Neue Bosse um Hüppi durchleuchten Finanzen
Schummel-Verdacht beim FC St. Gallen!

Die neuen St.-Gallen-Bosse um Matthias Hüppi (59) drehen jeden Stein um. Sie vermuten Unregelmässigkeiten und schicken Wirtschaftsprüfer in die Spur. Mit strafrechtlichen Folgen?
Publiziert: 16.12.2017 um 23:49 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 21:30 Uhr
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Matthias Hüppi und die neue Klubführung lassen die St. Galler Finanzen überprüfen.
Foto: KEY
Andreas Böni, Michael Schifferle und Matthias Dubach

Es ist die Sensation der Woche. Fernseh-Moderator Matthias Hüppi (59) wird als neuer St. Gallen-Präsident vorgestellt. Mit ihm kommt eine Gruppe von Ostschweizer Persönlichkeiten, die den Traditionsklub wieder gross machen sollen.

Doch hat Hüppi gewusst, was ihn erwartet? Zum einen drücken den Klub Altlasten in Millionen-Höhe. SonntagsBlick erfuhr: Die neuen St. Gallen-Bosse haben im Rahmen des Halbjahresabschlusses vertiefte Prüfungen angeordnet. Das heisst: Die Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers überprüfen die Bücher des letzten halben Jahres und drehen jeden Stein um.

Dies bestätigt Christoph Hammer, der neue Verwaltungsrat (Fokus Finanzen) des FC St. Gallen. Er sagt: «Ja, es wird eine Prüfung in ausgewählten Bereichen geben. Wir wollen die Verträge und Geldflüsse des letzten halben Jahres verstehen und analysieren.»

Es gilt die Unschuldsvermutung

Hammer selbst ist ein Schwergewicht der Schweizer Finanz-Branche. Der St. Galler ist Finanz-Chef der SBB. Er nennt keine Namen und sagt allgemein: «Grundsätzlich gilt für alle beteiligten Personen die Unschuldsvermutung.» Hammer sagt: «Wir gehen davon aus, dass die Prüfung in etwa bis Mitte Februar abgeschlossen ist.»

Ebenfalls untersucht wird eine Reihe von neuen Verträgen, die in den vergangenen Wochen geschlossen wurden.
Der Hintergrund: Vor etwas mehr als einem Monat beschneiden die Aktionäre die damaligen Bosse um Hernandez und Co. Stellvertretend sagte Aktionär Roland Gutjahr: «Der Verwaltungsrat darf vertragliche Verpflichtungen von Tragweite nicht mehr in Eigenregie abschliessen.»

Verwaltungsrat Christoph Hammer: «Wir wollen die Geldflüsse verstehen und analysieren.»
Foto: KEY

Doch genau das passiert: Nach SonntagsBlick-Informationen wurde eine Reihe von Verträgen eigenmächtig verlängert. Alles passierte quasi im Hinterzimmer – denn kommuniziert wurde es nicht. Rechtlich ist das vielleicht in Ordnung – moralisch ist aber klar, dass dies nicht im Sinne der Aktionäre war.

In der Verantwortung standen Ex-Präsident Stefan Hernandez und Nachwuchs-CEO Ferruccio Vanin. Hernandez sagt zu SonntagsBlick: «Der Verwaltungsrat tat nichts, was nicht innerhalb der gesetzlichen Vorschriften und seiner Kompetenzen lag.» Vanin selbst äussert sich nicht. Doch ganz unabhängig von der Detailprüfung der Situation wissen Hüppi, Hammer und Co schon heute, dass eine Herkules-Aufgabe auf sie zukommt.

Altlasten auf der Lohnliste

Auf der Lohnliste steht zum Beispiel eine Reihe von Altlasten, die dem Klub überhaupt nichts mehr bringen. Die Liste:

  • Ex-Boss Stefan Hernandez kassiert noch ein halbes Jahr lang sein Gehalt.

  • Ex-Trainer Joe Zinnbauer steht noch bis Mitte 2018 auf der Lohnliste. Ausser, er unterschreibt vorher irgendwo. Er ist bei Omonia Nikosia (Zypern) im Gespräch. Seine Ex-Assistenten Daniel Tarone und Martin Stocklasa sind bis Sommer ebenfalls verpflichtet.

  • Ex-Stadion-CEO Pascal Kesseli steht noch drei Monate auf der Lohnliste.

Und bereits heute weiss man, dass einige Zahlen auch sonst nicht rosig aussehen: Das Nachwuchs-Projekt Future Champs Ostschweiz (FCO) weist schon heute eine Budgetüberschreitung von rund 300 000 Franken aus! Bei einem Jahres-Etat von 4,4 Millionen. Bei den Business-Seats liegt man um 400 000 Franken unter Budget.

Bei den Zuschauer-Einnahmen (im Schnitt 400 Fans weniger als in der letzten Saison) brechen um die 300 000 Fr. weg. Kumuliert bildet dies eine Hypothek von mindestens 1,5 Millionen Franken, mit der die neue Crew startet. Man kann sich vorstellen, wie gross das Loch ohne den Verkauf von Albian Ajeti zum FC Basel wäre (dem FCSG blieben 1,5 Millionen Franken netto vom Transfer). Bereits im Sommer wies man einen Verlust von 2,6 Millionen Franken aus – bei einem Umsatz von 26,4 Millionen Franken in 2016/17.

Sponsoren hoffen auf Hüppi-Effekt

Und nun hat man mit der Ernennung von Hüppi schon eine Million Franken behalten können. Kurz nach seiner Inthronisierung konnte der TV-Moderator mit seinem Verwaltungsrat einen Sponsor und einen Logen-Besitzer überzeugen, nicht auszusteigen.

Stellvertretend die Ansicht von Andi Schmal, dem Geschäftsleiter von Frifag. Der Geflügelproduzent tritt als Gold-Sponsor auf. Schmal sagt: «Im letzten halben Jahr hatten wir kein Gesicht. Man hat uns gar nicht wahrgenommen.»
Hüppi sei nun «genau die richtige Person in diesem Zeitpunkt für unseren FCSG», so Schmal. Er sei «eine integre Ostschweizer Persönlichkeit» und habe einen «hervorragend besetzten VR im Rücken.»

Die Ex-Profis Stefan Wolf und Peter Germann, SBB-Finanzchef Hammer und Jurist Patrick Gründler bürgen für Kompetenz im Verwaltungsrat. Schmal: «Wir werden sicher langfristig davon profitieren.»

*****

Die Baustellen für Matthias Hüppi

Der Sportchef

Dringlichste Espen-Personalie: der neue Sportchef. Gespräche führte die alte Führung mit Ex-Nati-Goalie Pascal Zuberbühler und Meistertrainer Marcel Koller. Leipzig-Chefscout Johannes Spors fiel bei den neuen Aktionären durch.

Nach SonntagsBlick-Informationen sind zwei auf der Liste, die mit Hüppi zuletzt im TV waren. Der frühere HSV-Sportchef und Verbandsdirektor Peter Knäbel (51) sowie Ex-Nati-Spieler Benjamin Huggel (40). Zudem fällt der Name von Ex-Espen-Goalie Marcel Herzog (37).

Hüppi sagt, er habe schon konkrete Gespräche geführt. Und bei seiner Vorstellung kündigte er an: «Wir werden Sie nicht enttäuschen.» Sicher ist nur: Anfang Jahr soll der neue Mann zum Trainingsstart auf der Matte stehen.

Folgt Peter Knäbel (links) Matthias Hüppi vom Leutschenbach nach St. Gallen?
Foto: Toto Marti

Öffentlichkeitsarbeit

Hüppis Vorgänger Stefan Hernandez war branchenfremd, scheute sich vor der Öffentlichkeit. Auch intern heissts, er sei kaum zu greifen gewesen. Er sei abgetaucht, wenn er Präsenz und Stärke hätte markieren müssen. Warum etwa schickte er Trainer Giorgio Contini vor, um im Teleclub über Organigramme, Aktionäre und Finanzen zu debattieren? Contini erhielt gute Kritiken. Seltsam war die Absenz des Präsidenten gleichwohl.

Hüppis Auftrag ist simpel wielogisch: präsent sein, vermitteln, moderieren – seine Kernkompetenzen. Er sagte schon auf der Vorstellung: «Ich werde greifbar sein.»

Transfers

Wer auch Sportchef wird: Er muss liefern! Geld hat er kaum, Fantasie ist gefragt. Contini wünscht sich in jedem Fall einen Stürmer als Nachfolger Albian Ajetis (zum FCB) und einen Flügel. Er nähme auch einen zweiten Stürmer. Im Idealfall noch einen Defensivspieler.

Im Sommer wickelte Contini nach dem Abgang von Christian Stübi die Transfers mit dem damaligen VR Ferruccio Vanin ab. Verteidiger Yrondu Musavu-King und Mittelfeldspieler Stjepan Kukuruzovic holten sie ablösefrei, Sechser Peter Tschernegg für 200 000 Franken aus Wolfsberg. Viel mehr ist auch jetzt nicht drin. Naheliegende Lösung: Leihgeschäfte.

CEO Event AG

Pascal Kesseli ging Anfang September, danach führte Stefan Hernandez die Gesellschaft im Doppelmandat. Die Suche nach einem neuen CEO trieb er jedoch nicht energisch voran, obschon er beteuerte, dass er eine Ämterhäufung missbillige. Mit Philippe Montandon gewann Hernandez aber einen Ex-Profi fürs Sponsoring – einen mit grün-weisser Identität.

Hüppi sagt, das Tagesgeschäft müsse künftig in einem Dreieck funktionieren: aus ihm, dem Sportchef und dem CEO der Event AG.

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