Sion-Präsident Christian Constantin im grossen Krisen-Interview
«Im Moment machen wir alles falsch»

Der FC Sion ist historisch schlecht! In der Jahrestabelle sind die Walliser Letzter. Was macht nun Präsident Christian Constantin? Früher hätte er den Trainer längst gefeuert. Heuer nicht. Noch nicht.
Publiziert: 12.04.2025 um 11:28 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2025 um 22:42 Uhr
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Im Moment ist guter Rat im Wallis teuer. Präsident Christian und Sohn und Sportchef Barthélémy Constantin.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

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Alain KunzReporter Fussball

Blick: Mit Abstand und fern von Emotionen sechs Tage nach dem verheerenden 0:2 in Lausanne: Wie ist die Lage des FC Sion?
Christian Constantin: Sehr fordernd! Wir haben in der Nachspielzeit zehn Punkte verloren. Wir bringen oft nicht zu Ende, was wir begonnen haben. Zudem haben wir unglaubliche Eigentore gemacht und Rote Karten erfunden. Im Moment machen wir alles falsch.

GC spielt nun gegen Yverdon und Winterthur. Da sind zwei Siege absolut denkbar. Sion hingegen gegen Servette und St. Gallen. Da sind bei der aktuellen Tendenz zwei Niederlagen ebenso wenig unrealistisch, und Sion, ist Barragist.
Durchaus denkbar. Allerdings spielt Yverdon derzeit stark. Bei uns hingegen muss sich einiges ändern. Um den Ligaerhalt zu schaffen, brauchen wir noch sieben Punkte. Die haben wir noch nicht.

Eine Behauptung: Mit dem fehlenden Momentum wäre die Barrage, ob gegen Thun oder Aarau, für den FC Sion tödlich.
Diese Chance ist gross, sehr gross, ja.

Die Kritik der Fans an Trainer Didier Tholot wird immer lauter. Sie werfen ihm Aufstellungsfehler vor, zum Beispiel, dass er oft auf einen Stossstürmer verzichtet, und zögerlich wechselt. Was denken Sie darüber?
Das lese ich natürlich auch. Wie jedermann.

Und wozu bewegt Sie diese Kritik, die Sie offenbar nachvollziehen können?
In solch einer Situation hat man zwei Möglichkeiten: Entweder wechselt man die Menschen aus. Oder die Menschen ändern sich. Ich habe in meinem Leben schon alles ausprobiert. Man hat weder mit der einen noch mit der anderen Variante Gewissheit. In der aktuellen Konstellation habe ich immer noch die Hoffnung, dass sich die Menschen ändern. Aber sie müssen nun das Bewusstsein endgültig dafür geschärft haben, dass Punkte hermüssen. Das habe ich auch untermauert.

Wie?
Nach dem Lausanne-Spiel habe ich erstmals interveniert. Das hatte ich in der ganzen Saison noch nie gemacht.

Auf welche Art?
In Lausanne waren 41 Angestellte in der Garderobe, die von mir ihren Lohn kriegen. Von diesen 41 haben nicht alle denselben Einfluss aufs Resultat. Der Masseur massiert immer gleich, ob wir gewinnen oder verlieren. Aber diejenigen, die das Resultat beeinflussen können, müssen ihre Mentalität ändern. Das habe ich ihnen in der Kabine klipp und klar gesagt. Es gibt da die Fabel von Lafontaine vom Raben und vom Fuchs. Der Rabe hat ein Stück Käse gefunden und sich auf den Baum zurückgezogen, um es zu essen. Der Fuchs, der es gerne selber hätte, hofiert und schmeichelt dem Raben und bittet ihn, zu singen, weil er das doch so gut könne. Das tut dieser, der Käse fällt ihm dabei aus dem Schnabel – und der Fuchs frohlockt. Die Lehre daraus: Hüte dich vor Schmeichlern. Das passiert bei uns. Alle schmeicheln sich gegenseitig. Warum das dann keine Punkte einbringe, sei nur, weil es eine Rote Karte gebe, ein dummes Eigentor, Pech. Alle sagen, sie trainierten gut und lieferten auch gute Spiele ab. Die Wahrheit der guten Arbeit ist aber zu punkten. Das müssen meine Angestellten kapieren.

Und wenn das nichts nützt?
Dann stehe ich in der Pflicht, etwas zu ändern. Verlieren wir weitere zwei Spiele, kann ich nicht mehr darauf vertrauen, dass sich die Menschen ändern. Ganz tief in meinem Herzen hoffe ich, dass ich das nicht muss. Aber ich kann ja die nicht die halbe Mannschaft wechseln. So ist das nun mal.

Christian Constantin

Christian Constantin, bekannt als CC, wird am 17. Januar 1957 in Martigny VS geboren. Seine Familie stammt aus Ayent VS, einem Dorf nahe der Skiregion Anzère. Er macht eine Lehre als Bauzeichner. Mit 22 gründet er sein eigenes Architekturbüro. Von 1978 bis 1980 ist er Fussballprofi bei Xamax und Lugano, als Goalie, doch zu mehr als gut 20 Einsätzen reicht es ihm nicht, meistens ist er Ersatz. Seine ersten 50'000 Franken investiert er in Immobilien. Seine Firma wächst schnell und wird zum Imperium.

Heute baut er Riesenprojekte in der ganzen Schweiz. Er selber gibt an, weit über eine Milliarde Franken Vermögen zu haben. Gleichzeitig präsidiert er zweimal den FC Sion, von 1992 bis 1997 und seit 2003, nachdem er den Klub gekauft hatte. Er holt einen Meistertitel und sieben Cupsiege. Legendär sind sein Trainerverschleiss, seine Streitlust und seine Eskapaden. So, als er einen Schiri-Assistenten im Kabinengang umgrätscht oder Ex-Nati-Coach Rolf Fringer ein paar Ohrfeigen verpasst. CC hat drei Kinder. Sein Sohn Barthélémy (30) ist seit zehn Jahren Sportchef des FC Sion.

Christian Constantin, bekannt als CC, wird am 17. Januar 1957 in Martigny VS geboren. Seine Familie stammt aus Ayent VS, einem Dorf nahe der Skiregion Anzère. Er macht eine Lehre als Bauzeichner. Mit 22 gründet er sein eigenes Architekturbüro. Von 1978 bis 1980 ist er Fussballprofi bei Xamax und Lugano, als Goalie, doch zu mehr als gut 20 Einsätzen reicht es ihm nicht, meistens ist er Ersatz. Seine ersten 50'000 Franken investiert er in Immobilien. Seine Firma wächst schnell und wird zum Imperium.

Heute baut er Riesenprojekte in der ganzen Schweiz. Er selber gibt an, weit über eine Milliarde Franken Vermögen zu haben. Gleichzeitig präsidiert er zweimal den FC Sion, von 1992 bis 1997 und seit 2003, nachdem er den Klub gekauft hatte. Er holt einen Meistertitel und sieben Cupsiege. Legendär sind sein Trainerverschleiss, seine Streitlust und seine Eskapaden. So, als er einen Schiri-Assistenten im Kabinengang umgrätscht oder Ex-Nati-Coach Rolf Fringer ein paar Ohrfeigen verpasst. CC hat drei Kinder. Sein Sohn Barthélémy (30) ist seit zehn Jahren Sportchef des FC Sion.

Also gibt es keine Garantie für Didier Tholot, dass er das Saisonende als Sion-Trainer erlebt.
Nein. Ich will die Saison mit ihm beenden, das ist mein Ziel. Aber damit das passiert, muss er nun liefern und in den nächsten beiden Spielen punkten.

Dieses 1:2 in Winterthur war ein Offenbarungseid. Trotz der stupiden Roten Karte darf man niemals derart vor dem Tabellenletzten zu Kreuze kriechen. Man kann auch zu zehnt Spiele gewinnen.
Nochmals: Derzeit machen wir die Dinge falsch. Ich war aber am Dienstag im Training. Und ich habe dort keine tote Mannschaft entdeckt, sondern eine sehr lebendige. Und der Trainer erreicht seine Spieler nach wie vor. Sie stehen hinter ihm.

Haben Sie Benjamin Kololli die Ohren für diesen unfassbaren Platzverweis langgezogen?
Ben ist uns nun einiges schuldig! Er hat uns das Spiel mit dieser lächerlichen Dummheit verpfuscht.

Zumal er Ihr bisher bester Spieler im Jahr 2025 war.
Ja. Und wenn ich mir das Training so anschaue, dann stelle ich fest, wie hochbegabt er, Anton Mirantschuk, Ilyas Chouaref und Liam Chipperfield sind. Wunderbare Kicker. Weshalb unsere Lage kaum verständlich ist.

Aber alles keine Leader. Nach dem Abgang von Joël Schmied fehlt ein solcher. YB hat dieses Manko erkannt und mit Christian Fassnacht und Rayan Raveloson zwei Führungsspieler geholt. Nun ist man schon wieder auf Titelkurs.
Fassnacht ist ein grosser Leader, keine Frage. Zu Joël ist zu sagen, dass wir die Serie von neun sieglosen Spielen auch mit ihm hatten. Er fehlt uns aber als Dirigent der Abwehr an allen Ecken und Enden, keine Frage.

Apropos Dirigent: Kreshnik Hajrizi hatte sich gut entwickelt. Wie stehts nach seiner Gehirnerschütterung aus dem Winterthur-Spiel?
Er hat sich davon erholt und ist wieder voll im Training. Er wird gegen Servette mit Noé Sow die Innenverteidigung bilden.

Sie haben Pajtim Kasami und Federico Barba als potenzielle Leader geholt. Beide waren das bisher nicht.
Barba muss zuerst in der Schweiz ankommen. Und Pajtim war körperlich noch nicht so weit, weil er lange nicht mehr gespielt hatte. Nächste Saison soll er voll fit sein. Er wird zurückkommen, ganz sicher. Im Moment hat er Luft für dreissig Minuten. Von Beginn weg gehts noch nicht.

Ist Kasami ein Leader?
Er kann alles und nichts sein. Sie wissen ja, wie er ist. Wenn er fit ist, kann er ein Leader sein, ja.

Bereiten Sie das Servette-Spiel speziell vor?
Wir gehen am Vortag in ein Hotel im Grünen in Glion.

Nach zwei wochenlangen Krisen ist es kaum denkbar, dass Tholot wie geplant auch die nächste Saison macht. Egal, in welcher Liga. Nicht?
Im Moment haben wir einen Notstand! Da schaue ich keinen Millimeter über die Nasenspitze hinaus.

Wie stehts ums neue Stadion? Sie hatten einst gesagt, dass die Parlamente und Regierungen Anfang Jahr darüber befinden würden. Jetzt ist April.
Wegen der Demission von Staatsrat Frédéric Favre, der CEO des Vereins Olympische Winterspiele Schweiz 2038 wird, haben wir die Frist bis Juni verlängert. Im Mai treffe ich mich mit dem Stadtrat von Sion. Wenn alle dafür sind, liegen wir nach wie vor im Zeitplan.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Basel
FC Basel
32
35
58
2
Servette FC
Servette FC
31
8
51
3
BSC Young Boys
BSC Young Boys
31
11
50
4
FC Luzern
FC Luzern
31
6
48
5
FC Lugano
FC Lugano
31
3
48
6
FC Zürich
FC Zürich
32
-3
47
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
32
6
44
8
FC St. Gallen
FC St. Gallen
31
2
43
9
FC Sion
FC Sion
31
-9
35
10
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
32
-10
33
11
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
32
-19
33
12
FC Winterthur
FC Winterthur
32
-30
27
Meisterschaftsrunde
Abstiegsrunde
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