Sion-CC im grossen Streitgespräch mit Schiri-Boss
«Wir haben seit Jahren ein Schiri-Problem!»

Schiedsrichter-Boss Cyril Zimmermann und Sion-Präsident Christian Constantin kreuzen im Streitgespräch die Klingen.
Publiziert: 04.12.2016 um 11:55 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 18:16 Uhr
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Sion-Präsident Christian Constantin hält sich im Streitgespräch mit Schiri-Boss Cyrill Zimmermann nicht zurück.
Foto: CHRISTIAN PFANDER
Interview: Stefan Kreis

BLICK: Cyril Zimmermann, würden Sie Christian Constantin gerne die Rote Karte zeigen?
Cyril Zimmermann: Nein, warum sollte ich?

Weil er nach Fehlentscheiden gegen seinen FC Sion öffentlich auf die Schiedsrichter losgeht.
Zimmermann: In unserem Land herrscht Meinungsfreiheit, jeder darf sagen, was er will. Ich persönlich hatte nie ein Problem mit Christian Constantin, wir geben uns vor und nach den Spielen immer die Hand. Einmal, als ich noch aktiv war, kam er nach einem umstrittenen Cup-Halbfinal zur mir in die Garderobe, um über gewisse Entscheidungen zu sprechen, aber es lief alles respektvoll ab.
Christian Constantin: Um eines gleich von Beginn an klarzustellen. Ich halte unsere Schiedsrichter für aufrichtig und ehrlich, ich will keinem von ihnen böse Absicht unterstellen. Und doch haben wir Jahr für Jahr mit krassen Fehlentscheidungen zu kämpfen, die die Meisterschaft verfälschen.

Der FC Sion wurde zuletzt sowohl beim 3:4 gegen YB als auch beim 1:2 gegen den FCB benachteiligt. Können Sie Constantins Frust verstehen?
Zimmermann: Zuerst will ich betonen, dass es natürlich unser Anspruch ist, Fehler zu vermeiden. Und wenn uns welche unterlaufen, stehen wir dazu. Gegen YB hätte der FC Sion einen Penalty bekommen müssen, die Abseitsposition von Marc Janko und das Handspiel von Renato Steffen im Spiel gegen Basel sind aber sehr schwer zu erkennen. Da kann ich den Spielleitern keine grossen Vorwürfe machen.
Constantin: Fakt ist, dass wir sechs Punkte mehr auf dem Konto haben müssten. Und YB sowie Basel je drei weniger. Ich könnte ihnen etliche andere Beispiele aufzählen.

Als der Schiedsrichter im März nach einer Schwalbe von YB-Spieler Sulejmani einen Penalty für die Berner gepfiffen hat zum Beispiel?
Zimmermann:
Sulejmani ist in diesem Fall der Schuldige, nicht der Schiedsrichter.
Constantin: Einverstanden, der Schiedsrichter wurde betrogen. Und trotzdem hat er auf Penalty für YB entschieden. Wir müssen aufhören, die Schiris als kleine Kinder zu sehen, denen man Fehler vergibt. Klar, sie sind nur Menschen und keine Roboter, aber wenn ein Koch schlecht kocht, ist nicht nur das Restaurant Schuld, sondern auch er selbst.

Constantin steht auf und bittet Zimmermann sowie einen Mitarbeiter des Schweizerischen Fussballverbandes, die Sekunden nach der umstrittenen Szene im Spiel gegen YB nachzustellen. CC selbst spielt Sion-Verteidiger Zverotic, Zimmermann ist Schiri Amhof. Der Mitarbeiter Sulejmani.

Constantin: Als der Schiedsrichter die fassungslose Reaktion von Vanins und Zverotic (zwei Sion-Spieler, die Red.) bemerkte, begriff er im selben Moment, dass seine Entscheidung ein Fehler war. Zuvor hatte er die Anwesenden gefragt, ob es eine Schwalbe war, Zverotic hat Ja gesagt, Sulejmani hat es abgestritten.

Am Ende zückt Constantin die rote Karte und zeigt diese der Kaffeemaschine, die Vanins darstellen soll.

Constantin: Der Schiri hat mir nach dem Spiel persönlich gesagt, dass er einen Fehler gemacht habe. Trotzdem wurde Vanins für ein Spiel gesperrt, während Sulejmani ungeschoren davon kam. Ein Einzelfall ist das nicht. Seit Jahren haben wir ein Schiri-Problem. Der Fussball entwickelt sich auf allen Ebenen, er ist für die Spielleiter immer schwieriger zu beurteilen, aber ihr bleibt immer auf dem gleichen Niveau, unternehmt nichts.
Zimmermann: Das Niveau der Spielleiter ist besser geworden. Und es stimmt nicht, dass wir nichts unternehmen. Im Weiteren ist es in erster Linie eine finanzielle Angelegenheit. Wir haben pro Saison gut zwei Millionen Franken zur Verfügung, darin enthalten sind unter anderem monatliche Kurse, Trainingslager im Winter und die Kosten für den ganzen Spielbetrieb in der Swiss Football League.

Constantin: (nimmt sein Handy, öffnet die Taschenrechner-App und rechnet nach) Das heisst, dass bei insgesamt 360 Spielen in der Super- und Challenge League pro Saison die vier Schiedsrichter im Schnitt zusammen weniger als 5500 Fr. erhalten. Das ist nichts, viel zu wenig. Wenn die Schiris Eier hätten, würden sie streiken.
Zimmermann: Das ist für uns keine Option. Das wäre ein Zeichen der Schwäche. Ich suche andere Lösungsansätze.
Constantin: Ihr braucht pro Jahr vier Millionen Franken. Mindestens.

Und wer bezahlt das?
Constantin:
Die Klubs, wer sonst? Bring mir ein Konzept und ich überzeuge die Klub-Präsidenten.
Zimmermann: Die Frage ist, wo wir beginnen sollen. Die Torlinientechnologie würde pro Stadion rund eine Million kosten …
Constantin: Vergiss die! Ich bin seit circa 1000 Spielen Sion-Präsident, die Torlinientechnologie hätten wir nur in etwa drei Fällen wirklich gebraucht. Was wir benötigen, ist ein Videobeweis, um Abseits- oder Penaltysituationen richtig zu beurteilen. Plus Situationen, die zu roten Karten führen können. Wenn ich auf der Autobahn mit 150 km/h geblitzt werde, sagt mir das auch nicht der Polizist. Er hat das Radar. Die Technik! Ist doch keine Hexerei, die kann euch jede Technische Hochschule in diesem Land liefern.

Constantin schnappt sich den Notizblock des Journalisten und einen Bleistift. Erst skizziert der gelernte Architekt ein Fussballfeld, dann umkreist er die beiden Outlinien, wo die Kameras Abseitspositionen erfassen sollen. In Grossbuchstaben schreibt er BREVET auf die Skizze, was soviel bedeutet wie Patent.

Constantin: Das könnten wir sogar patentieren lassen, das wäre revolutionär. Wir könnten bei der Fifa eine Testphase beantragen. Wenn sich das System bewährt, kann es auf der ganzen Welt eingeführt werden. Wenn du was ändern willst, dann musst du was tun. Zudem: So neu wäre das gar nicht. Als Zinédine Zidane im WM-Final 2006 seinen Gegenspieler Marco Materazzi mit einem Kopfstoss niederstreckte, haben ihn Videobilder überführt.

Wenn aber jede strittige Situation aufgelöst wird, dann gibts keine Diskussionen mehr am Stammtisch und auch dieses Gespräch würde hinfällig werden.
Constantin: Bei allem Respekt vor dem Schiedsrichter-Boss, aber solange Fehlentscheidungen verhindert werden, ist mir das egal.
Zimmermann: Niemand kann ernsthaft gegen gerechte Entscheidungen im Fussball-Stadion sein, deshalb freue ich mich, dass Christian Constantin und ich die gleichen Ziele verfolgen. l

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
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