Um Atem ringend und schwitzend wie ein Saunameister spule ich im Bauch des Berner Wankdorfstadions den Laktattest ab. Jene Laufbahn-Tortur, die auch Profifussballer beim Medizincheck über sich ergehen lassen müssen. Drei-Minuten-Intervalle, 30 Sekunden Pause, Blut-Piks ins Ohrläppchen, dann weiter. Und immer weiter. Auf einem immer und immer schneller werdenden Band.
Meine beiden Arbeitskollegen pushen mich, feuern mich an, lassen mich das Ding bis zur vollkommenen Erschöpfung durchziehen. Ich schaffe 18 Minuten, fühle mich für zwei Sekunden wie der König der Welt. Dann holt mich Pascal Andrey, der Sportwissenschaftler des Medical Center Wankdorf von Hirslanden, auf den Boden der Realität zurück. «Für einen Hobbykicker war das nicht schlecht, aber um mit den Profis nur halbwegs mitzuhalten, hätten Sie noch drei Minuten länger rennen müssen.»
Drei Minuten! Eine Ewigkeit! Auch sonst sind die Testergebnisse für einen 41-jährigen Seniorenfussballer ernüchternd. In ausnahmslos allen Disziplinen bin ich im Vergleich zu einem Profi nicht nur schwach, sondern krass ungenügend (siehe Box mit den Resultaten).
Betrügen ist nicht möglich
Da hilft nicht mal betrügen. Morgens um 7.45 Uhr starte ich den ersten Versuch. Beim «Quattro Jump», einem ausgeklügelten Sprungtest, ziehe ich die Beine nach oben, um so hoch wie möglich zu hüpfen. Dank modernster Technik aber fliege ich auf. «Schummeln ist nicht möglich. Die eingesetzten Kraftmessplatten berechnen die effektive Sprunghöhe aus der Bodenreaktionskraft. Dadurch ist diese unabhängig davon, ob die Knie beim Sprung angezogen werden oder nicht», sagt Andrey. Er spielte einst für die U18 von YB und schaut noch immer aus, als würde er die Tests zum Frühstück absolvieren – und allesamt bestehen.
Auch Martin Schober ist ein hervorragender Kicker und hats ebenfalls bis in die U18 von YB geschafft. Mittlerweile arbeitet er in der Hirslanden-Klinik und ist nebenbei auch noch Arzt der Frauen-Nati. Auf mögliche Schummeleien beim Medizincheck angesprochen, sagt dieser: «Es gibt Spieler, die verschweigen gewisse Beschwerden, aber meistens fliegen die dann beim Medizincheck auf.» Ein Blick auf die Verletzungshistorie auf transfermarkt.ch kann hilfreich sein, um sich ein Bild über den Zustand des Fussballers zu machen, sagt Schober. Noch zu erwähnen sei, dass die Transferuntersuchungen von Klub zu Klub unterschiedlich seien. Zwar gebe es Vorgaben der SFL, der Uefa und der Fifa, diese aber können beliebig ergänzt werden.
Keine Chance gegen einen Profi
Um 9.12 Uhr versuche ich erneut zu schummeln. Beim «Change of Direction»-Test, einem Sprint mit Richtungswechseln, berühre ich die eine Pilone nicht, der Video-Beweis (und die wachsamen Augen von Andrey) aber lassen mich auffliegen. Beim 40-Meter-Sprint und beim Laktatstufentest lohnt sich noch nicht mal der Versuch eines Betrugs. Weil auf dem Monitor vor mir steht, wie schlecht ich im Vergleich zu einem Fussballprofi abschneide. 5,85 Sekunden brauche ich. Ums überhaupt auf die Skala zu schaffen, wären 5,55 nötig gewesen. Was nach wenig klingt, ist in Wirklichkeit eine halbe Weltreise. Weil mir ein Profi im Sprint innert kürzester Zeit mehrere Meter abnehmen würde.
Immerhin, und das ist die gute Nachricht, erfreue ich mich bester Gesundheit. Beim medizinischen Untersuch findet Schober keine grösseren Beschwerden, einzig in Sachen Dehnbarkeit empfiehlt er einen Besuch beim Physiotherapeuten. Oder ein Yoga-Seminar. Auch das Belastungs-Elektrokardiogramm (EKG), das die Herzströme misst und von Ärztin Friederike Wippermann verantwortet wird, zeigt keinerlei Auffälligkeiten. «Wie ein junges Reh», sagt Wippermann. Auch beim Echokardiografie-Ultraschall, mit dem das Herz auf strukturelle Veränderungen untersucht wird und der von Fachärztin Kristin Siegenthaler durchgeführt wird, wird nichts Aussergewöhnliches entdeckt. Zwar habe ich im Vergleich zu einem Profifussballer, der täglich trainiert, ein massiv kleineres Volumen, ansonsten aber ist alles im grünen Bereich.
Gleichwohl teilen Schober und Andrey mir mit, dass ein Transfer nicht zustande kommen wird. Und ich weiter von einer Profikarriere entfernt sei als YB vom Henkelpott. Auf meinen nicht ganz ernst gemeinten Einwand hin, dass er ja nicht wisse, was für ein fabelhaftes Auge ich hätte und welch wunderbare Pässe ich vom Zentrum in die Sturmspitze spielen würde, sagt Schober: «Das ist auch nicht meine Aufgabe.»
Dafür sind Sportchefs, Scouts und Klubpräsidenten verantwortlich. Und die machen ihre Hausaufgaben meist schon, bevor es zum Medizincheck kommt.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Lugano | 21 | 8 | 38 | |
2 | FC Basel | 20 | 24 | 34 | |
3 | FC Luzern | 20 | 5 | 33 | |
4 | Servette FC | 21 | 2 | 32 | |
5 | FC Lausanne-Sport | 21 | 7 | 31 | |
6 | FC Zürich | 20 | -2 | 30 | |
7 | FC St. Gallen | 20 | 7 | 29 | |
8 | BSC Young Boys | 21 | -3 | 28 | |
9 | FC Sion | 21 | -1 | 26 | |
10 | Grasshopper Club Zürich | 21 | -9 | 20 | |
11 | Yverdon Sport FC | 20 | -13 | 18 | |
12 | FC Winterthur | 20 | -25 | 14 |