Manager-Legende Erich Vogel (76) schreibt über das YB-Desaster unter Fredy Bickel
«Forte zu holen war ein Fehler!»

Fredy Bickel ist als Sportchef bei YB nicht mehr annehmbar, schreibt Erich Vogel. Stattdessen sollten Gerber oder Spycher die Stelle übernehmen.
Publiziert: 08.08.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 11:20 Uhr
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«Bürki-Verkauf kostete Millionen» Erich Vogel.
Foto: Toto Marti
Von Erich Vogel

«Die wichtigste, aber auch schwierigste Aufgabe eines Sportchefs ist erstens die richtige Trainerwahl und zweitens das Zusammenstellen einer schlagkräftigen Mannschaft. Fredy Bickel hatte diese Aufgabe beim FCZ hervorragend gelöst.

Mit Lucien Favre und Urs Fischer hatte er zwei aussergewöhnliche Trainer engagiert. Zusammen mit Präsident Canepa wurde der FCZ der einzige gefährliche Widersacher des FCB – und das mit einem viel tieferen Budget als die Basler. Bickel durfte sich zurecht zusammen mit Georg Heitz als der fähigste Sportchef in der Super League fühlen.

Bei YB hat Bickel das alleinige Sagen. Er hat in den vergangenen zweieinhalb Saisons vieles sehr gut gemacht. Mit Von Bergen, Vilotic, Sanogo, Steffen und Hoarau verpflichtete er überdurchschnittliche Spieler. Der Einbau der jungen Mvogo, Hadergjonaj, Bertone brauchte viel Mut und zeigte sein gutes Auge für Nachwuchsspieler.

Doch Bickel sind auch einige Fehler passiert, wie sie jedem Sportchef unterlaufen können.

Er hat das Potenzial von Roman Bürki nicht richtig eingeschätzt. Diesen an GC zu verscherbeln hat YB Millionen gekostet. Bürki wird bei Dortmund zur Weltklasse aufsteigen. Obwohl Mvogo ein äusserst talentierter Torhüter ist, wird er die Klasse von Bürki kaum erreichen.

Der zweite folgenschwere Fehler Bickels ist das Engagement von Uli Forte. Dieser ist zweifelsfrei ein guter Trainer – aber mit Bestimmtheit der falsche für YB. Forte verliess GC trotz laufendem Vertrag mit der Begründung, dass die Mannschaft von GC eine «ausgepresste Zitrone sei».

GC unter einem sehr mittelmässigen Skibbe erreichte den 2. Schlussrang mit sechs Punkten Vorsprung vor Fortes YB. Wer das Potenzial der eigenen Mannschaft nach einem Jahr nicht richtig einschätzen kann, darf sich nicht wundern, dass an seiner Fussballkompetenz gezweifelt wird.

Bickel hätte wissen müssen, dass Forte ein guter Motivator mit einem sehr hohen Arbeitsethos ist – die Fussballtaktik gehört allerdings nicht zu seinen Stärken. Trainer als Motivatoren nützen sich sehr schnell ab. Forte kann tatsächlich eine Mannschaft innert kurzer Zeit auf Vordermann bringen, das hat er mit St. Gallen und GC gezeigt – aber den Beweis, ein Erfolgstrainer über längere Zeit zu sein, ist er bis heute schuldig geblieben. Forte mit 500'000 bei GC herauszukaufen und ihm einen Dreijahresvertrag zu geben war ein zweiter gravierender Fehler von Bickel.

Bickel ist viel zu intelligent und erfahren, um Fortes Schwächen nicht schon nach seiner ersten Saison bei YB bemerkt zu haben. Einen Fehler bei der Trainerwahl zu begehen ist keine Schande. Das passierte allen Sportchefs. Der FCB hat in den vergangenen vier Jahren vier verschiedene Trainer engagiert – da ist bei der Trainerwahl einiges nicht optimal gelaufen. Auch ich habe bei GC nach dem Erfolgstrainer Hitzfeld mit Beenhakker eine falsche Trainerwahl getroffen – mit dem Holländer sind wir mit einem grandiosen Spielerkader beinahe abgestiegen.

Im Gegensatz zu Bickel habe ich aber sofort gehandelt und Beenhakker schon nach neun Monaten den Vertrag nicht mehr verlängert. Das stiess im Klub auf grosses Unverständnis und mit der Wahl des bis dahin unbekannten Christian Gross bin ich ein grosses Risiko eingegangen. Hätte er GC nicht sofort den Erfolg zurückgebracht, wären wir beide in die Wüste geschickt worden!

Bickel hat mit seinem Festhalten an Forte eine einmalige Chance verpasst, den optimalen Trainer zu YB zu holen. Was Trainer Fischer und Sportchef Gerber mit dem FC Thun in den letzten Jahren erreicht haben, ist gleichzusetzen mit den Erfolgen von Präsident Heusler und Sportchef Heitz beim FCB.

Die Basler haben Bickel den idealen YB-Trainer Fischer vor der Nase weggeschnappt. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Bickel-YB in den nächsten Jahren dem FC Basel nicht wirklich gefährlich werden wird. Bickels Ansehen ist stark beeinträchtigt – das werden auch die Gebrüder Rihs in der Zwischenzeit gemerkt haben.

Bickel weiss sehr genau, dass ihm bei YB zu viele Fehler unterlaufen sind und er eigentlich seinen Job zur Verfügung stellen müsste. Das wäre er den Gebrüdern Rihs schuldig, die vorbildlich schon Dutzende von Millionen in den Club investiert haben ohne den langersehnten Titel eingefahren zu haben. Bickel ist nach wie vor ein guter Sportchef. Daran zweifle ich nicht im Geringsten. Sein Festhalten an einem Superjob kann ich natürlich nachvollziehen.

Ein solches Gehalt wird er nicht mehr so schnell erhalten. Es zeigt mir aber auch, dass Bickels Selbstbewusstsein enorm gelitten hat. Bei nüchterner Betrachtungsweise wird sich Bickel das auch eingestehen. Ohne Selbstvertrauen ist im Fussball aber gar nichts zu gewinnen!

Ich kann mir nicht vorstellen, dass der führungserfahrene Andy Rihs denselben Fehler begeht wie Bickel mit Fischer – den in nächster Nähe arbeitenden hochqualifizierten Andres Gerber zu übersehen. Aber es würde mich nicht überraschen, dass Rihs bereits davon weiss, mit Christoph Spycher einen hoch talentierten zukünftigen Sportchef im Führungsstaff von YB zu haben.»

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
Vogel und Bickel

Erich Vogel (76) galt bei GC einst als Ziehvater von Fredy Bickel (50). Der heutige YB-Sportchef war als Buchhalter eingestellt worden, wurde dann Pressesprecher und von Manager Vogel immer mehr gefördert. Zuletzt befanden sich die beiden allerdings im Rechtsstreit: Vogel wurde wegen Gehilfenschaft zu versuchter Erpressung Bickels zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt.

Erich Vogel (76) galt bei GC einst als Ziehvater von Fredy Bickel (50). Der heutige YB-Sportchef war als Buchhalter eingestellt worden, wurde dann Pressesprecher und von Manager Vogel immer mehr gefördert. Zuletzt befanden sich die beiden allerdings im Rechtsstreit: Vogel wurde wegen Gehilfenschaft zu versuchter Erpressung Bickels zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt.

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