So tickt Gerry Seoane, der neue YB-Trainer
«In der Freizeit suche ich die Nähe zu den Spielern nicht»

Das österreichische Fügen im Zillertal ist fast schon kitschig idyllisch. Hier bereitet sich YB auf die Mission Titelverteidigung vor. Mit einem relaxten Coach, der bei seinem neuen Klub angekommen ist.
Publiziert: 06.07.2018 um 08:56 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2018 um 15:53 Uhr
Gerardo Seoane sagt: «Die Mannschaft macht mir einen sehr positiven Eindruck.»
Foto: ALESSANDRO DELLA VALLE
Alain Kunz aus Fügen im Zillertal

BLICK: Gerry Seoane, Sie wirken viel lockerer als bei Ihrer Präsentation vor einem Monat.
Gerry Seoane:
Es ist auch eine ganz andere Ambiance hier. Die Stunden vor meiner Vorstellung waren hektisch, es ging alles sehr schnell. Und der erste Tag an einem neuen Arbeitsort ist doch immer etwas Spezielles, da darf man auch ein bisschen angespannt sein.

Sie wirkten sehr angespannt und sehr reserviert in Ihren Aussagen.
Man wird ja auch nicht alle Tage als Cheftrainer von YB vorgestellt.

Welcher Trainertyp sind Sie?
Gibt es das: Trainertypen?

Gute Gegenfrage. Zumindest werden Trainer kategorisiert und schubladisiert.
Ich versuche als Trainer stetig angepasst zu agieren. Als Führungsperson braucht man verschiedene Rollen. Wichtig ist es, die richtige Rolle zum richtigen Zeitpunkt zu spielen. Manchmal braucht es Lockerheit, manchmal Disziplin, manchmal Nähe. Und in all diesen Rollen muss man sich selber bleiben.

Kann man sie in die Schublade «Konzepttrainer» stecken?
Diesen Ausdruck hat einer mal kreiert. Jetzt ist er zu einem stehenden Begriff geworden. Jeder Trainer hat doch ein Konzept, ist also ein «Konzepttrainer».

Ist Pep Guardiola für Sie als spanisch-schweizerischer Doppelbürger die Hauptinspiration?
Nein. Für mich ist das Ottmar Hitzfeld. Er ist in jedem Bereich ein Vorbild, auch im Umgang mit den Medien. Nur: Ihn einfach zu kopieren, geht nicht. Da muss jeder seinen eigenen Weg finden.

Wie haben Sie sich auf den Trainerjob bei einem Klub wie YB vorbereitet?
Da ist einerseits die klassische Trainerausbildung mit der praktischen Erfahrung, die man macht. Ich habe bei Pierluigi Tami hospitiert, als er GC-Trainer war. Und in der Deutschschweizer Gruppe sind wir zu Martin Schmidt nach Mainz gegangen. Da konnten wir hautnah dabei sein. Zudem habe ich selbständig den einen oder anderen Klub besucht. Dann habe ich mich intensiv mit Medienarbeit beschäftigt. Andere Trainer studiert, versucht herauszufinden, was deren Kommunikations-Strategien sind. Auch zum Beispiel jene eines Eishockey-Nationaltrainers nach einer Weltmeisterschaft. Dann habe ich mich mit Leadership auseinandergesetzt, viel zu diesem Thema gelesen. Wichtig ist am Ende des Tages aber vor allem etwas.

Was?
Dass man reflektiert. Dass man sich immer wieder die Frage stellt: Was kann ich noch besser machen?

Wie arbeiten Sie auf dem Platz?
Dort beginnt alles. Aber ein Trainer ist da nie alleine. Eine gute Aufteilung unter den Trainern ist sehr wichtig. Da braucht es viel Fachkompetenz, die wird von den Spielern sehr genau analysiert.

Die YB-Meistermannschaft ist immer noch zusammen. Und es ist eine enorm gesunde Truppe.
Die Mannschaft macht mir in der Tat einen sehr positiven Eindruck. Es hat Teamgeist. Es hat Führungspersönlichkeiten. Es hat junge, hungrige Spieler. Und ich spüre das Interesse und den Willen, alles dem gemeinsamen Ziel unterzuordnen.

Sie setzen sich in ein gemachtes Nest!
Es gab ja doch eine Veränderung: Jene auf dem Trainerposten. Also ist nur schon das mal ganz anders. Mir ist aber schon bewusst, dass vieles sehr gut ist. Und gut bleiben wird. Damit das eintrifft, braucht es aber ganz viel Arbeit. Im Trainingslager in Fügen im Zillertal wurde sehr hart gearbeitet und die Basis gelegt.

Wie haben Sie es geschafft, Spycher in so kurzer Zeit derart zu beeindrucken, dass sie den Job gekriegt haben?
Das müssen Sie ihn und die Sportkommission fragen

Wie sprechen die Spieler Sie an? Duzen sie Sie?
Der Umgang ist per Du. Die Spieler sagen ganz einfach «Trainer». Die französisch­sprechenden «Coach».

In welcher Sprache sprechen Sie die Mannschaft an?
Deutsch. Das ist normal für Bern. Auch wenn es viele frankophone Spieler hat. Die meisten verstehen deutsch. Manchmal erstaunt es mich, wie viel auch diejenigen kapieren, die kaum Deutsch können wie zum Beispiel Roger Assalé.

Sprachgenier: Seoane spricht fünf Sprachen, verständigt sich mit der Mannschaft aber hauptsächlich auf Deutsch.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Sie selber sind ein Sprachgenie und sprechen Spanisch, Italienisch, Französisch, Deutsch und Englisch. Wie kam das?
Spanisch ist meine erste Muttersprache, Deutsch die zweite. In der Schule habe ich Französisch gelernt, das ich später in meinem Jahr beim FC Sion vertieft habe. Italienisch ist für einen Spanier sehr einfach zu lernen, weil es sehr nahe ist. Zudem habe ich früher viel Fussball auf RAI oder TSI geschaut. Englisch hatte ich auch in der Schule und mich weitergebildet.

Vor allem Französisch ist bei YB wichtig!
Es ist vor allem bei Gesprächen unter vier Augen wichtig, weil sich ein Spieler in seiner Muttersprache viel präziser ausdrücken kann. Sonst ist das nicht so entscheidend. Das hat auch Adi Hütter bewiesen, der kaum Französisch sprach.

Wie gehen Sie mit Ihrem Superstar Guillaume Hoarau um?
In der Regel wie mit allen anderen Spielern. Er ist ein Vorbild, das vorneweg läuft. Er versucht täglich sich zu verbessern. Aber natürlich ist er ein besonderer Spieler, der gelegentlich auch eine besondere Behandlung braucht.

So zum Beispiel, dass er auch mal an einem Trainingstag einen Gig geben und singen kann?
Jeder Spieler braucht doch einen Ausgleich. Fussballprofis stehen unter enormem Druck, permanent. Da braucht es Ventile. Nur dürfen diese den Hauptjob nicht hindern. Guillaume nimmt die Verantwortung seinem Sport gegenüber mehr als nur wahr. Er weiss, dass sein Beruf bei YB absolute Priorität hat.

Im Zillertal bereitet sich Seoane mit YB auf die Mission Titelverteidigung vor.
Foto: Andy Mueller/freshfocus

Wie gross ist die Distanz, die Sie zu Ihren Spielern aufbauen?
Das kommt auf die Situation drauf an. Auf dem Platz ist man den Spielern nahe, manchmal ist ein professioneller Abstand nötig. In der Freizeit suche ich die Nähe zu den Spielern nicht.

Gehen Sie also nie mit Ihnen «eins ziehen»?
Natürlich besprechen wir Probleme auch mal bei einem Kaffee. Aber danach, glaube ich, wollen die Spieler untereinander bleiben.

Die Spieler haben gesagt, das Training sei härter als unter Ihrem Vorgänger.
Jetzt ist Vorbereitungszeit. Da ist es immer streng. Zudem muss man berücksichtigen, was Ende der letzten Saison in Bern abging. Das war extrem energie­raubend. Und nach dreieinhalb Wochen Ferien ist es immer schwierig, den Motor wieder hochzufahren.

Abgesehen davon - sagen das die Spieler nicht bei jedem neuen Trainer?
Wie ich gehört habe, wurde unter Adi Hütter auch sehr hart gearbeitet… Und der Konditionstrainer ist ja derselbe. Die Spieler nehmen das einfach anders wahr als vor einem Jahr.

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Super League, 1. Runde

Samstag, 21. Juli:

Basel – St. Gallen, TC 19 Uhr
Luzern – Xamax, TC 19 Uhr

Sonntag, 22. Juli:

YB – GC, SRF2 16 Uhr
Sion – Lugano, TC 16 Uhr
Zürich – Thun, TC 16 Uhr

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
15
4
23
6
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
15
3
23
7
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
8
FC Sion
FC Sion
15
-1
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
15
-5
17
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
15
-21
12
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
15
-11
10
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