Erich Vogel, wer ist für Sie der beste Sportchef der Schweiz?
Erich Vogel: Ohne Zweifel Christoph Spycher. Er hat mit Chapuisat und Castella zwei hervorragende Assistenten geholt. Kein Klub in der Schweiz kann mit diesem Trio konkurrieren. Letzte Saison hat er mit Wagner den falschen Trainer engagiert. Doch dieses Jahr werden sie wieder mit Vorsprung Schweizermeister.
Seit Sommer ist Steve von Bergen Sportchef bei YB.
Von Bergen absolviert sein erstes Lehrjahr. Spycher hat das Sagen.
Was sind die wichtigsten Eigenschaften, die ein Sportchef braucht?
Die Winner-Mentalität. Im Fussball gibt’s keinen Ersatz für Siege. Nur Erfolge erhöhen das Selbstvertrauen von Trainern und Spielern. In keiner anderen Mannschaftssportart gewinnt ein eigentlich leistungsschwächeres Team so oft ein Spiel. Deshalb ist das Wichtigste, dass man es schafft, ein Erfolgsklima zu installieren. Zudem braucht’s Opferbereitschaft. Der Beruf verlangt während sieben Tagen und zwölf Stunden Entscheidungsbereitschaft. Bei Niederlagen wird man oft zum Krisenmanager, muss für den Trainer da sein und Konflikte im Team managen.
Was ist der grösste Fehler, den ein Sportchef machen kann?
Die Verantwortung für den Erfolg sich selbst zuzuschreiben und den Misserfolg den Trainern, Spielern oder dem Zufall anzulasten. Wer Verantwortung für den Misserfolg übernimmt, hat die Chance, zu lernen. Schuldzuweisungen sind Indikatoren von «Verlierern». Von diesen muss sich der VR trennen!
Blick bewertet die «Sportchef-Arbeit» von FCB-Boss David Degen als knapp genügend. Zu Recht?
Das ist eine strenge Beurteilung. Degen hat seinem von ihm ausgewählten Trainer Alex Frei das zweitbeste Kader hingestellt. Nur YB hat ein besseres Kader. Für die bisher eher enttäuschenden Resultate muss allein Frei die Verantwortung übernehmen, denn Führungsverantwortung ist nicht teilbar. Degen und Frei scheinen mir gegenwärtig unter Hochspannung zu stehen. Turbulente Winterstürme sind angesagt.
Marinko Jurendic vom FCZ belegt den letzten Platz. Einverstanden?
Der letzte Platz ist übertrieben. Aber sein Nimbus von letzter Saison ist aktuell sicher stark angekratzt.
Was waren seine Fehler?
Die Verpflichtung von Franco Foda als Cheftrainer und die Vertragsverlängerung mit Blerim Dzemaili. Keine Frage: Blerim hat Grosses für den FCZ geleistet, der Titel nach seiner Rückkehr macht ihn unsterblich. Die Vertragsverlängerung zeugt von grosser Dankbarkeit. Aber ein Leader wie Dzemaili hat nur dann positiven Einfluss, wenn er noch Topleistungen abliefert. Das konnte er zuletzt nicht mehr. Die Spieler haben ihm wahrscheinlich noch zugehört – sind ihm aber nicht mehr gefolgt. Man hätte ihm den Rücktritt schmackhaft machen und ihm zum Beispiel eine Stelle als dritter Assistent anbieten können. Sein Einfluss wäre mit Sicherheit erhalten geblieben.
Welches ist der wichtigste Indikator für einen Trainerwechsel?
Die Schonzeit, welche die Spieler einem Cheftrainer gewähren, dauert nicht lange. Sie ziehen immer drei Kriterien in ihr Kalkül ein: Kann er uns zu Siegen führen? Kann er mich besser machen? Ist er vertrauenswürdig und loyal? Wird eine Mehrheit der Führungsspieler diese Fragen negativ beantworten, hat der Sportchef keine andere Wahl, als den Trainer zu entlassen!
Was muss ein Sportchef bei der Wahl seiner Mitarbeiter beachten?
Er muss unbedingt auch Querdenker in sein Führungsteam integrieren. Wenn ein Sportchef nur Mitarbeiter einstellt, die ihm nie widersprechen, wird er nicht immer die optimalen Entscheidungen treffen. Kein Mensch hat nur gute Ideen, findet für ein Problem immer die beste Lösung. Daher suchen sich erfolgreiche Sportchefs nur Mitarbeiter aus, die sich getrauen, Fehler anzusprechen und ihre Sichtweisen einzubringen.
Waren Sie von all Ihren Personalentscheiden überzeugt?
Nein. Zweifel sind der treueste Begleiter eines Sportchefs. Bei keinem einzigen Engagement war ich mir sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nicht mal bei Hitzfeld, Gross oder Fringer als Trainer. Auch nicht bei Türkyilmaz, Elber oder Rufer als Spieler. Das Absurde daran war, dass ich vor der Unterschrift meistens überzeugt war. Doch kaum waren die Verträge unterzeichnet, kamen Zweifel auf. Das bedeutet Unsicherheit und Verletzlichkeit. Schlaflose Nächte waren die Folgen.
Sie haben in Ihrer Karriere rund 20 Cheftrainer eingestellt…
… es waren 18. Mit Yakin, Hitzfeld, Kuhn, Fringer, Beenhakker, Jeandupeux und Guillou erreichten sieben den Status eines Nationaltrainers.
Welche Verpflichtung war Ihr grösster Fehler?
Den Welttrainer Leo Beenhakker zu GC zu holen. Paradox dabei ist, dass ich für diesen Deal von allen Seiten mit Lob überschüttet wurde, obwohl die Resultate von Anfang an nicht stimmten. Es endete in einer Katastrophe, wir mussten mit Spielern wie Elber, Sforza, Sutter, Bickel, Koller, Gren, Brunner und Yakin in die Abstiegsrunde. Für die kurzfristigen Resultate ist immer der Cheftrainer verantwortlich. In diesem Falle also Beenhakker. Doch nicht er wurde dann in Frage gestellt, sonders ich wurde aufs Heftigste kritisiert und aufs Übelste beschimpft.
War Beenhakker Ihr einziger Trainer-Flop?
Leider nein. Bei Georges Bregy und Roger Hegi hatte ich bereits vor der Entscheidung ein mulmiges Gefühl. Ich mochte sie eigentlich nicht. Ich fühlte mich schon bei der ersten Begegnung mit ihnen nicht wohl. Meine Intuition warnte mich unmissverständlich, diese beiden als Trainer zu engagieren.
Warum haben sie es trotzdem getan?
Weil ich glaubte, dass ich es trotz meiner Vorbehalte schaffen würde, mit ihnen eine erfolgsversprechende Beziehung aufzubauen. Doch das gelang mir überhaupt nicht. Meine kritischen Gefühle entwickelten sich zu einem eigentlichen Misstrauen und endeten mit einer totalen Ablehnung. Mir war damals zu wenig bewusst, dass beide Trainer mein Unbehagen wahrnahmen und mein Misstrauen spürten. Ich brachte sie mit meiner Skepsis in eine schwierige Situation. Sie konnten ihr Bestes nicht abrufen. Ihr Scheitern bei GC und dem FCZ war deshalb vorprogrammiert. Dies habe ich zu verantworten.
Ungewohnt selbstkritisch.
Dazumal hätte ich mein Fehlverhalten niemals zugegeben. Hätte ich die Einsicht und die Grösse gehabt, meinen Fehler mit Beenhakker einzugestehen, wäre mir mit grösster Wahrscheinlichkeit derselbe Fehler mit den Engagements von Hegi und Bregy nicht nochmals passiert.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |