«Wir sind statistisch das schlechteste Team der EM»
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Tami selbstkritisch:«Wir sind statistisch das schlechteste Team der EM»

Tami nimmt die Nati-Stars in die Pflicht
«Das beste Team besteht nicht immer aus den besten Einzelspielern»

Zum Auftakt des Trainingslagers im spanischen La Manga stärkt Nati-Direktor Pierluigi Tami seinem Trainer Murat Yakin den Rücken und er sagt, was er vom Zusammenzug in La Manga, Kopenhagen und Dublin erwartet.
Publiziert: 19.03.2024 um 00:16 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2024 um 07:29 Uhr
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Nati-Direktor Pierluigi Tami posiert in La Manga. Er freut sich auf die nächsten Tage.
Foto: TOTO MARTI

Im frühlingshaften La Manga startet die Nati in dieser Woche den Countdown zur EM. Unter der Sonne an der Costa Calida soll die Grundlage für ein erfolgreiches EM-Abenteuer geschaffen werden. Das Erreichen der K.o.-Phase ist Pflicht, der Traum von einem Sommermärchen eint aber alle: Spieler, Fans, Trainer. Auch Pierluigi Tami träumt. Der Nati-Direktor sagt: «Wir können jede Mannschaft schlagen.»

Weit weg ist in diesem Moment der düstere Herbst, als sich die Nati in den Duellen mit Belarus, Israel, Kosovo und Rumänien nur mit Ach und Krach das EM-Ticket sicherte – nach immer schwächer werdenden Leistungen, enttäuschenden Resultaten und auch offensichtlicher Missstimmung im und rund um das Team. Nicht nur das Wetter in Spanien, sondern auch die Stimmung ist wieder besser. Das zumindest lassen die Protagonisten verlauten.

Geändert hat sich auch die Meinung von Tami. Noch im Herbst hatte der Tessiner Zweifel an seinem Nati-Trainer, zählte ihn öffentlich an und verhandelte laut Blick-Informationen mit potenziellen Nachfolgern, auch wenn er dies öffentlich bestritt. Nun stärkt er bei seinem ersten Auftritt im EM-Jahr dem Nati-Trainer den Rücken: «Yakin ist unser Kandidat Nummer 1, wir haben Interesse, auch in Zukunft zusammenzuarbeiten.»

Tamis Meinungsumschwung

Die Gründe für Tamis Sinneswandel? «Wir haben unsere Lektion aus dem Herbst gelernt. Wir sind mit der Rolle des Favoriten nicht klargekommen.» Nun ist die Nati wieder in jener Position, die ihr am besten behagt. Die Rolle des gefährlichen Aussenseiters, gegen den niemand gerne spielt. «Die Mannschaft hat in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass sie dann stark ist, wenn sie mit dem Rücken zur Wand steht», sagt Tami. Als Beispiel nennt er die Nations League im Sommer 2022, als sich die Nati nach drei Niederlagen zum Auftakt mit drei Siegen in Folge den Klassenerhalt doch noch souverän sicherte.

Über die Zukunft Yakins wird aber erst nach der EM entschieden. Trotz Gesprächen konnten sich der Verband und der Nati-Trainer auf keinen neuen Vertrag einigen. «Es ist Yakins Wille, dass wir erst nach der EM miteinander reden», sagt Tami. Dem Vernehmen nach sollte das Vertragsangebot von SFV-Seite eine Klausel enthalten haben, dank der sich der Verband beim Verpassen des EM-Viertelfinals ohne finanzielle Nachteile von Yakin hätte trennen können. Kommentieren will Tami dies auf Blick-Nachfrage nicht.

Der Nati-Direktor kann und muss mit der ungeklärten Trainer-Situation leben. «Es ist auch eine Chance für Yakin und ein Risiko für den Verband, denn hat er Erfolg, wird es für den Verband teuer.» Damit könnte Tami wohl aber gut leben, denn er muss sich ein paar unangenehme Fragen vor allem dann gefallen lassen, sollte das EM-Abenteuer in die Hose gehen.

Keine Rücksicht auf Sentimentalitäten

Doch das ist Zukunftsmusik. Tamis Fokus gilt der EM. Und zumindest für diese ist Yakin sein Mann. Der Nati-Direktor ist überzeugt, dass dieser die Lehren aus dem Krisen-Herbst gezogen hat. Aus seiner Sicht muss die Nati vor allem eines: zurück zur defensiven Stabilität. «Das war der grösste Unterschied zwischen der WM-Qualifikation 2021 und der EM-Qualifikation.» Darauf liegt auch Tamis Fokus in den Spielen am Samstag in Dänemark und drei Tage später in Irland. Gegen zwei heimstarke Teams, die sich nicht nur hinten reinstellen werden.

Spätestens an der EM in Deutschland soll auch die Offensive wieder besser funktionieren. «Wir haben einige sehr interessante junge Spieler», sagt Tami. «Wir werden Fortschritte machen. Aber wir sind in einem Lernprozess und brauchen auch Geduld.» Der neue Assistent Giorgio Contini, ein früherer Stürmer, sowie die Erfahrung der letzten Monate in den jeweiligen Klubs sollen helfen, dass Spieler wie Vargas, Okafor, Amdouni oder Ndoye auch in der Nati wieder aufblühen.

Der Nati-Boss nimmt aber auch die erfahrenen Spieler in die Pflicht. «Wir müssen mit der besten Mannschaft an die EM, aber diese besteht nicht immer aus den besten Einzelspielern», sagt Tami. Jeder müsse seine Rolle akzeptieren, «auch in dieser Hinsicht ist dieser Zusammenzug wichtig». Namen nennt er keine, klar ist aber, dass dies im Herbst nicht immer der Fall gewesen ist. Tamis Botschaft ist unmissverständlich: Persönliche Befindlichkeiten müssen in den nächsten Wochen hinten angestellt werden. Denn ein guter Teamgeist war seit jeher die Basis eines grossen Erfolgs der Nati. Und diesem sollten die Sonnenstrahlen im Süden Spaniens ebenfalls zuträglich sein.

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