BLICK: Guillaume Hoarau, wie gehts?
Guillaume Hoarau: Danke, immer besser, Tag für Tag. Ich kann bereits aufs Rad, mache Crosstraining und Kraftübungen. In zwei Wochen habe ich die nächste Kontrolle. Wenn alles gut ist, kann ich mit Laufen beginnen.
Das geht ja unglaublich schnell!
Tja, man muss halt die positive Vibes in seinen Körper bringen...
Was haben Sie am 10. April um 16.40 Uhr gedacht?
Dann dachte ich: Jetzt ist alles vorbei! Es war der nackte Horror. Wie wenn etwas aus meinem Körper geht. Als ich das sah, diese Kugel an meinem Bein, als ich dieses nicht mehr bewegen konnte, das war schrecklich.
Auf dem Weg ins Spital haben Sie aber bereits telefoniert. Ihr Berater Michel Urscheler sagte, sie hätten geweint...
Sagt er? Nein, ich weine nie! Aber ganz ehrlich: Ich weiss nicht mehr, wen ich angerufen habe. Ich weiss bloss noch, dass ich telefoniert habe. Ich war da voll unter Morphium.
Wann haben Sie realisiert, dass das Hüftgelenk ausgekugelt war?
Sehr schnell. Ich hatte die Schulter früher auch schon ausgerenkt. Als ich das Bein nicht mehr bewegen konnte, wusste ich gleich, dass der Knochen aus dem Gelenk gesprungen ist.
Wie waren die Schmerzen?
Das ist schwierig in Worte zu fassen. Unglaublich intensiv. Aber man gab mir schnell Morphium. Von da an spürte ich nichts mehr.
Der schwierigste Moment war wohl jener, als sie wussten, was sie hatten, aber die Folgen noch nicht genau kannten. Diese Ungewissheit muss einen fertig machen.
Immerhin wusste ich sofort, dass nichts gebrochen war. Das haben sie mir sofort sagen können. Danach gabs nur eines: positiv denken! Denn ich habe natürlich sofort im Internet recherchiert und wusste, dass dies das Ende der Story sein könnte. Und dann kamen die Bilder wieder, wie ich unnötigerweise in dieses Duell gehe, so weit vom Tor weg.
Dabei sieht die Szene ziemlich harmlos aus...
Absolut! Suchy fällt auf mich. Klar, mit seinem ganzen Gewicht. Es braucht schon unglaubliche Hebel und eine unglaubliche Krafteinwirkung, damit dies passieren kann. Aber es ist wahr: Man sieht zu keinem Zeitpunkt, dass es so schlimm ist.
Hatten Sie Kontakt mit Suchy?
Er hat mir gleich ein SMS geschickt und bedauert, was passiert ist. Das finde ich toll, denn ihn trifft ja keine Schuld.
Und dann sagten Ihnen die Ärzte, dass Sie Glück im Unglück hatten.
Ja, keine Frage. Man braucht Glück, um Tore zu schiessen. Manchmal braucht man auch Glück im Leben. Denn das war keine normale Fussballverletzung. Dass war ein richtiger Unfall, wie er auf dem Fussballplatz zum Glück ganz selten vorkommt. Aussergewöhnlich. Aber ich bin ja auch ein aussergewöhnlicher Typ (lacht)...
Welche Konsequenzen ziehen Sie für sich daraus?
Dass ich noch bewusster mit meinem Körper umgehen, besser auf ihn aufpassen muss.
Was haben Sie in den drei Tagen im Spital gemacht?
Ich habe einen Song komponiert. Um den Schmerz auszutreiben.
Und als sie wieder nach Hause konnten?
Eine Woche lang habe ich fast nur Musik gemacht. Und dann mit der Reha begonnen.
Kennen Sie Lara Gut?
Alle haben mich auf Sie angesprochen. Nun kenne ich sie und weiss, dass sie sich auch das Hüftgelenk ausgekugelt hat. Sie fuhr danach wieder Ski und gewann Rennen. Ich nehme sie nun als mein Vorbild. Ich würde meine Leidensgenossin gerne mal persönlich kennenlernen.
Sie fuhr nicht nur Ski, sondern gewann auch den Gesamtweltcup, sie war die beste der Welt letzte Saison!
Ich hoffe, ich werde auch wieder der Beste sein (grinst)... Sie hat aber vor allem gezeigt, dass Frauen stärker sind als Männer.
Apropos der Beste: Ezgjan Alioski ist auf bestem Weg, Ihnen die Krone des Torschützenkönigs noch wegzuschnappen.
Diese Krone war eines meiner Ziele. Wenn er sie nun gewinnt, hat er eine tolle Saison gespielt. Auch wenn ich insgesamt vier Monate gefehlt haben werde. Dann hole ich sie halt nächste Saison.
Gutes Stichwort. Diese beginnt mit der Champions-League-Qualifikation. Mit oder ohne Hoarau?
Halt, zuerst müssen wir auf Platz 2 bleiben. Dann hoffe ich auf ein gutes Los. Mein Ziel ist es, vom ersten Vorbereitungstag an mit der Mannschaft trainieren zu können. Also werde ich diese Spiele auch bestreiten können, wenn alles gut geht.
Das wäre enorm wichtig, denn ohne Sie kommt YB nicht vom Fleck. Drei Spiele, kein Sieg.
Es sind ja nur drei Spiele. Mein Motto ist: Jeder ist wichtig, aber keiner unersetzlich. Natürlich ist es immer einfacher, wenn alle an Bord und in Form sind. Klar versuche ich, in jedem Spiel entscheidend zu sein. Das gelingt mir auch dann und wann. Und dann ist der Druck für denjenigen, der mich ersetzt, halt recht gross. Doch der muss sich sagen: Okay, jetzt ist der Hoarau verletzt. Das ist MEINE Chance. Nutze ich sie! So funktioniert Fussball.
Letzte Saison war YB das beste Rückrundenteam. Diese Saison ist man weit davon entfernt.
Das ist eine Enttäuschung. Jetzt gilt: Mehr Demut, mehr erreichen!
Bereuen Sie heute, nie zum FC Basel gegangen zu sein? Sie hätten mehrere Titel gewonnen und würden Saison für Saison in der Champions League spielen.
Nun, von Basel lag keine konkrete Offerte vor. Aber jetzt habe ich hier noch drei Jahre Vertrag. Genug Zeit, einen Titel zu holen. Dafür tun wir alles.
Vielleicht müssen Sie auch älter als 36 werden...
Und wenn ich mit 50 noch spielen muss – sofern ich immer noch Tore mache und YB immer noch auf mich setzt.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |