Thuns Marco Rojas im Interview
Der Kiwi-Messi in der Sackgasse

2013 angelte sich Stuttgart Australiens Fussballer des Jahres – ein Jahrhunderttalent. Nur spielte er nie. Jetzt ist Marco Rojas in Thun gestrandet.
Publiziert: 25.01.2015 um 11:52 Uhr
|
Aktualisiert: 01.10.2018 um 14:26 Uhr
Von Alain Kunz aus Belek

Es ist so eine typische Geschichte einer jungen Fussballer-Karriere, die aber sowas von in einer Sackgasse steckt, dass der einzige Ausweg das Einlegen des Rückwärtsgangs ist – und das mit Vollgas!

Die Story geht so: Marco Rojas (23), Neuseeländer chilenischer Abstammung, kommt mit 12 Jahren an die Wynton-Rufer-Akademie in Hamilton. Ja, an die Fussballschule des ehemaligen Bundesliga-, GC-, FCZ- und Aarau-Stars. Rojas begeistert und darf 2008 Probetrainings bei Gladbach, Bremen und Hannover absolvieren.

Mit 18 kriegt er einen Profivertrag bei den Wellington Phoenix, der einzigen neuseeländischen Mannschaft in Australiens ALeague. Er überzeugt und wechselt zu Melbourne Victory, dieser Klub ist nochmals eine Schuhnummer grösser.

Ende der Saison 2012/13 wird er zum Spieler des Jahres Down Under gewählt – mit gewaltigem Vorsprung auf einen gewissen Alessandro Del Piero. «Das macht einen demütig, solch eine Wahl vor einem unglaublichen Spieler wie Alessandro zu gewinnen», sagt Rojas.

So weit, so gut, alles wunderbar. Viele Klubs buhlen um den nur 1,68 Meter kleinen Offensivmann. Das Rennen macht der VfB: Vertrag bis 2017. In der Saisonvorbereitung bricht sich Rojas den Mittelfuss-Knochen. Er macht kein einziges Bundesligaspiel. Lediglich zwei für das Reserveteam. Stuttgart leiht ihn nach einer Saison für ein Jahr an den Zweitligisten Greuther Fürth aus. Vier Spiele macht Marco dort. Die Leihdauer wird um ein halbes Jahr verkürzt. Und Rojas landet in Thun.

«Ich hatte ihn schon im Sommer im Auge», sagt Sportchef Andres Gerber, «Doch dann ging er zu Greuther. Das ging allerdings ziemlich in die Hosen.» Bei Thun soll Rojas die Vorschuss-Lorbeeren vom fünften Kontinent endlich in Europa bestätigen. «Am Ball kann er alles», so Gerber. «Aber der Rhythmus fehlt natürlich total. Deshalb kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht bedingungslos sagen, ich sei von ihm überzeugt. Auch deshalb hat sein Leihvertrag keine Kaufoption. Ende Saison schauen wir weiter.»

Rojas selbst wirkt auch noch nicht wie der Ausbund an Energie. Leise, mit einer gewissen Melancholie in der Stimme, gibt er Auskunft. «Der erste Eindruck von Thun ist gut. Ich denke, das ist der richtige Ort, um auf die richtige Spur zurückzufinden. Ich habe so lange nicht mehr gespielt. Das will ich unbedingt ändern!»

Ach ja, der Vorschuss-Lorbeeren nicht genug: Down Under nennen sie ihn den Kiwi-Messi. Das verpflichtet! «Okay, das haben die Fans erfunden», wiegelt Rojas ab. Weswegen? «Wohl wegen meiner Grösse, die ja identisch ist mit jener von Messi. Und vielleicht auch ein bisschen wegen meiner Art Fussball zu spielen. Aber mir bedeutet das nichts. Ich weiss, was ich zu tun habe. Kopf runterhalten – und arbeiten.»

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