Virus und Vertragsklausel haben Glarners Karriereende beschleunigt
«Ich will nicht jammern, Corona ist nun mal da!»

Letzte Saison war er noch Captain in der Super League, jetzt spielt er bei Köniz. Thun-Legende Stefan Glarner (33) über seine spezielle Vertragsklausel, seine Job-Suche und den Corona-Tod seines Vaters.
Publiziert: 06.02.2021 um 14:30 Uhr
|
Aktualisiert: 08.02.2021 um 07:21 Uhr
1/7
Letzte Saison trug Stefan Glarner noch die Captainbinde beim FC Thun.
Foto: Sven Thomann
Michael Wegmann

Stefan Glarner, letzte Saison waren Sie noch Captain beim FC Thun in der Super League, jetzt sind Sie zu Köniz in die Promotion League gewechselt. Über ein halbes Jahr waren Sie klublos. Hat kein Profiklub mehr angeklopft?
Stefan Glarner: Doch. Es gab einige Gespräche danach. Aber das Gesamtpaket hat nirgendwo gepasst. Vor allem der sportliche und auch – so ehrlich muss ich sein – der finanzielle Anreiz hätte mich überzeugen müssen. Ich bin nicht mehr 18 oder 19 und kann irgendwo einen neuen Anlauf nehmen.

Wie sehr schmerzt es, dass Sie mit einem Abstieg aufhören?
Der Abstieg tat natürlich sehr weh. Ich bin Berner Oberländer, spielte elf Jahre für den FC Thun. Eine Überraschung ist der Abstieg aber nicht. Wir wurden jede Saison als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt. Zeigten Jahr für Jahr, was man mit einem kleinen Budget, dafür mit einem grossen Teamgeist erreichen kann. Nun hat es diesmal nicht gereicht. Dass wir nach einer super Rückrunde und einer tollen Aufholjagd runter mussten, hat es aber sicher noch schwieriger gemacht.

Haben Sie Vaduz damals in der Barrage unterschätzt?
Nein. Als FC Thun kannst du keinen Gegner unterschätzen. Aber die Ausgangslage hat sich vor diesen Spielen schon geändert. Plötzlich hatten auch wir etwas zu verlieren. In den Spielen zuvor konnten wir nur gewinnen, weil wir nach dieser miserablen Vorrunde eh schon für alle abgestiegen waren.

Sie hätten bei Thun eigentlich noch Vertrag bis Sommer 2021 gehabt. Warum wurde dieser aufgelöst. Wollten Sie nicht auf Geld verzichten?
Ich hatte mir damals bei meiner Rückkehr vom FCZ vertraglich zusichern lassen, dass sich im Falle eines Abstiegs mein Vertrag auflösen würde. Das ist nun passiert. Ich hätte auf Lohn verzichtet und war auch motiviert, für den FC Thun in der Challenge League zu spielen. Aber so weit ist es gar nicht gekommen. Der FC Thun hatte andere Pläne.

Waren Sie enttäuscht?
Ich hätte mir es anders gewünscht, klar. Aber enttäuscht durfte ich nicht sein, ich war es ja, der diese Vertragsklausel wollte. Die Klausel habe ich in meinen Vertrag genommen, weil ich damals nach dem Abstieg 2008 Angebote von Super League Teams bekommen habe, Thun liess mich damals nicht gehen. Jetzt musste der Klub wegen des Abstiegs und Corona sparen.

Hat Corona Ihr Karriereende beschleunigt?
Das ist schwierig zu sagen, aber wahrscheinlich schon. Ich will aber nicht jammern. Corona ist nun mal da, und die Klubs müssen nun mal sparen.

Das Virus hat Ihnen im letzten März Ihren Vater genommen. Wie fühlt es sich für Sie an, wenn Menschen Corona mit einer normalen Grippe vergleichen?
Ich lasse den Leuten Ihre Meinung. Es gibt so viele Schicksale auf der Welt. Täglich verlieren viele, viele Menschen ihre Liebsten, nicht nur wegen Corona. Meine Familie hat im letzten März einen schweren Schicksalsschlag erlebt. Ein Kumpel, der schon sehr jung seinen Papi verloren hat, sagte mir: «So was kannst du nicht verarbeiten, du kannst lernen, damit zu leben.» Das tun wir. Wir haben einen starken Zusammenhalt in der Familie, hatten wir immer. Das hilft.

Haben Sie Angst vor Corona?
Angst nicht, aber grossen Respekt. Ich halte mich an die Regeln und bin jeden Tag froh und dankbar, dass ich gesund bin.

Sie spielen nun für Köniz in der Promotion League und suchen einen neuen Job. Müssen Sie nach 14 Jahren im Profifussball überhaupt noch arbeiten?
Damit ich ab jetzt mein ganzes Leben am Strand liegen kann und nicht mehr arbeiten muss, reicht das Geld nicht.

Es gibt immer noch genug Leute, die glauben, Fussballer hätten nach einer langjährigen Karriere in der Schweiz ausgesorgt.
Man hat sicher einen guten Lohn. Aber es ist auch nicht so, dass jeder Fussballer so viel verdient wie Messi. Ich war immer sparsam, habe Geld zur Seite legen können. Das gibt mir nun die Möglichkeit, mir ein wenig Zeit zu nehmen und zu überlegen, was zu mir passt. Ich bin ehrgeizig und ambitioniert, will auch in meiner zweiten Karriere etwas erreichen. Es ist sicher wichtig etwas zu finden, dass mich ähnlich erfüllen wird wie es der Fussball tat.

In welche Richtung gehts bei Ihnen?
Wohl Richtung Büro, aber es ist noch nichts definitiv.

Ihr Bruder, Schwingerkönig Matthias, ist im Herbst 2020 zurückgetreten. Was macht er nun?
Er ist beim eidgenössischen Schwingverband angestellt, trainiert Schwinger in den Sportler-WK’s und solche die eine Spitzensport-RS machen in Magglingen. Die Arbeit macht ihm Spass.

Erst ist Ihr Bruder zurückgetreten, jetzt Sie. Ihre Schwester Katrin spielt aber schon noch Fussball bei Worb in der NLB?
Ja. Jetzt ist sie der Sportstar in der Familie. Und wir haben alle mehr Zeit, ihre Spiele zu besuchen.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?