BLICK: Herr Blanc, vor drei Wochen sind Sie am Coronavirus erkrankt. Wie geht es Ihnen heute?
Dominique Blanc: Ich habe das Schlimmste überstanden, ich habe keine Symptome mehr. Ich fühle mich jeden Tag ein wenig besser, ich erhole mich.
Wann haben Sie gemerkt, dass Sie sich angesteckt haben?
Am Samstag, dem 14. März. Ich habe die ganze Zeit gehustet und hatte Halsschmerzen. Ich entschied mich dann, zum Arzt zu gehen und ein Screening zu machen. Danach ging ich wieder nach Hause in meine Wohnung nach Lausanne.
Wie schnell ging es mit der Diagnose?
Am Sonntagmorgen hat mich der Arzt angerufen. Er hat mir gesagt, dass ich positiv auf das Coronavirus getestet worden sei.
Haben Sie eine Ahnung, wann Sie sich angesteckt haben?
Nicht wirklich. Aber ich war ein paar Tage zuvor in Amsterdam beim Uefa-Kongress. Vielleicht habe ich mich da angesteckt. Wir haben später erfahren, dass auch der serbische Präsident positiv getestet worden war, er war über Mailand angereist.
Was haben Sie in jenem Moment gefühlt? Angst wegen der Ungewissheit?
Schauen Sie, wenn jedes Mal, wenn Sie den Fernseher oder das Radio anmachen, nur von den Todes-Statistiken geredet wird, dann machst Du dir doch Gedanken.
Also hatten Sie Angst um Ihr Leben?
Nach einigen Tagen habe ich mich davon gelöst. Ich habe mich in die Musik und in Bücher geflüchtet. Und habe mir gesagt, dass 97 oder 98 Prozent der Menschen es überleben. Und ich sagte: Ich bin einer von diesen!
Ihre Krankheit zieht sich nun schon über Wochen. Wie war der Verlauf?
Ich war nie länger als zwei Tage wirklich richtig krank. Aber ich hatte über 12 Tage lang immer wieder Fieber und alle möglichen Arten von weiteren Beschwerden, die unglaublich unangenehm waren.
Können Sie beschreiben, wie sich die Schmerzen anfühlen?
Ich war dauernd sehr müde und die ganze Zeit plagte mich Übelkeit. Und die Energie, die war völlig weg.
Haben Sie Ihre Lebensgefährtin angesteckt?
Ja, ich habe sie angesteckt, sie musste auch in Quarantäne. Es ist auch für sie eine harte Zeit.
Und Ihre Kinder und Enkel?
Meine Söhne und meine Enkel sowie andere nahe Familienmitglieder sind nicht infiziert worden. Ich hatte mit ihnen seit meiner Ansteckung keinen körperlichen Kontakt mehr, nur noch über Telefon, Facetime und Skype.
Wie lange mussten Sie im Spital sein?
Die ersten zwei Wochen bis zum 31. März war ich zuhause in meiner Wohnung. Ab dem 1. April musste ich in eine Klinik, wo ich bis zum letzten Donnerstag blieb. Ich kurierte eine bakterielle Lungenentzündung als Folge des Coronavirus aus.
Wie haben Sie die Krankheit empfunden – wird sie in den Medien richtig geschildert?
Man findet zu allen Facetten der Krankheit etwas in den Medien. Meine Ärzte haben mir gesagt, dass die Krankheit von Mensch zu Mensch unterschiedlich verläuft. Ich wünsche diese Krankheit niemandem.
Mussten Sie beatmet werden oder war es bei Ihnen nie so schlimm?
Zum Glück musste ich nie auf der Intensivstation behandelt werden.
Was war der Besuch, der Sie am meisten gefreut hat in diesen Tagen?
Mein Sohn hat mir Essen vor meine Haustür gestellt und auch die Einkäufe. Das war wie ein Besuch. Danach hat man sich angerufen. Das war schön. In der Klinik durfte ich natürlich keinen Besuch empfangen.
Wenn Sie jemandem Tipps geben müssten, der neu erkrankt ist: Was würden Sie ihm sagen?
Ich würde viel auf die Mediziner hören, es ist ihre Sache, Dinge zu raten. Mein Arzt war fantastisch, ich danke ihm von ganzem Herzen. Er war fast Tag und Nacht verfügbar und traf zur richtigen Zeit die richtigen Entscheidungen.
Musste eigentlich auch Nati-Trainer Vladimir Petkovic in Quarantäne?
Wir waren zusammen in Amsterdam. Er machte dann eine freiwillige Quarantäne und schrieb mir mehrere mutmachende Nachrichten.
Wer ist sonst vom Schweizerischen Fussballverband in Quarantäne geschickt worden?
Nach meinem positiven Test wurde das Haus des Fussballs vorübergehend geschlossen. Mitarbeiter, die eng mit mir in Kontakt waren, mussten in häusliche Quarantäne.
Wie halten Sie es mit Home-Office beim SFV?
Aus meiner Sicht geht das alles ziemlich gut. Viele Mitarbeiter des SFV sind sich bereits gewöhnt, von überall her zu arbeiten. Das war nie ein Problem, alle machen zuhause einen bemerkenswerten Job. Aber diese Krise zeigt, dass man mit den heutigen Technologien unsere Arbeitsweisen ändern und effizienter gestalten kann. Dass man auch mit weniger Reisen auskommt.
Wer hat sich alles gemeldet aus der Sport- und Politikszene, um Ihnen alles Gute zu wünschen?
Ich habe unglaublich viele Nachrichten aus allen möglichen Richtungen bekommen. Ich konnte noch gar nicht alle individuell beantworten, das war schlicht unmöglich. Dasselbe gilt für die Anrufe, aber ich möchte mich bei allen hier über den BLICK bedanken. Es war toll, wie ihr für mich da wart.
Was müssen Sie jetzt beachten?
Das ist schwierig zu beantworten. Es sind unglaublich viele Dinge passiert seit diesem 15. März, als ich positiv getestet wurde. Ich schaue vorwärts und weiss, dass ich mich einige Wochen erholen muss, um meine Energie zurückzubekommen.
Wann dürfen Sie wieder arbeiten?
Ich habe noch nicht mit meinem Arzt geredet. Ich verfolge das Geschäftliche, indem ich engen Kontakt mit Generalsekretär Robert Breiter und Kommunikations-Chef Adrian Arnold halte. Ich selbst kann mich erholen.
Sie sind der höchste Schweizer Fussballer. Wie erleben Sie die Auswirkungen auf den Sport?
Der Effekt auf den Sport, vor allem auf den professionellen Fussball, ist beträchtlich. Das betrifft natürlich auch alle Sektoren, die damit zusammenhängen. Von Medien über den Transport bis zu den Veranstaltern rund um die Spiele. Fast alle Bereiche der Gesellschaft sind betroffen, der Sport ist keine Ausnahme.
Die Uefa hat die EM verschoben. Wie sehen Sie das?
Es war die einzige richtige Entscheidung.
Wann glauben Sie, dass in der Schweiz wieder Fussball gespielt werden kann?
Diese Frage kann im Moment noch niemand mit Sicherheit beantworten. Es gibt nur die Behörden, die zusammen mit den Spezialisten ein Datum festlegen können. Die Gesundheitsbehörde bestimmt es, denn der Schutz der Menschen steht über dem Fussball.
Glauben Sie, dass in dieser Saison nur noch Geisterspiele ausgetragen werden?
Man spricht viel darüber, aber ich habe keine Antwort auf diese Frage. Wenn sich dann Hunderte vor dem Stadion treffen, wie man es in Paris beim Champions-League-Spiel gegen Dortmund gesehen hat, dann ist das Ansteckungsrisiko noch grösser. Aber klar, für die Spieler, Sponsoren und Medien sind Geisterspiele eine Alternative. Diese Entscheidung muss dann die Liga treffen. Aber der Aspekt des Schutzes für den Menschen und das Volk steht über allem.
Mit wem von der Politik steht der Schweizer Fussballverband in diesen wichtigen Tagen direkt in Kontakt?
Mit Vertretern des Bundesamts für Sport (BaSpo) und dem BAG. Gleichzeitig ist der SFV über Swiss Olympic in Kontakt mit den höchsten Vertretern unserer Behörden.
Das oberste Ziel ist es, die Super-League-Saison zu Ende zu spielen. Bis wann könnte man theoretisch spielen?
Die Uefa hat nun entschieden, dass man bis Ende August spielen könnte. Aber es ist klar, die Liga ist dafür zuständig und macht sich Gedanken über mögliche Verschiebungen, das versichere ich Ihnen. Aber wie es aussehen soll, ist noch ein Rätsel.
Fänden Sie es richtig für die Spieler, fast ohne Sommerpause weiterzumachen?
Das ist eine Frage für die Trainer, Physiotherapeuten und die Ärzte.
Sie kommen aus dem Breitensport, wurden vor allem von der Amateur-Liga zum SFV-Präsidenten gewählt. Was bedeuten all die Absagen für die kleinen Klubs?
Da sind die Konsequenzen ein bisschen weniger dramatisch. Es ist vor allem der soziale Aspekt, der da betroffen ist.
Haben Sie konkrete Geschichten von Dorfklubs gehört?
Ich hatte wenig Kontakt zu diesem Thema in den letzten Wochen. Ich sah und las, dass viele Klubs etwas mit sozialen Netzwerken machen. Ich denke, es wird später auch mal schöne Geschichten aus dieser Zeit zu erzählen geben.
Die Unterstützungen des Bundes an die Klubs – nach welchem Schlüssel sollten die aufgeteilt werden?
Ich habe noch kein Papier dazu gesehen, aus meiner Sicht ist es noch nicht klar definiert. Aber wenn es soweit ist, wird es klare Regeln geben, wie in anderen Branchen auch.
Haben Sie Angst, dass Schweizer Profi-Vereine Konkurs gehen?
Das Risiko, dass Klubs in Konkurs gehen, ist leider wirklich real. Und es hängt davon ab, wann man die Meisterschaft wieder aufnehmen kann. Aber wie mehrfach gesagt: Die Gesundheit der Menschen steht über allem. Als Betroffener habe ich das schmerzlich erlebt.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Lugano | 18 | 6 | 31 | |
2 | FC Basel | 18 | 21 | 30 | |
3 | FC Lausanne-Sport | 18 | 9 | 30 | |
4 | FC Luzern | 18 | 3 | 29 | |
5 | Servette FC | 18 | 2 | 29 | |
6 | FC Zürich | 18 | -1 | 27 | |
7 | FC Sion | 18 | 4 | 26 | |
8 | FC St. Gallen | 18 | 6 | 25 | |
9 | BSC Young Boys | 18 | -4 | 23 | |
10 | Yverdon Sport FC | 18 | -12 | 17 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 18 | -10 | 15 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -24 | 13 |
Dominique Blanc wurde am 5. Dezember 1949 in Lausanne geboren. Er ist ehemaliger Schiedsrichter (1. Liga und Assistent in der Super League), seit 25 Jahren in Fussball-Gremien tätig, ist Chef der Amateur-Abteilung, Mitglied des Zentralvorstands und Vizepräsident des SFV. Der Lausanner ist selbständiger Unternehmer (Firmen im Bereich Baumaterial, Lack und Farben, war auch in Frankreich und Spanien aktiv). Blanc lebt getrennt, hat zwei Kinder und zwei Enkel und spricht neben Französisch auch Deutsch, Englisch und Spanisch. Vergangenes Jahr wurde er Nachfolger von Peter Gilliéron als SFV-Präsident
Dominique Blanc wurde am 5. Dezember 1949 in Lausanne geboren. Er ist ehemaliger Schiedsrichter (1. Liga und Assistent in der Super League), seit 25 Jahren in Fussball-Gremien tätig, ist Chef der Amateur-Abteilung, Mitglied des Zentralvorstands und Vizepräsident des SFV. Der Lausanner ist selbständiger Unternehmer (Firmen im Bereich Baumaterial, Lack und Farben, war auch in Frankreich und Spanien aktiv). Blanc lebt getrennt, hat zwei Kinder und zwei Enkel und spricht neben Französisch auch Deutsch, Englisch und Spanisch. Vergangenes Jahr wurde er Nachfolger von Peter Gilliéron als SFV-Präsident