Es ist windig am See im Zürcher Seefeld-Quartier. Doch Tomislav Stipic (39) hat die stürmischsten Wochen seiner Trainer-Karriere hinter sich. 33 Tage lang war er GC-Trainer. Mit inbegriffen ein Spielabbruch, ein Präsidenten-Rücktritt, ein CEO-Abgang und seine Entlassung. Noch ist das GC-Schiff nicht gesunken – aber am Samstag gegen Xamax (19 Uhr) droht es unterzugehen. Im Restaurant Frascati bei Cola und Kaffee spricht Stipic über seine GC-Zeit.
Herr Stipic, bei einer Pleite bei Xamax ist GC quasi abgestiegen. Fühlen Sie sich schuldig?
Tomislav Stipic: Nein, warum? Ich bin nach wie vor überzeugt, dass GC mit mir als Trainer auch in der nächsten Saison in der Super League spielen würde. Wir waren auf einem guten Weg.
Ihre Entlassung tat vielen Menschen leid. Aber mit Verlaub: In fünf Spielen gelang Ihnen kein einziger Sieg.
Vier Spiele waren es.
Wie bitte?
Jenes in Sion wurde abgebrochen. Es wurde uns die Möglichkeit genommen das Spiel noch zu drehen, siehe Derby. Aber, klar hätten wir gerne sofort all unsere Spiele gewonnen. Aber wenn du es nicht gewinnen kannst, dann darfst du es in unserer Situation zumindest nicht verlieren, um zu wachsen. Und das haben wir geschafft, Stabilität mit Mentalität entwickelt. Der erste Sieg hätte spätestens laut unserem Plan gegen Thun passieren müssen und bei Xamax war der nächste eingeplant. Was alles machbar ist.
Ihre Frau sagte, Sie seien verrückt, wenn Sie diesen Job annehmen. Man kann zusammenfassend vermelden: Sie sind verrückt.
Nein. Ich habe jeden Tag hier in Zürich genossen. Mit jedem Tag Abstand sage ich: Wir haben verdammt gute Arbeit geleistet in einer herausfordernden Situation. Ich schreibe ein Tagebuch, handgeschrieben. Jeder Tag darin ist positiv gewertet.
Hatten Sie zu wenig Ahnung vom Schweizer Fussball?
Nein, ich überlasse nichts dem Zufall und gehe immer vorbereitet in die Aufgabe. Wir haben intensiv gearbeitet, um uns schnell ein Bild zu machen und ab Tag 1 haben wir 24 Stunden für die Grasshoppers gelebt. Spiele analysieren und eine gewissenhafte Match-Vorbereitung gehört zu meinen Stärken, das kann ich Ihnen versprechen. Ich habe mich mit Versprechen und Sprüchen bewusst zurückgehalten und bin mir treu geblieben, wo Inhalt der Verpackung entspricht.
Hat Sie Ihre Entlassung schockiert?
Nein, ein Schock hat etwas mit einer Tragödie zu tun. Ich war einfach überrascht. Nie und nimmer hätte ich damit gerechnet. Unsere Arbeit und unser Umgang miteinander weckten Optimismus und Hoffnung in den Gesichtern der Menschen im inneren Zirkel.
Auch bei Präsident Stephan Rietiker?
Er war leider während meiner Zeit nur einmal im Campus und einmal beim Spiel gegen Lugano. Somit konnten wir keine Bindung zueinander aufbauen.
Wie hat er Sie entlassen?
Er hat mich angerufen und gesagt: Morgen bist du nicht mehr mein Trainer.
Ihre Antwort?
Ich fragte ihn: «Haben Sie sich das gut überlegt? Sie wissen, dass Sie es ohne mich nicht schaffen? Wir sind dabei, ein Siegerteam zu kreieren.»
Das ist doch schön geredet.
Nicht schön geredet, das ist nur der Prozess der Entwicklung im Fussball. Unser Plan ging über elf Spiele. Die Ist-Analyse haben wir nach eineinhalb Spielen und 15 Trainingseinheiten abgeschlossen. Sie lautete: Wir müssen das Selbstwertgefühl der Spieler steigern, indem wir das Kader verkleinern und die hohe Fluktuation in den Spielen stoppen. Somit kreierten wir eine neue Hierarchie im Team aufgebaut nach gesunden Kriterien und Leistungsprinzip. Positive Erfahrungen stellten sich danach schnell ein. Man blieb drei mal in Folge ungeschlagen. Nach 15 Spielen blieb man in St. Gallen wieder mal ohne Gegentor und gegen den FC Zürich kamen wir zurück im Derby. Das Team bekam immer mehr mein Gesicht und die Eigenschaften, die es braucht, um erfolgreich zu sein.
Stephan Anliker trat zurück, kurz nachdem er Sie holte.
Ja, und auch Manuel Huber und Georges Perego. Das half mir sicher nicht.
Was sagt Ihnen der Name Erich Vogel?
Ich kenne ihn nicht und habe ihn noch nie gesehen. Aber ich hätte ihn gerne kennengelernt. Er hätte mich ins Herz geschlossen.
Und Uli Forte?
Als ich mich von der Mannschaft verabschiedet hatte, bin ich ins Trainer-Büro, um meine Sachen zu holen. Da traf ich Uli Forte. Wir haben uns im Gang kennengelernt und begrüsst.
Wie geht es Ihnen menschlich?
Gut. Ich habe nichts zu verdauen. Ich wollte jeden Tag der beste Trainer sein, den dieser tolle Traditionsklub verdient. Wir haben strategisch gearbeitet und täglich grosse Fortschritte als Gemeinschaft gemacht. Wir hätten es gemeinsam verdient gehabt uns länger von unserer besten Seite zu zeigen.
Haben Sie mit Spielern noch Kontakt?
Ja, klar. Ich war noch in der Kabine, habe mich verabschiedet und wir haben alle zusammen ein Selfie gemacht. Einige haben geweint, es ging ihnen nahe.
Ihr nächster Schritt?
Wir haben eine saubere Vereinbarung getroffen und gehen im Guten auseinander. Ich bin nun frei für neue Chancen und voller Tatendrang. Ich würde gerne wieder in der Schweiz arbeiten, habe den Fussball und die Menschen hier kennen und lieben gelernt.
Tomislav Stipic ist heute ab 18 Uhr in der Sendung «kickoff» auf Teleclub Zoom zu sehen.
Tomislav Stipic ist heute ab 18 Uhr in der Sendung «kickoff» auf Teleclub Zoom zu sehen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Lugano | 18 | 6 | 31 | |
2 | FC Basel | 18 | 21 | 30 | |
3 | FC Lausanne-Sport | 18 | 9 | 30 | |
4 | FC Luzern | 18 | 3 | 29 | |
5 | Servette FC | 18 | 2 | 29 | |
6 | FC Zürich | 18 | -1 | 27 | |
7 | FC Sion | 18 | 4 | 26 | |
8 | FC St. Gallen | 18 | 6 | 25 | |
9 | BSC Young Boys | 18 | -4 | 23 | |
10 | Yverdon Sport FC | 18 | -12 | 17 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 18 | -10 | 15 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -24 | 13 |