Marco Streller offen wie nie
«Das ist kein öffentlicher Diskussionsstoff»

Marco Streller (37) kann heute seinen 
 ersten Titel als Sportchef holen. Was ihn nervt, wie er trotz 20 Mio. Einsparungen konkurrenzfähig bleiben will und warum er ein Bekenntnis zu Marcel Koller vermeidet.
Publiziert: 19.05.2019 um 13:04 Uhr
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Marco Streller spricht im Interview offenherzig.
Foto: TOTO MARTI
Andreas Böni (Interview) und Toto Marti (Fotos)

Marco, haben Sie eigentlich mit Yoga angefangen?
Marco Streller: Nein. Aber es steht weiter auf meinem Plan für die Zukunft.

Als wir das letzte Mal miteinander sprachen, hatten Sie die Work-Life-Balance noch nicht gefunden. Sind Sie inzwischen ausgeglichener?
Definitiv. Aber es ist ja auch um ­einiges ruhiger in der Rückrunde. Zudem sammle ich Erfahrungen. Und es gab ja auch Entscheidungen, die richtig waren. Zum Beispiel, dass wir seit Januar neue Fitness- und Konditionstrainer haben, das hat sich in der Rückrunde ausgezahlt.

Sie sind monatelang medial unter-getaucht, geben nur diese Woche vereinzelt Interviews. Warum?
Ob Sie es glauben oder nicht: Ich bin eigentlich lieber im Hintergrund.

Am Anfang redeten Sie gefühlt alle zwei Stunden zur Presse.
Es war ein turbulenter Start in die Saison, das gehörte nach dem Europa-League- und Champions-League-Aus, der Entlassung von Raphael Wicky und dem 1:7 bei YB zu meinen Aufgaben. Wir mussten uns als Führungsgremium mit Bernhard Burgener und Roland Heri auch erst mal finden. Jetzt ergänzen wir uns hervorragend. Bei den Themen Indien und E-Sports wurde mir viel Druck genommen, weil nun sie es waren, die sich öffentlich äusserten.

Stimmt es, dass Roger Federer Ihnen dazu geraten hat, weniger öffentlich aufzutreten?
Was ich mit Roger bespreche, bleibt privat. Aber ich tausche mich gern mit ihm aus. Uns ver-bindet die Liebe zum FCB. Und als ehemaliger Mannschaftssportler ist es immer unglaublich spannend, das Ganze aus der Sicht eines solch herausragenden Einzelsportlers zu hören. Ich war noch eine Spur zu unerfahren, holte mir zu viele Meinungen ein, um mich abzusichern. Mein Mentor ...

... Ihr Mentor? Wer ist das?
Verrate ich nicht.

Wir nehmen an, es ist eher Georg Heitz als Jean-Paul Brigger ...
... mein Mentor sagte mir: «Deine ersten Gedanken waren immer sehr gut. Doch dann hast du mit vielen Personen darüber geredet und bist Kompromisse ­eingegangen.» Im Dezember sagte ich mir dann: Ich trage Verantwortung, also mache ich es ab heute so, wie ich es für richtig empfinde. Schauen Sie, ich respektiere die Meinung der Fans, die dürfen emotional sein. Aber im Basler Umfeld hat es auch Besserwisser, die immer zu wissen glauben, wie man es machen müsste, aber nie Verantwortung übernehmen. Zudem empfinde ich es nicht als fair, uns immer mit Bernhard Heusler und Georg Heitz zu vergleichen. Der Fussball hat sich selbst in den letzten zwei Jahren verändert.

Einen Mohamed Salah aus Ägypten zu holen, wird nicht einfacher, wenn die grossen Klubs früh Millionen rausblasen.
Es ist sicher nicht mehr möglich, dass ein Spieler dieser Klasse eine Woche ins Probetraining kommt, wie es bei Mo der Fall war.

Und Sie müssen 20 Millionen Franken sparen.
Über Zahlen spricht Bernhard Burgener. Aber es ist sicher so, dass wir vieles optimieren müssen. Ich gehe diesen Weg aber mit.

Was heisst das fürs Kader?
Ohne Verkäufe werden wir nicht viel machen können. Grundsätzlich hat keiner eine Ausstiegsklausel, also hoffen wir, Spieler wie Omlin, Ajeti oder Okafor halten zu können. Und auch mit Suchy und Zambrano sind wir trotz auslaufender Verträge noch im Gespräch.

Kommt Kasami?
Er ist ein guter Spieler.

Mit 20 Millionen weniger kann man YB kaum angreifen.
Das Ziel für nächste Saison ist es in allererster Linie, den Abstand zu verringern. 23 Punkte, das ist zu viel. Über konkrete Ziele aber reden wir erst, wenn wir unser 
Kader für die Saison 2019/20 beisammen haben.

Wie wichtig wäre der erste Titel für Sie?
Sehr wichtig für die ganze Region, den Klub und das Projekt. Aber mein oberstes Ziel bleibt der Meistertitel in den nächsten Jahren.

Vor einem halben Jahr lag noch alles in Trümmern. Die Spieler beschwerten sich beim Präsidenten über Marcel Koller.
Wir haben seither kein Spiel mehr verloren ausser gegen YB. Die 
Situation war unschön, aber wir sind im Grossen und Ganzen wohl richtig damit umgegangen.

Es roch nach einem Machtkampf. Hinter vorgehaltener Hand hiess es, Koller oder Streller müsse gehen.
Meine Güte, was da alles geschrieben wurde.

Koller war nicht Ihr Wunsch-Trainer, stimmts?
Wer sagt so was? Das ist Quatsch.

Bleibt er im Sommer?
Sie glauben doch nicht, dass wir ein paar Tage vor dem Cupfinal und dem Saisonende Personalien im Klub, egal welche, öffentlich debattieren?!

Das ist kein Bekenntnis.
Das ist kein öffentlicher Diskus­sionsstoff.

Ein Cupsieg würde helfen. 
Welches war Ihr geilster Cupfinal als Spieler?
Jener 2012 mit dem Penaltyschiessen gegen Luzern, als sogar ich den Penalty versenkte.

Und Ihr schlimmster?
Das 0:3 gegen Sion im Jahr 2015.

Wie sehen Sie die Fan-Schande von Luzern?
Ich finde schlimm, dass Menschen sagen, man hätte nie das Trikot abgeben dürfen. Wenn man von aussen den Moralapostel spielt. Ich finde, das war deeskalierend. Für mich ist das Zentrale das Gespräch. Dieses jahrelange Im-Dialog-Bleiben mit den Fans ist sehr wichtig.

Beim FCB wurde auch schon die Geschäftsstelle versprayt.
Das geht natürlich nicht. Aber das ist Vandalismus, da gibts keine Verletzten. Doch wir sind Zweite und im Cupfinal. Man kann grössere Probleme haben. Gerade wenn 
wir am Sonntag den ersten Pokal unter der neuen Führung auf sicher hätten.

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