Die Liste ist lang. Und zieht sich wie ein roter Faden durch die Trainerkarriere des ehemaligen Nati-Abwehrchefs Murat Yakin (43). Die Liste umfasst Spielerpersönlichkeiten, mit denen Yakin nicht klarkam. Angefangen beim damaligen B-Klub FC Thun, als sich Yakin im Januar 2011 mit Spielmacher Oscar Scarione anlegte. Beim FC Luzern fliegt Abwehrchef Tomislav Puljic zwischenzeitlich aus dem Team. In Luzern trennen sich auch die Wege der Brüder Yakin. In Basel forciert Yakin das Karrierenende seines ehemaligen Nati-Teamkollegen Alex Frei und das der Degen-Zwillinge. In Schaffhausen sortiert er letztes Jahr Captain Gianluca Frontino aus. Und bei GC heissen die jüngsten Yakin-Opfer Runar Mar Sigurjonsson (27) und Milan Vilotic (31).
Yakin: Keine Rücksicht
Der Isländer schiesst zuletzt als GC-Leihgabe zwei Tore für den FC St. Gallen, einen direkten Konkurrenten von GC im Kampf um einen Europacup-Platz. Abwehrchef Vilotic nimmt Yakin die Captainbinde weg und eröffnet ihm Ende Januar, dass im Sommer Schluss sei.
Yakin am Samstag: «Ich nehme, wenns um den Erfolg der Mannschaft geht, keine Rücksicht.» Nicht mal vor sich selbst. Oder seinem Bruder Hakan (41).
Im Januar 2012 verlässt der damals 35-jährige Spieler Hakan Yakin den von Bruder Murat trainierten FC Luzern Richtung Bellinzona. Murat: «Hatsch war, als er beim FCL unterschrieb, eine Funktion im Klub versprochen worden, aber das Versprechen wurde nie eingelöst. Und ja, er war damals schon in die Jahre gekommen. Und das Angebot von Bellinzona war zu gut.»
Samstag vor einer Woche werden die beiden Yakins beim 0:0 gegen Lausanne wegen Schiedsrichterbeleidigung auf die Tribüne geschickt. Murat Yakin fordert statt der erstinstanzlich verhängten drei Spielsperren einen Freispruch. Das Strafmass gegen Assistenztrainer Hakan Yakin ist von der Disziplinarkommission noch nicht verhängt worden.
Kurz nach Spielende sagt der Cheftrainer zur Leistung seiner Mannschaft: «Ich kann ja nicht mich und Hakan aufstellen.» Eine Ohrfeige für die Spieler. Ein Fehler, wie Yakin am Tag darauf einsieht.
Yakin: «Für meinen Platzverweis und meine Aussage danach lade ich die Mannschaft zum Essen ein. Sie können das Lokal auswählen. Mein Verhalten war nicht angebracht. Und Hakan bekommt noch eine Strafe. Seine Reaktion auf meinen Platzverweis war verständlich, aber der Inhalt seiner Aussage nicht.»
Nochmals: Hat Yakin Probleme, mit starken Persönlichkeiten umzugehen?
«Nein, definitiv nicht», sagt Walter Grüter (64), seit 26 Jahren Yakins Wegbegleiter, «Muri hat nur Probleme mit Spielern, die nicht lernwillig und nicht lernfähig sind. Mit den jungen zeigt er brutal viel Geduld. Doch mit den älteren, die sich nichts sagen lassen wollen oder sich nicht verbessern, mit denen bekommt er Probleme.»Grüter ist 1992 Assistenztrainer bei GC, als der 18-jährige Yakin aus Münchenstein BL nach Zürich kommt. Yakin ist 2006 zum Start seiner Trainerkarriere Grüters Assistent bei Concordia Basel. Gemeinsam assistieren sie Hanspeter Latour bei GC. Später ist Grüter in Luzern, Basel und bei Spartak Moskau an Yakins Seite.
Die Legende um Alex Frei
Hat Yakin definitiv keine Probleme, mit Persönlichkeiten umzugehen? Yakin: «Ganz und gar nicht.»
Und wie war dies im Fall von Alex Frei? Die Gerüchte halten sich hartnäckig, wonach die Basler Führung um den damaligen Präsidenten Bernhard Heusler und Sportchef Georg Heitz Trainer Yakin gedrängt hätten, die Karriere von Frei zu beenden.
Heitz, bis letzten Sommer beim Serienmeister FC Basel, von 2012 bis 2014 direkter Vorgesetzter Yakins und 2004 Co-Autor der Biografie «Die Yakins», widerspricht vehement: «Nein, nein. Eine Legende, die ich zwar auch schon ein paar Mal gehört habe. Aber sie stimmt hinten und vorne nicht. Und: Muri ist ein wunderbarer Spielerentwickler. Er war verantwortlich, dass Salah und Elneny so gut herausgekommen sind.»
Der ehemalige Yakin-Schüler Mohamed Salah ist heute Stammspieler bei Liverpool, Mohamed Elneny bei Arsenal.
Yakin: «Alex hat damals schon, kurz bevor ich beim FCB als Trainer angefangen habe, gesagt, er sei leistungsmässig nicht mehr bei 100 Prozent. Wir sassen wöchentlich im stillen Kämmerlein zusammen. Da hats Alex immer eingesehen. Aber als ich ihn, das Basler Denkmal, einmal in der 60. Minute rausnahm und durch den jungen Salah ersetzte, und der dann auch noch den Unterschied ausmachte, sahs Alex natürlich anders.»
Heitz: «Muri hat sehr klare Vorstellungen, was auf dem Platz ablaufen muss – auch in Sachen Disziplin. Vielleicht auch gerade deshalb, weil er in seiner Spielerkarriere dafür nicht ein leuchtendes Beispiel war.»
Und was sagt Erich Vogel (79), Yakins Ziehvater? «Die allermeisten Trainer sind viel zu lasch gegenüber schwierigen Spielern. Sie greifen bei mangelnder Einstellung von sogenannten Stars kaum ein. Zum Glück verkörpert Muri eine löbliche Ausnahme. Er verlangt in jedem Training, dass jeder einzelne Spieler hoch konzentriert arbeitet und an sein Limit geht. Im Spiel gegen den Ball muss jeder Spieler mitmachen, auch die Stürmer. Muri weiss sehr genau, dass dies eine unabdingbare Voraussetzung für den heutigen Hochgeschwindigkeitsfussball ist.»
Jetzt muss GC liefern
Was sagt der Ziehvater zu Yakins zahlreichen Opfern? «Muris Interventionen hatten ausnahmslos nur positive Folgen: Thun stieg auch ohne Scariones Einfluss in die Super League auf. Luzern holte mit dem Ersatzspieler Puljic den 2. Rang und qualifizierte sich für den Cupfinal. Basel erreichte trotz nur unregelmässigen Einsätzen von Alex Frei und den Degen-Zwillingen mit zwei Siegen gegen Mourinhos Chelsea den Europa-League-Halbfinal. Schaffhausen schaffte nach der Aussortierung von Captain Frontino den Sprung vom letzten auf den ersten Rang innerhalb von sechs Monaten.»
Seit vorgestern ist Yakin bei GC wieder mehr auf sich alleine gestellt. Vizepräsident Roland Klein, seit Hakan Yakins Rückführung aus Katar 2009 ein enger Freund der Familie, ist vom Verwaltungsrat suspendiert worden. Yakin: «Solche Dinge passieren im Fussball. Ich muss mich auf meine Mannschaft konzentrieren und Resultate liefern.» Heute im Stade de Suisse gegen YB.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |