Harte Fragen an den YB-Boss
Wann wird der Trainer zum Thema, Christoph Spycher?

Nach dem monumentalen Fehlstart gehts bei YB drunter und drüber. In diesen Wirren versucht Obersportchef Christoph Spycher ruhig Blut zu bewahren. Am Ende des Gesprächs redet er sich doch ein bisschen in Rage.
Publiziert: 10.08.2024 um 05:24 Uhr
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Aktualisiert: 12.08.2024 um 09:51 Uhr
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YB hat in vier Meisterschaftsspielen erst einen Punkt geholt.
Foto: Urs Lindt/freshfocus
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Alain KunzReporter Fussball

Blick: Christoph Spycher, legen wir ohne Umschweife los: Warum holt YB nicht endlich eine Leaderfigur, wie sie Guillaume Hoarau oder Fabian Lustenberger waren?
Christoph Spycher: Solche Spieler sind nicht einfach zu finden. Da muss auch das Timing stimmen. Zudem warten potenzielle Verstärkungen, die Hoffnung auf einen Verein in den Top-Five-Ländern haben, noch ab und gehen nicht jetzt zu einem Verein wie YB.

Hortet YB das Geld?
(lacht) Wir gehen wie immer sorgfältig mit dem Geld um und wollen nachhaltig erfolgreich sein. Wir sind bereit zu investieren, aber es muss bei einem Transfer alles passen.

Das Positive am sportlichen Misserfolg: Bei den extremen erfolgsbezogenen Verträgen, die YB hat, spart man viel Geld …
Erfolg ist immer viel besser als Prämien zu sparen. Unser Lohnsystem honoriert gute Leistungen, das stimmt.

Das Schema mit Neuzuzügen aus Frankreich, vornehmlich der Ligue 2, hat sich zuletzt gehäuft. Beackert YB keine anderen Märkte mehr?
Wir sind in alle Richtungen offen, für den ganzen Markt. Letzte Saison haben wir Spieler aus Italien, Spanien, Polen, Schweden und Deutschland geholt. Wir haben mit Transfers aus Frankreich gute Erfahrungen gemacht. Das hat eine gewisse Sogwirkung für Spieler.

Weshalb braucht YB einen dritten Linksverteidiger?
Wir wollten da einen Spieler, der Wettkampferfahrung hat. Zumal Abdu Conté auch in einer Dreierverteidigung links spielen kann.

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«Die Spieler brauchen jetzt mehr Unterstützung»
Christoph Spycher
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Weshalb braucht YB einen dritten Assistenztrainer?
Wir sind ständig mit der Frage beschäftigt, wie wir uns verbessern können. Gerade in der aktuellen Situation ist es wichtig, die maximale Energie zur Mannschaft zu bringen. Die Qualitäten von Matteo Vanetta passen als Ergänzung optimal. Patrick Rahmen hat das von Beginn weg eine gute Sache gefunden. Matteo kann zusätzliche Dinge einbringen in einer Phase, in der die Spieler mehr Unterstützung brauchen, weil die meisten noch nie mit drei Niederlagen in die Saison gestartet sind.

Vor zwei Jahren haben Sie gesagt, Vanetta könne nicht im Staff der ersten Mannschaft bleiben, weil er sich als Cheftrainer beworben habe. Nur zwei Jahre später spielt das schon keine Rolle mehr?
Matteo wurde sich nach dem Job als Interimscoach bewusst, dass er seine Qualitäten auf diesem Posten nicht am besten einsetzen kann. Es konnte damals nicht nahtlos weitergehen. Aber jetzt ist eine neue Ausgangslage, die Konstellation stimmt. Matteo hat keine Ambition zum Cheftrainer mehr. Bei Joël Magnin haben wir von Beginn weg gesagt, er gehe danach in seinen Job als U21-Coach zurück, um ihn zu schützen, damit er nicht in eine Situation wie Matteo gerät.

Haben Sie nach wie vor das letzte Wort bei Transfers?
Seit ich 2016 Sportchef geworden bin, sind Transfers bei YB Teamarbeit. Es gibt bei Spielern immer verschiedene Meinungen. Wir diskutieren über die Profile und am Ende entscheiden wir gemeinsam. Das hat sich sehr bewährt.

Aber am Ende hält Spycher den Daumen rauf oder runter.
Nein. Wir sind nicht hierarchisch organisiert. Es gibt auch keine Abstimmungen. Es wird abgewogen und diskutiert. Am Schluss finden wir einen Entscheid, hinter dem alle stehen können.

Können Sie die momentane Wut der Fans nachvollziehen?
Ich weiss nicht, ob Wut das richtige Wort ist. Natürlich verstehen wir die Enttäuschung, wir sind selber am meisten enttäuscht. Wir haben die Messlatte mit unseren Erfolgen hochgelegt. Aber es geht nun darum, diese Situation anzunehmen und weiterhin die besten Entscheide für YB zu fällen.

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«Transfers sind Teamarbeit»
Christoph Spycher
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Die Kritik fokussiert sich vor allem auf Von Bergen. Haben sie eine Erklärung dafür?
Nein, das verstehe ich überhaupt nicht. Steve gibt alles für YB und macht aus meiner Sicht einen sehr guten Job. Er hat in seinen ersten zwei Jahren als Sportchef zwei Meistertitel geholt, einen Cupsieg und eine Champions-League-Qualifikation.

Aber sie haben ursprünglich Pirmin Schwegler gewollt, der dann abgesagt haben soll.
Es gab auf dem Markt nicht viele Leute, die wir uns vorstellen konnten. Einer davon war Steve. Zum Glück hat er unser Angebot angenommen.

Auch sie werden von Kritik nicht verschont. Vor allem ihre Machtfülle ist vielen ein Dorn im Auge, seit sie Mitinhaber des Klubs sind.
Mir ist wichtig, was die Menschen sagen, die mich kennen und mit mir zusammenarbeiten. Wenn sie irgendjemanden finden, mit dem ich in den letzten Jahren gearbeitet habe, auch als Spieler, der sagt, ich sei kein Teamplayer und es gehe mir um Macht, dann bin ich sehr gespannt, wer das ist. Ein Teamplayer zu sein, hat für mich einen enorm grossen Wert. Das versuche ich jeden Tag vorzuleben.

Und wenn ich da den Namen von Ex-CEO Wanja Greuel nenne, der derart in die Enge getrieben wurde, bis er selber kündigte?
Da müssen Sie ihn fragen. Ich kann das nicht beantworten.

Dennoch: Der Abgang von Greuel war unschön. Am Schluss wurde er zur persona non grata erklärt. Das hätte doch auch in Würde geschehen können.
Es ist immer schade, wenn sich Wege im Unschönen trennen. Mehr kann ich nicht sagen.

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«Es wird keinen CEO mehr geben»
Christoph Spycher
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Aus rechtlichen Gründen?
Das haben Sie gesagt. Wir schauen nach vorn.

Wer wird neuer CEO?
Es wird keinen CEO im eigentlichen Sinn mehr geben. Wir haben zwei Profile definiert und suchen zwei Persönlichkeiten, welche die verschiedenen Bereiche abdecken. Mein Fokus liegt aber auf dem Sport. Wir sind in einer sehr schwierigen Situation, die unsere volle Aufmerksamkeit verlangt.

Wenn ein Ex-Beirat und dienstältester Donator und Mitglied des President’s Clubs medienwirksam verkündet, daraus austreten zu wollen, dann ist das doch auch ein Alarmzeichen.
Ich habe dieses Mitglied oft im Stadion angetroffen. Es hat nie ein schlechtes Wort zu mir gesagt. Wenn diese Person das nun in der Öffentlichkeit machen will, ist das ihre Sache.

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«Will ein Spieler ins Ausland, muss er überragend sein»
Christoph Spycher
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Was sagen Sie zum Vorwurf, dass YB Spielern durch überhöhte Forderungen Transfers ins Ausland erschwere?
Für diese Sichtweise habe ich wenig Verständnis. Wie hätten wir in den letzten Jahren 25, 30 Transfers machen können, wenn wir nicht marktgerechte Preise verlangt hätten? Man kann gern bei Rieder, Zesiger, Amenda, Garcia, Fassnacht und vielen anderen nachfragen. Sie reden alle in den höchsten Tönen über YB. Wie kommen Sie auf sowas?

Nun, aus dem Lager von Meschack Elia wurden solche Vorwürfe medienwirksam kolportiert.
Wenn ein Spieler weg will von YB, dann ist er hauptverantwortlich dafür, weil die Leistung entscheidet. Will er ins Ausland, muss er nicht gut, er muss überragend sein. Diejenigen Spieler, die das machten, haben diesen Weg gehen können. Diejenigen, die das nun machen, werden ihn auch gehen können. Jeder Traum wird sich aber nicht erfüllen.

Und Elia hat seit dem Afrikacup Anfang Jahr nie mehr überragend gespielt.
Mmh.

Was braucht es, bis der Cheftrainer zum Thema wird? Wie viele Spiele darf er verlieren?
Unsere Situation ist herausfordernd. Diese Herausforderung haben wir zusammen angenommen. Da diskutieren wir sicher nicht über Patrick Rahmen.

Was, wenn YB in Yverdon nicht gewinnt?
Wir tun alles, um den ersten Sieg einzufahren.

Thema Champions League. Als YB gesetzt war, atmeten alle auf. Und dann wird ihnen der schlimmstmögliche Gegner zugelost: Galatasaray Istanbul. Was haben sie in diesem Moment gedacht?
Ich habe mich längst davon gelöst, irgendwelche Wünsche zu haben. Am Schluss kriegst du jemanden zugelost und musst dich dann damit befassen. Nun ist es Galatasaray. Eine sehr grosse Aufgabe, auf die wir uns freuen und die wir voller Elan angehen werden.

Und wenns nicht klappt, gibts in der Europa League mehr Punkte.
Mit dieser Eventualität beschäftigen wir uns derzeit nicht. Wir denken momentan nur an das Spiel in Yverdon.

Rahmen-Entlassung wäre ein Schuldeingeständnis
7:03
Meister steckt in der Krise:Rahmen-Entlassung wäre ein Schuldeingeständnis
Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
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16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
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11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
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