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Peter Zeidler im grossen Interview
«Meine Kinder haben darunter gelitten»

Peter Zeidler thront mit seiner Mannschaft St. Gallen zuoberst in der Tabelle. Mit BLICK spricht der Erfolgstrainer unter anderem über seine Träume, seine Töchter und seine Liebe zur Frankophonie. Dass er über eine gute Portion Humor verfügt, beweist er obendrauf.
Publiziert: 28.03.2020 um 11:17 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2020 um 11:22 Uhr
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FCSG-Trainer Peter Zeidler versucht in der Zeit von Corona abzuschalten.
Foto: TOTO MARTI
Eynat Bollag

BLICK: Corona, was geht Ihnen da durch den Kopf?
Peter Zeidler: Auch wenn wir den Sport und den Klub noch so lieben, Solidarität steht jetzt an allererster Stelle. Ich hoffe, wir können bald wieder Fussball spielen. Damit wir dieses tolle Gefühl aber wieder erleben können, müssen wir uns jetzt in Geduld üben und die Massnahmen einhalten.

Haben Sie Kontakt mit den Spielern?
Sie können immer bei mir oder uns anrufen. Ich werde sie aber sicher während der Zeit, in der kein Mannschaftstraining stattfindet, kontaktieren.

Welche Auswirkungen hat das Virus auf Ihr Privatleben?
Klar hat sich das Leben was Café- oder Kinobesuche angeht verändert. Dafür kann man sich jetzt anderen Dingen widmen, wie Bücher lesen, Musik hören oder Ausmisten. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die notwendigen Massnahmen für andere eine Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz bedeuten.

Worum machen Sie sich jetzt gerade die grössten Sorgen?
Ich habe ein Grundvertrauen. Auch in dieser aussergewöhn­lichen und sehr ernsten Situa­tion. Das wird schon wieder. Mit Geduld und vor allem Solida­rität sind wir sicher auf einem guten Weg.

Wenn Sie an die Zeit vor Corona zurückdenken: Was hat die Euphorie mit Ihnen gemacht?
Ich hätte nie im Leben gedacht, dass wir in dieser Saison in der Tabelle ganz oben stehen werden. Ich bin einfach unheimlich stolz.

Sie sind kein Euphoriker.
Trotz unserer Erfolgsserie habe ich immer wieder Momente, in denen ich nachdenklich bin. Ohne jetzt negativ zu klingen, denn das passt gar nicht zu meinem Naturell.

Sind Sie bescheiden?
Das glaube ich schon. Das habe ich von meinen Eltern mitbekommen. Ich möchte jetzt aber auch nicht mit dieser Bescheidenheit kokettieren. Es gibt aber schon einen Punkt, in dem ich mich verbessern kann.

Und der wäre?
Ich muss mir mehr Zeiten nehmen zum Abschalten und Entspannen. Einfach eine Oase finden, wo man ins Träumen kommt und vergisst. Viele hören Musik, machen Yoga, ich nicht. Machen Sie Yoga?

Dazu fehlt mir die Geduld.
Ich bin überzeugt davon, dass es etwas ist. Nur nicht für mich. Ich würde gerne öfter Bücher ­lesen, am liebsten auf Französisch, um wieder ein bisschen in diese Welt einzutauchen, oder einfach mehr Sport treiben wie Radfahren oder Joggen. Ich sollte auch mehr ins Kino gehen, das tut mir gut.

Welche Filme schauen Sie sich denn gerne an?
Ich liebe französische Filme. Aber wissen Sie, man könnte ja auch einfach mal nichts tun. Bei Red Bull Salzburg hatten wir gute Psychologen, mit denen wir meditierten. Da fragte ich, woran ich denn denken soll dabei. Sie sagten: «An nichts.» (Lacht.)

Ich habe gehört, Sie möchten ruhiger werden. Wie denn?
Damit sind meine Bewegungen während eines Spiels neben dem Platz gemeint. Da kann ich schon sehr mit der Mannschaft mitgehen und mich von meinen Emotionen leiten lassen. Das möchte ich in Zukunft mehr kontrollieren können.

Ihre Frau und Ihre Töchter amüsieren sich, wenn Sie auf der Strasse erkannt werden.
Sie finden es lustig, dass die Leute sich für mich interessieren. Aber ganz nach dem Spruch: «Was sich liebt, das neckt sich.» Es ist eine Liebe in unserer Familie, da kann man sich ja mal aufziehen. «Schau mal, jetzt macht der Papa wieder ein Foto, das liebt er doch», sagen meine Töchter. Sie wissen, dass mir der Kontakt zu den Menschen hier wichtig ist und guttut.

Lesen Ihre Töchter, was über Sie geschrieben wird?
Ja. Sie freuen sich auch mit mir, denn sie kennen auch die andere Seite.

Welche denn?
Wenn man als Trainer entlassen wird, ist das nicht einfach für die Familie. Und da sind die Kinder automatisch mit drin. Bei meiner grossen Tochter habe ich mitbekommen, wie Kinder darunter leiden, wenn Papa keinen Job hat. Ich habe meinen Töchtern aber verboten, Facebook-Einträge über mich zu ­lesen. Ich will nicht wissen, was dort geschrieben wird. Aber sie lesen es natürlich trotzdem.

Anderes Thema: Was kommt Ihnen zu Ralf Rangnick in den Sinn?
Ich habe Ralf sehr viel zu verdanken. Er war in meiner Kar­riere ... ja, was heisst denn Karriere ... wenn ich das sage vor meinen Kindern ... die lachen.

Wieso?
Karriere dürfen nur Grosse sagen. Also in meinem beruflichen Leben war Ralf schon wichtig. Er war mein Türöffner.

Wie lernten Sie Rangnick kennen?
Er studierte wie ich an der Uni in Stuttgart. Damals haben wir die Ideen von anderen regelrecht aufgesaugt. Das Pressing der AC Milan unter Arrigo Sacchi zum Beispiel. Jürgen Klopp schreibt in seinem Buch: «Da waren ein paar verrückte Würtemberger, die hatten gute Ideen und ein paar Dinge anders gesehen.» Klopp, Rangnick und ich, wir haben die gleichen Wurzeln.

Haben Sie Kontakt zu Klopp?
Jetzt nicht mehr. Aber Jürgen ist cool, so authentisch.

Sie sagten einmal, Ihr Traum wäre es, mit St. Gallen in der Europa League zu spielen.
Stimmt. Einen Vorgeschmack hatten wir in Norwegen 2018 gegen Sarpsborg. Eine friedliche Reise ins Ausland und dann gewinnen. Das nochmals erleben ... (Schmunzelt.)

Woher kommt Ihre Liebe zur französischen Sprache?
Ich hatte schon immer grosse Sympathie für die Franzosen und Frankreich. Also dachte ich: Komm, das studiere ich.

Wie leben Sie diese Liebe aus?
Ich war und bin ein grosser Fan von «L’Équipe». Französisch und Fussball in einem, besser gehts nicht. Mir haben das Land und die Sprache immer gefallen. Als Lehrer war ich «der verrückte Zeidler», der Frankreich das Beste findet.

Was hat der «verrückte Zeidler» denn noch so angestellt?
Während der WM 1998 war ich am Final. Diesen Tag vergesse ich nie mehr, das war am 12. Juli 98. Frankreich gewinnt 3:0 gegen Brasilien. Am nächsten Tag ging ich mit dem Frankreich-Trikot in den Unterricht.

Ihre Lieblingsstadt?
Paris. Wenn man von Tours mit dem Fahrrad die Loire entlangfährt, da ist alles so verträumt. Dann setze ich mich in ein Café, lese «L’Équipe» und bin fast glücklich.

Nur fast?
Ich sage immer, ich bin fast glücklich (lacht).

Falls die Meisterschaft abgebrochen wird: Hoffen Sie, dass St. Gallen den Titel erhält?
Es gibt momentan viel Wichtigeres als Fussball. Wirklich!

Das läuft beim FCSG

Tabellenführer FC St. Gallen hat seine Spieler bis zum 6. April ins Home-office geschickt. Die erste Woche war verordneter Urlaub, um die Köpfe zu lüften und die Batterien zu laden. Seither wird individuell trainiert. Auch im Wohnzimmer auf der Matte. So wie Captain Silvan Hefti es auf Instagram zeigt: «Super Übungen von Dir, Simon, von unserem Miraculix, es macht echt Spass!» Simon Storm ist St. Gallens Athletik-Trainer, BLICK gab ihm den Kosenamen Miraculix. Der FCSG hat für seine Kicker noch keine Kurzarbeit beantragt. Präsident Matthias Hüppi will nach der Rückkehr von Hefti, Itten, Quintilla & Co. zuerst mit jedem Spieler persönlich reden. Auf der Geschäftsstelle arbeiten nur noch ganz wenige Leute. Im Kybunpark haben die Grossverteiler Migros und Coop geöffnet, Parken ist im Untergeschoss wegen Corona neu gratis. Damit sich an den Zahlstellen keine Schlangen bilden.

Tabellenführer FC St. Gallen hat seine Spieler bis zum 6. April ins Home-office geschickt. Die erste Woche war verordneter Urlaub, um die Köpfe zu lüften und die Batterien zu laden. Seither wird individuell trainiert. Auch im Wohnzimmer auf der Matte. So wie Captain Silvan Hefti es auf Instagram zeigt: «Super Übungen von Dir, Simon, von unserem Miraculix, es macht echt Spass!» Simon Storm ist St. Gallens Athletik-Trainer, BLICK gab ihm den Kosenamen Miraculix. Der FCSG hat für seine Kicker noch keine Kurzarbeit beantragt. Präsident Matthias Hüppi will nach der Rückkehr von Hefti, Itten, Quintilla & Co. zuerst mit jedem Spieler persönlich reden. Auf der Geschäftsstelle arbeiten nur noch ganz wenige Leute. Im Kybunpark haben die Grossverteiler Migros und Coop geöffnet, Parken ist im Untergeschoss wegen Corona neu gratis. Damit sich an den Zahlstellen keine Schlangen bilden.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
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