Das Spiel
Was ist denn nur mit dem Meister los? Neo-Coach Patrick Rahmen und seine Young Boys legen einen historisch schlechten Saisonstart hin. Nach den Pleiten gegen Sion und Servette muss sich YB nun auch in St. Gallen geschlagen geben – und gleich mit 0:4!
In der Ostschweiz werden die Berner Opfer eines grün-weissen Tsunamis, der über das unsortierte YB-Kollektiv hinwegfegt und den Gast regelrecht in dessen Einzelteile zerlegt. Drei Niederlagen in den ersten drei Liga-Partien – das haben die Berner in ihrer Geschichte noch nie geschafft.
Angeführt vom brillant aufgelegten Offensivtrio Geubbels, Akolo und Witzig machen die St. Galler da weiter, wo sie gegen Tobol unter der Woche aufgehört haben – mit schnörkellosem Offensivfussball. Und vor allem mit dem Toreschiessen. Vier Stück sinds am Ende, erzielt in der Startphase und kurz nach der Pause. Und die Ausbeute hätte gar noch höher ausfallen können. Elektrisiert von der prächtigen Stimmung im Kybunpark sind die Espen während neunzig Minuten nach allen Regeln der Kunst überlegen, strahlen ständige Gefahr aus. Und erteilen dem Meister eine Lektion, die sich gewaschen hat.
Die Tore
10. Minute, Chadrac Akolo, 1:0: 14 Treffer erzielte Akolo in der letzten Saison, errang damit die geteilte Torschützenkrone. Gegen YB eröffnet er nun sein Tore-Konto 2024/25. Christian Witzig setzt über die linke Aussenbahn mit viel Entschlossenheit zu einem Vorstoss an, dringt in die Box ein und legt quer auf Akolo, der das Leder mit dem ersten Ballkontakt perfekt an David von Ballmoos vorbei ins Netz setzt.
19. Minute, Willem Geubbels, 2:0: Erst noch Torschütze, schwingt sich Akolo wenige Minuten später zum Vorlagengeber auf. Der Kongolese hat auf der linken Seite zu viel Platz, bedient den mitgelaufenen Geubbels mit einem perfekt dosierten Zuspiel – und dieser verwandelt in bester Torjäger-Manier.
51. Minute, Felix Mambimbi, 3:0: Ausgerechnet Ex-YB-Stürmer Felix Mambimbi, der über 100 Partien für die Berner bestritten hat, vergrössert das Gelb-Schwarze Malhör kurz nach Wiederanpfiff. Geubbels enteilt Lauper auf rechts, findet mit seinem Zuspiel Mambimbi – und der schiebt aus kurzer Distanz zu seinem allerersten Tor im FCSG-Dress ein.
55. Minute, Christian Witzig, 4:0: Und die furiosen Espen setzen noch einen drauf: Wieder ist Geubbels entscheidend beteiligt. Seinen Schnittstellenpass veredelt der ebenfalls glänzend aufgelegte Christian Witz vor den Augen von Nati-Assistenztrainer Giorgio Contini zum vierten Ostschweizer Treffer.
Die Stimmen (gegenüber Blue)
Steve von Bergen: «Wir waren in jedem Bereich überfordert, haben keine Reaktion zeigen können. Es ist eine schwierige Woche für uns mit drei Niederlagen, das ist Fakt. Eine Erklärung direkt nach dem Spiel haben wir nicht. Jeder von uns muss jetzt die richtigen Fragen stellen. Wir können nicht nur über die Innenverteidiger reden, wenn wir neun Tore in drei Spielen erhalten haben. Wir haben aktuell einfach allgemein Schwierigkeiten. Wir analysieren den Markt und werden sicher noch etwas machen. Aber wir verfallen nicht in Panik. Wir waren heute überall überfordert, das beginnt oben im Kopf. Es wird in den nächsten Tagen ernsthafte Gespräche geben.»
Sandro Lauper: «Es geht nicht darum, laut zu werden oder jemandem die Schuld in die Schuhe zu schieben. Nein, jetzt müssen wir zusammenstehen und ruhig bleiben. Dann sehen wir in Bern weiter. Es beginnt vorne bei den Stürmern und hört hinten bei uns auf. Wir sind diejenigen, die immer blöd aussehen am Schluss, die, die es noch auszubügeln versuchen. Es fehlt überall ein wenig – und das ist im Moment einfach zu viel.»
David von Ballmoos: «Die Aktion mit Hadjam entstand aus der Emotion heraus. Es hat jetzt halt gerade ihn getroffen, das war sicher nicht korrekt. Aber wir haben es bereits angeschaut und es ist für beide vergessen. Wir müssen noch näher zusammenrücken, wenn es schwierig wird. Wir werden aktuell brutal hart bestraft. Wir müssen uns das Glück des Tüchtigen wieder erarbeiten, für jeden Fehler kassieren wir aktuell ein Tor.»
Enrico Maassen: «Das war das dritte Spiel in Folge, das wir sehr gut gespielt haben. Es war in allen Spielen möglich, vier oder fünf Tore zu schiessen – das ist unser Mindset. Im Namen des Trainerteams habe ich beim Team Danke gesagt für den Einsatz, die Leidenschaft und den Fussball, den wir geboten haben. Das war ein toller Moment. Den nehmen wir jetzt mit.»
Der Beste
Willem Geubbels. Was für eine Wasserverdrängung. Was für ein Auge. Welch Technik. Und dann macht er auch noch ein Tor. Sensationelles Spiel des Stürmers aus der Region Lyon.
Der Schlechteste
Bei solch einem kollektiven Kollaps wäre es völlig sinnbefreit, einen Einzelnen herauszupicken. Also: alle 15 Feldspieler, die sich an diesem rabenschwarzen Sonntag um die Ehre foutierten, das Dress des Meisters tragen zu dürfen.
Die Zuschauer
18'720 Fans verfolgen das FCSG-Furioso im Kybunpark.
Das gab zu reden I
Nach über 80 Minuten muss Ref Urs Schnyder zum ersten Mal Gelb zücken. Für ein taktisches Foul von Males. Das sagt alles über die Aggressivität, die YB in dieses Neo-Derby hineinbringt. Es gibt sie quasi nicht. St. Gallen hingegen kommt locker ohne viel Körpereinsatz aus.
Das gab zu reden II
Goalie und Captain David von Ballmos geht zehn Minuten vor Schluss auf seinen eigenen Mitspieler Jaouen Hadjam los, der in der Pause für Noah Persson gekommen war – und staucht diesen gnadenlos zusammen. Die Nerven liegen bei YB sowas von blank!
Das gab zu reden III
Trainer Enrico Maassen demütigt YB auch noch von der Seitenlinie, als er vor Ablauf einer Stunde einen Dreifach-Wechsel zwecks Schonung vornimmt. Man stelle sich das vor: Über eine halbe Stunde noch zu spielen, und ein gegnerischer Coach kann in einem Spiel gegen YB damit beginnen, wie in einem Trainingsspiel zu wechseln.
So gehts weiter
YB empfängt am kommenden Sonntag (16.30 Uhr) den FCZ im Wankdorf. Die Espen hingegen sind bereits wieder am Donnerstag zum Conference-League-Quali-Rückspiel in Kasachstan gefordert (18.00 Uhr), ehe am Sonntag (14.15 Uhr) aus Auswärtsspiel in Lausanne ansteht.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Lugano | 18 | 6 | 31 | |
2 | FC Basel | 18 | 21 | 30 | |
3 | FC Lausanne-Sport | 18 | 9 | 30 | |
4 | FC Luzern | 18 | 3 | 29 | |
5 | Servette FC | 18 | 2 | 29 | |
6 | FC Zürich | 18 | -1 | 27 | |
7 | FC Sion | 18 | 4 | 26 | |
8 | FC St. Gallen | 18 | 6 | 25 | |
9 | BSC Young Boys | 18 | -4 | 23 | |
10 | Yverdon Sport FC | 18 | -12 | 17 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 18 | -10 | 15 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -24 | 13 |