer kränker wird und Erschöpfungsdepressionen auch bei jüngeren Generationen rapide zunehmen. Seine These: Ein Burn-out hat nicht in erster Linie damit zu tun, dass die Menschen zu viel arbeiten, sondern damit, dass ihre Arbeit zu wenig wertgeschätzt und gewürdigt wird und auf keine Resonanz stösst. Er nennt das ein «Gratifikationsdefizit».
Jemand setzt sich also für seinen Arbeitgeber ein, macht seine Arbeit leidenschaftlich und hat das Gefühl, einen grossartigen Job zu machen. Aber niemand nimmt es zur Kenntnis. Er bekommt kein Feedback.
Die Folge? Er arbeitet noch mehr. In der Hoffnung, dass irgendwann jemand realisiert, mit wie viel Herzblut er sich engagiert. «Diese fehlende Resonanz macht auf Dauer krank», sagt Philosoph Fuchs im Schweizer Fernsehen.
Das ist im Sport genau so. Mit bemerkenswerter Regelmässigkeit ist diesbezüglich in den letzten Wochen ein Totalversagen festzustellen. Die Rücktritte in der Nationalmannschaft sind von Misstönen begleitet und lausig orchestriert. Lobende und wertschätzende Abschiede für verdienstvolle Integrationsfiguren? Nein. Der Abgang durch die Hintertür wird zur Regel.
Auch der zum Trading Club Basel (TCB) gewordene FCB schafft es weiter nicht, die wenigen Identifikationsfiguren mit dem gebotenen Stil und der gebotenen Dankbarkeit zu verabschieden. Diejenigen, die dem Geschäftsmodell Fussball noch eine Seele geben, werden in die Flucht getrieben. Die Wertschätzung bleibt auf der Strecke.
Jüngstes Beispiel ist Fabian Frei. Nach zwanzig Jahren Klubtreue und 543 Spielen für Rotblau hat er am Montag seinen Kasten geräumt. Am Morgen kam das Telefon, am Nachmittag war er in Winterthur. So geht das heute. Eiskaltes Business.
Den Vogel in Sachen Mitarbeiterführung abgeschossen hat der FCZ-Trainer Ricardo Moniz. Er stösst mit seinem Führungsstil, der demjenigen eines Kompaniekommandanten der Siebzigerjahre ähnelt, seine Spieler vor den Kopf.
Auch den Stürmer Labinot Bajrami. Ohne dessen Verhalten zu akzeptieren, wäre ein solcher Konflikt anders zu lösen. Vielleicht sogar so, dass so ein junger Spieler danach für den Trainer durchs Feuer geht.
Aber eine gewisse Nestwärme, ein empathischer Umgang mit jungen, aber auch älteren und verdienstvollen Spielern, würdige Abschiede von Integrationsfiguren, all dies scheint derzeit im Schweizer Fussball in Vergessenheit geraten zu sein.
Das kann sich rächen. Nein, das wird sich rächen.