Trotz 0:8 ein Lob von Pep!
St. Gallens Quintilla war Schüler von Guardiola

Storys über Pep Guardiola , Dani Alves oder Lionel Messi kennt jeder. Jordi Quintilla (24) vom FC St. Gallen erzählt sie aus erster Hand.
Publiziert: 02.09.2018 um 13:07 Uhr
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Aktualisiert: 16.04.2023 um 22:35 Uhr
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Der Karrierehöhepunkt: Quintilla spielt 2013 am Audi-Cup in München gegen Bayern mit Mario Mandzukic.
Foto: picture alliance / dpa
Michael Schifferle

Jordi Quintilla ist nicht mal 20, als er Dani Alves fragt: «Warum bist du ein so guter Spieler?» Alves errang bis heute 38 Titel, mit Sevilla, Barcelona, Juventus und Paris SG. Seine Antwort hat Quintilla bis heute im Ohr. «Ich gebe in jedem Training 100 Prozent. Ich gehe bis ans Äusserste, jeden Tag. Nur darum spiele ich auch so.»

Quintilla wird in der berühmten Kaderschmiede des FC Barcelona gross, in «La Masia», wo jeder umgehend rausfliegt, der ausschert.

Er schnuppert im Eins, übt mit Weltstars wie Alves, Xavi, Andrés Iniesta und Lionel Messi. Nach Perfektion zu streben, an Details unerbittlich zu feilen – für Quintilla ists seither Maxime.

Seit dieser Saison spielt er beim FC St. Gallen. Längst sind sie vom klugen Sechser hingerissen. Spanisch, Französisch, Englisch spricht er und ein paar Brocken Deutsch – bereits ist er Ansprechpartner für die anderen Neuen im Klub.

Sein Chef Alain Sutter sagt: «Jordi kommt als Erster ins Training. Und er geht als Letzter.»

Pep, der Menschenfänger

Aus Puerto Rico holte der St. Galler Sportchef den weit gereisten Katalanen, ablösefrei, auf Empfehlung eines Beraters. Ein mehr als guter Griff, wie’s scheint!

Quintilla: «Es stimmt, dass ich früh im Training bin und lange bleibe. Na und? Ich bin Profi.»

Was dies bedeutet, lehrte ihn einer der Grössten seiner Zunft: Pep Guardiola. Er trimmte ihn in Barcelona. Quintilla: «Er ist der beste Trainer der Welt. Eine Ausnahmeerscheinung.»

«Pep ist eine Ausnahmeerscheinung», schwärmt Quintilla.
Foto: REUTERS

Sein erstes Training hat sich eingeprägt. Am Ende gibts ein Trainingsspielchen, sieben gegen sieben. Quintillas Team verliert 0:8. Die gegnerischen Tore schiesst? Messi, allesamt. Quintilla: «Wir verzweifelten, fragten uns, wie wir so vorgeführt werden konnten.» Dann kommt Pep. «Er lobte uns und sagte: ‹Ihr dürft zufrieden sein. Pepe, Carvalho oder Varane hätten gegen Messi genauso schlecht ausgesehen.›»
Pepe, Carvalho, Varane? So heissen da die Verteidiger von Real Madrid.

Quintilla: «Pep weiss exakt, wie er mit Menschen reden muss. Wann er sie aufbauen und wann er sie anschreien muss.» Und fussballerisch mache ihm niemand etwas vor. Räume zu erahnen, Löcher zu stopfen, stets mit wenigen Schritten anspielbar zu sein – das hat Guardiola am stärksten gefördert. Quintilla: «Ob in der Schweiz oder sonst wo in Europa: Wenn du taktisch nicht gut bist, verlierst du.»

Er selbst schult sein Auge. Mehrere Spiele sieht er sich in der Woche am TV an – im Fernkurs studiert er Sport. «Ich bin ein bisschen verrückt», sagt er. Nach Fussball – wie Pep! Platz für eine Freundin ist im Moment keiner.

2013 spielt Quintilla mit Barça beim Audi-Cup in München – gegen Guardiolas Bayern. «Einer meiner grössten Momente.» Und einer der letzten bei den Katalanen. Quintilla schaffts nicht, sich im Eins festzusetzen. «Seien wir ehrlich: Es ist fast unmöglich. 99 Prozent aus dem Barça-Nachwuchs packen es nicht. Jeder muss seinen Weg gehen.» Seinen nach St. Gallen empfindet er nicht als Abstieg.

Ajaccio in Frankreich sieht er als Bereicherung. Da erlebt er das komplette Gegenteil von Barcelona: einen Fussball, der von barer Athletik lebt. Tiki-Taka? Kein Thema.

Und er sieht, wie Fans die Katakomben stürmen – bei den heissblütigen Korsen keine Rarität. «Es war manchmal unheimlich.»

Quintilla (l.) im Einsatz gegen Basel-Ajeti.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Physisch zu spielen, direkter in die Spitze – das habe nach der Barça-Schule aber nicht geschadet, sagt Quintilla. So physisch wie in Kansas und auf Puerto Rico, wo er zuletzt spielte, müsse es aber auch nicht sein. «Wenn du rennen kannst, reicht das in den USA bereits, um Fussball zu spielen.»

Immerhin wird er US-Cupsieger, schlägt im Final Philadelphia. Dort im Mittelfeld: Tranquillo Barnetta (33), sein heutiger Teamkollege. «Tranquillo? Er ist unglaublich wichtig, unser wichtigster Mann. In der Kabine hilft er jedem. Und wenn er den Ball spielt, siehst du sofort seine tolle Technik.»

Und trotz grosser Karriere sei er bescheiden – etwas, das auch für die Barça-Grössen gelte. Xavi begrüsste ihn in der Garderobe oft mit einem Klaps auf den Hinterkopf. Zlatan Ibrahimovic sei ein «total netter Typ». Und Messi? «Er ist sehr ruhig. Er spricht nur mit Vertrauensleuten wie Javier Mascherano.»

Und in St. Gallen? Da komme es gut. Die Spielidee seines Trainers Peter Zeidler gefällt ihm. «Wir spielen vorwärts, haben Ballbesitz.» Schwankungen wie beim Spiel gegen Luzern, als die Espen nach sehr schlechter zweite Hälfte verloren? «Normal.» Zeidler habe einen klaren Plan. «Und das ist das Wichtigste.»

«Jungs, keiner darf wütender sein als wir»

St. Gallen könne Dritter werden, glaubt Quintilla. Nur müsse jeder bereit sein, alles zu tun, um besser zu werden.

Als die Espen in Sarpsborg 0:1 verloren und in der Europa-League-Quali ausschieden, seien einige Mitspieler von den wütenden Blicken der Fans erstaunt gewesen. Er nicht. Quintilla: «Ich sagte ihnen: Jungs, es darf niemanden geben, der wütender über die Pleite ist als wir.»

Könnte der Satz von Guardiola sein? Quintilla lacht. «Könnte er.» Wahrscheinlich ist er es.

Verfolgen Sie die Partie Xamax – St. Gallen ab 16 Uhr live im BLICK-Ticker und im Stream!

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