Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Ach, Mario!

Mario Balotelli. Die Diva oder der Unverstandene? Der einstige Weltstar lästert sich gerade aus der Liga. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 13.11.2022 um 19:28 Uhr
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Blick-Reporter Felix Bingesser schreibt die SonntagsBlick-Kolumne Übrigens.
Foto: Thomas Meier

Stellen Sie sich vor, Herbert von Karajan, der einst berühmteste Dirigent der Welt, hätte einst bei der Dorfmusik von Oberentfelden den Taktstock geführt. Und Hansueli, der dritte Trompeter und zugleich der Kassier bei der MG Oberentfelden, hätte den Maestro zurechtgewiesen.

Oder stellen Sie sich vor, Paul Bocuse, der beste Koch des 20. Jahrhunderts, hätte im Schwanen im Entlebuch den Löffel geschwungen. Und der Stift im zweiten Lehrjahr hätte dem Maestro gesagt, seine «Foie gras» sei versalzen.

Oder man stelle sich vor, Frau Meier aus dem Zürcher Oberland stricke ihren Enkelkindern zu Weihnachten immer warme und bunte Wintersocken. Und fühle sich aus diesem Grund berufen, Giorgio Armani oder Donatella Versace zu sagen, was im nächsten Frühling die neusten Modetrends sind.

Oder wie wäre es damit, dass Francine Jordi Angus Young von AC/DC erklären möchte, wie man ein fettes Hardrock-Stück produziert.

So wie andere Grössen ihres Fachs fühlt sich derzeit wohl Mario Balotelli. Einst eines der grössten Talente des Weltfussballs. In seiner Wahrnehmung ist er als Entwicklungshelfer hinabgestiegen in die Schweizer Micky-Mouse-Liga. Um den helvetischen Holzfüssen und Provinz-Rumpelkickern mal die Schönheiten des Spiels zu zeigen.

In seiner Wahrnehmung müssten die Gegenspieler bei jeder seiner Ballberührungen auf Distanz gehen und bewundernd mit der Zunge schnalzen. Und die Schiedsrichter und Ligabosse müssten ihn in der Sänfte von Strafraum zu Strafraum tragen. Damit er zwischen seinen Kunststücken keine Energie mit lästigen und kräfteraubenden Distanzläufen verpufft.

Super-Mario ist seit Wochen bemüht, alles ganz lässig aussehen zu lassen. So, als reichen 50 Prozent seines Potenzials aus, um Sion zum Titel zu schiessen. «Schaut, mit welcher Leichtigkeit ich euch überlegen bin.» Diese Überzeugung möchte er mit seiner Körpersprache in jeder Aktion Richtung Tribüne schreien. Und den Gegenspielern möchte er am liebsten permanent ins Ohr flüstern: «Euch unterbezahlten Kleinkrämern schiebe ich zehn Tunnels pro Spiel, wenn ich Lust habe.»

Aber ganz so einfach geht es dann halt doch nicht. Jetzt fühlt sich das unvollendete Wunderkind einmal mehr missverstanden. Ihm wird auf den Füssen herumgetrampelt. Er wird zurechtgewiesen, es werden ihm gute Ratschläge erteilt, ihm werden die Flügel gestutzt. Eine Majestätsbeleidigung, die ihn zum Ausflippen bringt. «Mafia!», schreit er. Und wird während der nächsten Sperre wieder heim in seine Villa fahren und sich seine Heldentaten vergangener Tage auf Video anschauen. Und denken: Diese ignoranten Schweizer haben mich gar nicht verdient.

Ach, Mario. So wirds nicht einfacher im Leben. Nicht die Gegenspieler stehen dir auf die Füsse. Sondern du dir selbst. Du bist weiter auf dem fatalen Ego-Trip, der ins Niemandsland führt. Und in der Ohnmacht endet. Schade.

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