YB, mon amour
Eine Lebensschule namens Young Boys

Die Berner Young Boys begleiten Wirtschaftsredaktor Moritz Kaufmann schon sein ganzes Leben lang. Was der Klub für ihn bedeutet – eine Liebeserklärung.
Publiziert: 29.04.2018 um 21:58 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 04:25 Uhr
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Mit YB-Schal und Meisterlaune im Stade de Suisse: Wirtschaftsredaktor Moritz Kaufmann war beim Triumph seines Teams hautnah dabei.

Wer YB-Fan ist, hat in diesen Tagen eine Geschichte zu erzählen. Es geht dabei immer um das Gleiche: um Leiden, Hoffen, Hadern – und um die nun endlich eingetroffene Erlösung. Bei mir ist das nicht anders. Oder vielleicht doch?

Ich bin keiner dieser Ur-Berner, in dessen Adern Aarewasser fliesst. Kein Kuno Lauener (57) oder Alexander Tschäppät (66), die nach einem YB-Match gezeugt wurden und auf einem gelb-schwarzen Leintuch zur Welt kamen. Bei meinem ersten Match im Wankdorf wurde Georges Bregy (60) verabschiedet, der Walliser im YB-Dress. Das Spiel endete 1:1. Gegen wen, weiss ich nicht mehr. Sehr sexy war es nicht.

Aber: Wer in Bern gross wird, ist entweder YB oder SCB. Ich war halt YB. Also ging ich ab und zu an den Match. Mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung.  Das änderte sich, als ich Anfang 20 war. Da zog ich weg von Bern, um zu studieren und Journalist zu werden. Ich wohnte in Zürich, im Ausland, in Basel und wieder in Zürich. Es wäre der Moment gewesen, sich von YB zu lösen. Wie von vielem, was mich mit Bern verband, mir nun aber nicht mehr notwendig erschien. Doch wo immer ich in der Schweiz landete, machten mich stets zwei Dinge als Berner erkennbar. Mein Dialekt. Und meine Unterstützung für die Young Boys.

Hier hext Wölfli YB zum Titel
4:35
Highlights des Meister-Dramas:Hier hext Wölfli YB zum Titel

Ich konnte sie nicht abschütteln. YB war für mich immer mehr als ein Fussballklub. YB war Lebensschule. Als ich von zu Hause wegging, wurde mir das bewusst. Als junger Mann hatte ich hochfliegende Pläne, unersättlichen Ehrgeiz, grosse Ideen. Wie die Young Boys. Sie wollten Meister werden, Titel gewinnen, in der Champions League spielen. Doch immer wieder haperte es, klappte es nicht, mussten wir umplanen, YB und ich.

Mit den Young Boys erlebte ich mit, welche Enttäuschungen und bitteren Momente das Leben bereithalten kann. Zwei Mal fehlte ein einziger Sieg zum Meistertitel. Einmal führten sie im Cupfinal zur Pause 2:0. Am Schluss aber blieben Hohn und Spott. 

Meine erste richtige Stelle als Journalist bekam ich in Basel. Dort war ich Lokalreporter zu einer Zeit, als der FCB gerade seine totale Dominanz erreicht hatte, die Meisterschaft im Schlafwagen gewann und die grossen Mannschaften aus aller Welt empfing. Wäre die Schweizer Fussballliga eine Schulklasse, wäre  der FC Basel das gutaussehende Kind mit den reichen Eltern und den guten Noten. Der Klub, dem einfach alles in den Schoss fällt. YB und ich, wir waren zwar ebenfalls ambitioniert. Aber wir mussten immer krampfen.

Nach Titelgewinnen oder grossen Champions-League-Matches versammelt sich tout Basel auf dem Barfüsserplatz und feiert. Ich war jeweils als Journalist dabei. Irgendwelche Ultras drohten mir Prügel an, weil ich fotografierte – mein Dialekt brachte mich zusätzlich in Gefahr.

Ich blieb professionell und berichtete fleissig weiter über die vielen FCB-Erfolge. Die Elf hatte es sich wahrlich verdient. Doch tief in mir loderte immer heller die gelb-schwarze Flamme.

Erst als Exilberner war ich zum eingefleischten YB-Fan geworden. Wenn YB in die Stadt kommt, bin ich dabei, im Joggeli oder im Letzigrund, mit dem gelb-schwarzen Schal. Wenn möglich auch im Wankdorf. Und wenn ich dann die Mannschaft anfeuere, dann immer auch ein bisschen mich selbst.

Für mehr als Platz zwei reichte es trotzdem nie. Bis jetzt. Plötzlich sind wir Meister! Nach all dem Leiden, Hoffen, Hadern. Nach 32 Jahren. So wie Kuno Lauener mit Züri West sang: «Irgendeinisch fingt ds Glück eim.» Und nun weiss ich: Das Leben ergibt mehr Sinn, wenn man zu den Gewinnern gehört.

Und all die Rückschläge, die bitteren Momente? Ich mache mir keine Illusionen: sie werden wieder kommen. YB ist immer noch YB. Doch darüber reden wir nächste Saison.

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Mannschaft
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FC Basel
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FC Lugano
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Servette FC
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FC Luzern
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FC St. Gallen
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FC Lausanne-Sport
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