Foto: Urs Lindt/freshfocus

YB-Stürmer Hoarau trifft nicht mehr
«Wer weiss, ob ich im Mai noch da bin»

Guillaume Hoarau über seine Durstrecke als Stürmer, seine Auftritte als Musiker und über seinen Beziehungsstatus.
Publiziert: 19.12.2019 um 11:42 Uhr
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Guillaume Hoarau hat in der laufenden Saison bisher noch kein Tor erzielt.
Foto: Daniela Frutiger/Freshfocus
Alain Kunz

BLICK: Guillaume, wie gehts?
Guillaume Hoarau: Es geht mir sehr gut! Allerdings bin ich noch nicht im Ferienmodus. Am Donnerstag habe ich ein Konzert. Also wird jeden Tag geprobt.

Und physisch, wo stehen Sie da?
Auch sehr gut. Ich habe nach den zwei gröberen Verletzungen insgesamt drei Vorbereitungsphasen hinter mir. Ich habe hart gearbeitet. Doch nichts kann die Spielminuten ersetzen, den Rhythmus eines Meisterschaftsspiels. Das ging mir ab. Ferien sind gut für jene, die viel gespielt haben. Für mich kommen sie nicht zum optimalen Zeitpunkt. Aber so ist es nun mal. Doch auch mir wird es guttun, die Batterien mit meiner Familie aufzuladen und 2020 stärker zurückzukommen.

Es fehlen also einzig die Spiele?
Ja. Ich musste dafür büssen, dass ich die Champions-League-Qualifikation spielte. Ich habe da auf die Zähne gebissen und mir gesagt: Ich werde laufen wie verrückt – auch wenn ich nicht optimal laufen kann. Aber ich wollte unbedingt in die Champions League. YB auch. So habe ich hinterher Zeit verloren. Wenn ich den Jungen einen Tipp geben kann: Wenn Ihr verletzt seid, nehmt euch die nötige Zeit. Deinen Körper kannst Du nicht austricksen. Der Fussbruch danach war ein Unfall, wie es halt passieren kann.

Und dennoch steht YB an der Spitze …
Ja. Und das steht über allem. Wir haben kollektiv interessante erste sechs Monate gemacht. Es hätte noch besser sein können. Aber wir sind trotz vielen Wechseln und vielen Verletzten Wintermeister. Das ist beachtlich.

Wie gehen Sie als Stürmer mit dem Umstand um, in der Meisterschaft noch kein einziges Tor gemacht zu haben?
Ich bin mit den Fabeln von La Fontaine aufgewachsen. In «Der Hase und die Schildkröte» ist die Moral von der Geschichte, dass es nichts nützt wie von Sinnen zu rennen, wenn man nicht rechtzeitig startet. Ich konnte das halt nicht. Ich war Torschützenkönig, habe vor einem halben Jahr oft getroffen. Und nun stehe ich bei null. Ich will nicht sagen, dass es nervt, weil es ja Gründe gibt.

Aber es geht in diese Richtung.
Aber eines verspreche ich!

Und das wäre?
Ich werde alles dafür tun, meine Tore wieder zu schiessen! Und ich werde Jean-Pierre Nsame unterstützen, Torschützenkönig zu werden. Er ist in prächtiger Form. Und im Mai werden wir sehen, wie viele Tore wir beide für YB erzielt haben. Wenn ich noch da bin …

Was heisst denn das? Ist das unsicher?
Im Fussball ist alles möglich. In sechs Monaten ist mein Vertrag zu Ende. Da rufen natürlich Klubs an, um auszuloten, wie es ausschaut. Ich hatte einst gesagt, dass ich bei YB bleibe, bis ich nicht mehr laufen kann. Wenn ich mich nun in die Lage des Klubs versetze und bedenke, dass mein bester Torschütze der letzten Jahre, der 35-jährig ist, einen Grossteil der Vorrunde verletzt ausfiel und kein Tor gemacht hat – dann sind das nicht die besten Voraussetzungen, um mit ihm zu verlängern. Ich werde mich mit YB zusammensetzen. Bis dann verhandle ich mit niemandem konkret.

Auch nicht mit Nottingham Forest, das Interesse angemeldet hat?
Nein. Allerdings weiss ich, dass Nottingham unbedingt in die Premier League aufsteigen will. Die haben enorm viele Spiele und brauchen Leute für diese Mission. Und Leute, die Tore schiessen, findet man nicht so leicht. England – da war ich noch nie. Es ist allerdings ein Projekt wie viele andere. Ich überstürze nichts.

Was wollen Sie denn?
Ich will Fussballspielen und Tore schiessen. Ich habe immer noch enorm viel Energie und Motivation. Wenn ich morgens aufwache, um ans Training zu gehen, bin ich glücklich. Wenn die Leute eines Tages sagen, Gui kommt nicht mehr vorwärts und ich sehe das im TV bestätigt, dann ist Schluss. Ein Torjäger verlernt das Toreschiessen nicht in sechs Monaten. Und das will ich unbedingt weiterhin machen. Wenn ich das weiterhin in Bern tun kann, dann wäre dies das schönste Weihnachtsgeschenk.

Sind Hoarau und Nsame kompatibel?
Klar! Das haben wir schon gezeigt. Die Leute denken nur deshalb, das gehe nicht, weil wir ganz selten zusammengespielt haben. Es spielte fast immer nur einer. Aber das geht problemlos. Und wenn wir gemeinsam auf dem Feld stehen, hat Jean-Pierre sogar mehr Freiheiten. Dann muss er die Dinge weniger seltener tun, die mein Job sind. Mein Problem bei YB ist ganz gewiss nicht, dass Nsame trifft und trifft. Ich denke nicht so, dass ich Nsame nun sage: Jean-Pierre, ich bin zurück. Räum Deinen Platz für mich! Es hat für beide genügend Platz.

Nach der Mühle Hunziken in Rubigen füllen Sie nun auch das Bierhübeli in Bern, ein weiteres Kultlokal. Das ist unglaublich!
Ich erlebe gerade neben dem Fussball, aber auch dank des Fussballs eine aussergewöhnliche musikalische Erfahrung. Ich sah mich eher als BBQ- oder Sonntagsmusiker. Seit einem Jahr nun sind die Dinge offizieller geworden, ambitionierter. Ich stelle mich immer grösseren Herausforderungen. So ist auch der Druck gewachsen. Ich mache das mit Riesenrespekt, aber auch Enthusiasmus und Freude.

Was spielen Sie im Bierhübeli?
Alles Mögliche. Die Musik, mit der ich aufgewachsen bin. Ich erwarte auch vier, fünf Special Guests. Die meisten davon Freunde von mir. Das wird also ein richtiges Familien-Happening werden. Es wird Reggae geben, klar, aber auch Rock, Rap, Elektro, akustische Momente. Man wird tanzen, lachen können, auch mal eine kleine Träne verdrücken. Es wird für jeden was dabei sein.

Hören Sie dann und wann: Der Hoarau hat nur noch Musik im Kopf. Deshalb schiesst er keine Tore mehr?
Nein. Und wenn das jemand sagt, dann nicht auf Französisch, sondern auf Bärndüütsch. Und da verstehe ich fast nichts. Ich habe enormen Respekt vor allen Jobs. Vor jenem des Journalisten, des Musikers, des Fussballers. Ich bin auf La Réunion aufgewachsen. Das ist eine kleine Insel. Da kennt jeder jeden. Und jeder redet über jeden. Da habe ich gelernt, dass die Leute denken und sagen können, was sie wollen. Das ist ihr gutes Recht. Ich weiss, wer ich bin. Ich weiss genau, wann ich als Fussballer arbeite – und dann gebe ich restlos alles! Und deshalb habe ich mir mehrmals wehgetan. In der Musik gilt dasselbe. Wenn ich Musik mache, dann richtig. Sonst kann man es sein lassen. Und das ist ja alles abgesprochen mit YB. Konzerte gibts nur in Nationalmannschafts-Pausen oder in den Ferien wie nun.

Wo verbringen Sie Weihnachten?
Auf La Réunion, klar. Dort ist Sommer. 40 Grad!

Es sind 30. Und es regnet die ganze Zeit …
Das ist unser Mikroklima. Es regnet häufig. Doch fünf Minuten später scheint die Sonne.

Was bedeutet Ihnen Weihnachten?
Es ist ein Moment, um die Familie zusammenzubringen. Deshalb gehe ich jedes Jahr zurück auf die Insel. Man müsste jeden Tag Weihnachten feiern, wegen der Familie. Denn die Familie steht am Anfang von Energie und Liebe. Voilà.

Mit wem gehen Sie nach La Réunion?
Mit meinem Sohn und meiner Schwester, die in Frankreich leben.

Keine Partnerin im Moment?
Nein, ich bin Single.

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