Der SC Amiens ist ein Kleinklub ganz im Norden von Frankreich. Einmal, 2017, steigt er in die Ligue 1 auf. Mittendrin: Jordan Lefort, der Junge aus Paris. Acht Saisons macht der Verteidiger in der 133’000-Einwohner-Stadt. Er wird zur Legende dort.
Als er bei YB im Februar 2020 einen Leihvertrag unterschreibt, schreibt ein anderer diese Zeilen in einem offenen Brief auf der Plattform «le11amiennnois.fr»: «Du warst die wunderbare Inkarnation dieses verrückten Aufstiegs in der Hierarchie des SC Amiens. Du hast als Symbolfigur die Werte des Klubs hochgehalten, die den Erfolg erst möglich gemacht haben. Dein Betragen war beispielhaft und professionell.»
Er heisst Jordan wegen Basketballer Michael
Da muss einer aber mächtig Eindruck hinterlassen haben! «Ich habe bei Amiens alles gesehen. Von den Niederungen der dritten Liga bis zum Aufstieg in die Ligue 1. Das war der erste in der damals 116-jährigen Geschichte des Klubs. Der Brief ist vielleicht so zu erklären», sagt der Mann, der seinen Vornamen deshalb hat, weil sein Vater ein grosser Fan von Basketball-Legende Michael Jordan war.
Vielleicht ist der Brief mit dem historischen Aufstieg zu erklären. Aber nicht nur. Denn ohne eine spezielle Persönlichkeit hinter dem fleissigen und seriösen Arbeiter hätte der Redaktor diese Zeilen niemals verfasst. Denn Lefort ist einer, für den das Leben nicht nur aus einer Kugel besteht. So sagt er vom Wechsel von Amiens zu YB, das sei eine «persönliche Renaissance» gewesen, weil es ihm in Amiens zuletzt nicht mehr nach Wunsch gelaufen sei. Wiedergeburt. Sehr schön.
«Der Beruf des Fussballers ist nicht zu unterschätzen und anspruchsvoll»
Er hatte keine grosse Ahnung, was ihn in Bern erwarten würde. «Die Super League wird in Frankreich nicht gross mediatisiert. Das Niveau hat mich dann positiv überrascht.» Doch vor allem fand er etwas wieder, was ihm ganz wichtig ist: «Das Familiäre, das ich aus Amiens kannte, herrscht auch beim grösseren YB.»
Lefort war zufrieden – und lieferte. Mittlerweile ist er gar die Nummer eins auf der Position des linken Aussenverteidigers. Trotz der Konkurrenz durch den wahrscheinlich talentierteren Ulisses Garcia. So waren denn auch Sportchef Christoph Spycher und seine Crew hoch zufrieden mit dem 27-Jährigen. Im Sommer 2020 macht Spycher deshalb von der Kaufoption Gebrauch und überweist Amiens rund 800'000 Euro. Lefort kriegt einen Vertrag bis 2023. «Das war ein schöner Vertrauensbeweis», sagt der Pasta-Liebhaber.
Ein Spiel wie dieses 0:3 bei Ajax Amsterdam am Donnerstag, als auch Lefort dem Tempo und der Technik der Holländer Tribut zollen muss und ganz schön durch den Kakao gezogen wird, ändert natürlich nichts an der generellen Beurteilung.
Lefort verteidigt den Job des Fussballers und lehnt sich gegen das Image auf, das im Volk zu Unrecht vorherrsche. «Dieser Beruf ist nicht zu unterschätzen und anspruchsvoll. Man muss viel opfern. Ich zum Beispiel verliess mein Elternhaus mit fünfzehn. Man hat jeden Tag Konkurrenzkampf. Jeden Tag! Das ist mental nicht einfach. Du musst dich deshalb permanent in Frage stellen und immer Leistung bringen. Sonst verlierst du deinen Platz. Und wenn es mal nicht läuft, musst du eine Familie haben, die deine Laune erträgt.»
Fischen, Lesen und ein alter Kia
Das ist die eine Seite. Dieser Druck. Die nötige mentale Stärke. Das andere ist die Zeit nach dem Fussball. «Ich schalte zu Hause schon ab. Ich liebe Fussball über alles. Aber in erster Linie, wenn ich selber spiele. Am TV schaue ich praktisch nur die ganz grossen Spiele. PSG in der Champions League und so. Oder die Ligue 2, weil dort Amiens nun spielt und viele Kumpels von mir. Sonst aber weiss ich schon jetzt: Ich will nach dem Fussball etwas anderes machen.»
Und auch da sind die Vorstellungen jetzt schon klar umrissen: «Ich nehme Fernkurse, um meine Kenntnisse im Immobilienbusiness zu vertiefen. Das sind Module, die in einem Diplom münden sollen. Nach dem Fussball will ich in einer Immobilienfirma arbeiten mit dem Ziel, dereinst meine eigene Firma zu haben. Mich fasziniert diese Branche.»
Abschalten kann er beim Fischen oder Lesen. Oder wenn er mit seinem Kia Jahrgang 2015 unterwegs ist, den er letztes Jahr aus Frankreich mitgebracht hat. «Ich habe ihn immer noch, auch wenn ich ihn nun weniger brauche, da ich einen Dienstwagen von YB habe. Ich habe ihn zu der Zeit gekauft, als ich in der dritten Liga kickte. Da verdiente ich nicht wirklich viel. Generell würde ich aber niemals 100'000 Euro für ein Auto ausgeben.» Lefort würde es in eine Immobilie stecken. Das sei viel rentabler.
Verfolgen Sie das Super-League-Spiel St. Gallen – YB ab 16 Uhr im BLICK-Ticker.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Lugano | 18 | 6 | 31 | |
2 | FC Basel | 18 | 21 | 30 | |
3 | FC Lausanne-Sport | 18 | 9 | 30 | |
4 | FC Luzern | 18 | 3 | 29 | |
5 | Servette FC | 18 | 2 | 29 | |
6 | FC Zürich | 18 | -1 | 27 | |
7 | FC Sion | 18 | 4 | 26 | |
8 | FC St. Gallen | 18 | 6 | 25 | |
9 | BSC Young Boys | 18 | -4 | 23 | |
10 | Yverdon Sport FC | 18 | -12 | 17 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 18 | -10 | 15 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -24 | 13 |