Kutesa spricht nach Eklat
«Ich bin stolz darauf, schwarz zu sein»

Nach dem Auftaktspiel in Luzern wird Dereck Kutesa von einem FCL-Anhänger auf den sozialen Netzwerken rassistisch beleidigt. Nun äussert sich der Servette-Stürmer gegenüber Blick erstmals öffentlich zu diesem Vorfall.
Publiziert: 01.08.2024 um 12:07 Uhr
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Aktualisiert: 01.08.2024 um 12:14 Uhr
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Dereck Kutesa beim Nati-Zusammenzug im März in La Manga.
Foto: TOTO MARTI
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Tim GuilleminRedaktor Sport

Servette-Stürmer Dereck Kutesa (26) erlebt eine böse Überraschung, als er nach dem Sieg zum Saisonauftakt in Luzern auf sein Handy schaut: Ein FCL-Fan fragt ihn mit einem Bild einer Banane, ob diese sein Lieblingsessen sei. Ein unerträglicher Akt des Rassismus, den der Spieler sofort über seine sozialen Netzwerke verbreitet.

Blick trifft sich nach dem Training im Stade de Genève mit Kutesa, dem der Start in die Saison mit zwei Toren in drei Spielen hervorragend gelungen ist. Wie stark hat ihn diese Botschaft getroffen? Wie geht es ihm?

Zumindest dem Anschein nach ist alles in Ordnung. Der Genfer versichert, dass er mental stark sei und mit der Situation umgehen könne. «Ich kann nicht sagen, dass ich gut damit klarkomme und es mich kaltlässt, aber es beeinträchtigt mich nicht. Denn ich weiss, wer ich bin, und ich bin stolz darauf. Ich schäme mich für nichts. Für mich ist der Sender der Botschaft derjenige, der sich erniedrigt. Und nicht der Empfänger», sagt er ruhig.

Es sei nicht das erste Mal, dass er eine solche Nachricht erhalte. «Seitdem ich wieder in der Schweiz bin, wurde ich etwa 15-mal mit dem Thema Rassismus konfrontiert», so Kutesa. Es ist jedoch das erste Mal, dass er eine solche Nachricht auf seinen sozialen Netzwerken veröffentlicht.

«Als würde die Nachricht mich dazu auffordern»

Warum gerade dieses Mal? «Weil es sich zuvor um private Nachrichten handelte, von denen man einen Screenshot machen musste», sagt Kutesa. In diesem Fall sei es eine interne Story gewesen, die man öffentlich habe teilen können. «Es war nur ein Klick. Es war wie ein Geistesblitz. Als ich sah, dass die Option ‹Teilen› angezeigt wurde, dachte ich mir, dass ich das tun würde. Damit jeder sehen kann, was er mir geschickt hat. Normalerweise lasse ich es durchgehen, mache nichts, antworte nicht einmal. Aber da ich die Möglichkeit hatte, einfach auf ‹zur Story hinzufügen› zu klicken, habe ich das getan. Es war ein bisschen so, als würde die Nachricht mich dazu auffordern», erklärt Kutesa, der im Frühjahr sein bisher einziges Länderspiel für die Nati absolviert hat.

Die Reaktionen auf den Fall sind zahlreich. Auch vom FC Luzern, der ankündigt, die Person, die diese Nachricht verschickt hat, identifizieren zu wollen, um sie mit einem Stadionverbot zu belegen. Um das Verfahren in Gang setzen zu können, musste Kutesa jedoch eine Klage einreichen, was er am Montag auch getan hat.

Härtere Strafen gefordert

Was erwartet er von dieser Klage? «Dass der Täter verurteilt wird. Dass andere Leute zum Nachdenken gebracht werden, die vielleicht das Gleiche tun wollen. Und dass er lernt. Dass die Leute lernen. Ich denke, dass es exemplarische Strafen und Sanktionen geben muss. Nicht ein Stadionverbot und nach ein oder zwei Jahren kommt er wieder ins Stadion und alles ist gut. Etwas, das Eindruck hinterlässt. Ich denke, um etwas zu bewegen, braucht man Strafen, die ins Gewicht fallen. Nicht nur eine symbolische Busse, die am nächsten Tag vergessen ist und keine Wirkung hat.»

Vor etwa zehn Jahren war Alain Joseph, der damalige Präsident von Lausanne-Sport, Ziel einer antisemitischen Hassbotschaft eines Lausanne-Fans geworden. Joseph organisierte ein Treffen mit dem Fan, um herauszufinden, woher das Übel kam und versuchte, mit einem Gespräch beim Täter etwas zu bewirken.

Kutesa stimmt diesem Vorgehen zu. «Bei der Polizei wurde ich gefragt, ob ich über das Verfahren auf dem Laufenden gehalten werden und ob ich die Person vor Gericht treffen wolle. Ich habe Ja gesagt, denn ich möchte die Person fragen, warum sie mir diese Nachricht geschickt hat. Einfach wissen, warum.» Am Tag, an dem dieser identifiziert und vor Gericht geladen wird, wird Kutesa die Gelegenheit erhalten, ihn zu konfrontieren. Sein Ziel ist es, die Wiederholung solcher Schandtaten zu verhindern und die Einstellung der Menschen zu ändern.

Es beginnt bei der Erziehung

Für Kutesa ist klar: «Rassismus beginnt schon bei der Erziehung zu Hause. Ich glaube nicht, dass man als Rassist geboren wird. Man wird ein solcher, weil jemand im Umfeld diese Person beeinflusst, weil die Leute um diese Person herum ihr etwas in den Kopf setzen», erklärt der Genfer. Er betont aber, dass ein solches Gespräch – auch wenn es so verläuft, wie er sich es vorstellt – seinen Wunsch nach einer Strafe nicht mindern werde.

Kann er Milan-Torhüter Mike Maignan verstehen, der während eines Spiels den Platz verlassen hat, nachdem er rassistisch beschimpft worden ist? Oder ist Gleichgültigkeit die bessere Option? «Ich denke, jeder reagiert auf seine Weise. Und er ist viel bekannter als ich, er spielt in Stadien mit 60'000 oder 70'000 Zuschauern, ich kann nicht beurteilen, wie sehr es ihn beeinflusst, wenn er alle paar Minuten Schmährufe hört. Mir ist das während eines Spiels noch nie passiert.»

«Niemand sucht sich seine Hautfarbe aus»

Auch wenn Dereck Kutesa versichert, dass ihn die Situation nicht getroffen habe, war er dennoch von der Solidarität und den Reaktionen nach seinem Re-Post auf Instagram berührt. «Ich habe viel Unterstützung in den sozialen Netzwerken erhalten, auch von Fans aus Luzern und anderen Vereinen in der Schweiz. Und innerhalb meines Klubs hat natürlich jeder ein Wort mit mir gewechselt.»

Seine Angehörigen will Kutesa schützen. Seine Schwestern sind in seinen Accounts zu sehen, seine Eltern nicht. «Mir ist es lieber, wenn sie nichts wissen. Vielleicht sehen sie die Artikel nun in der Zeitung, aber wenn ich ruhig und nicht betroffen bin, werden sie es auch nicht sein.» Eine klare Botschaft ist dem gebürtigen Genfer wichtig: «Niemand sucht sich seine Hautfarbe aus. Ich bin stolz darauf, Schwarz zu sein. Ich komme aus Angola und bin Schweizer. Daran kann auch dieser Vorfall nichts ändern.»

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
18
6
31
2
FC Basel
FC Basel
18
21
30
3
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
18
9
30
4
FC Luzern
FC Luzern
18
3
29
5
Servette FC
Servette FC
18
2
29
6
FC Zürich
FC Zürich
18
-1
27
7
FC Sion
FC Sion
18
4
26
8
FC St. Gallen
FC St. Gallen
18
6
25
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
18
-4
23
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
18
-12
17
11
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
18
-10
15
12
FC Winterthur
FC Winterthur
18
-24
13
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