FCZ-Bosse Heliane und Ancillo Canepa
«Es gibt nichts zu bereuen!»

Die Canepas verraten, weshalb Sadikus Ausleihe eine mitarbeiterorientierte Lösung ist. Warum ein einzelner Sportchef ihnen nicht genügen kann und wieso Ancillo wöchentlich Komplimente von Kassiererinnen bekommt.
Publiziert: 14.02.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 03:00 Uhr
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43 Jahre verheiratet: Ancillo Canepa (62) mit seiner Frau Heliane (67) .
Foto: Toto Marti
Michael Wegmann

SonntagsBlick: Wer geht von Ihnen einkaufen, wenn der Kühlschrank gefüllt werden muss?
Heliane Canepa:
Das machen wir immer zusammen. Cillo ist derjenige, der kocht. Beim Einkaufen haben wir ein Ritual. Cillo nimmt ein Körbli, und ich nehme ein anderes. Dann gehen wir einzeln durch die Regale und treffen uns bei der Kasse. Da fülle ich das Förderband und Cillo räumt die Taschen ein. Beim Einpacken ist er sehr schnell.
Ancillo Canepa: Immerhin bekomme ich so wenigstens einmal in der Woche ein Kompliment. Von den Kassiererinnen.
Heliane: Warum fragen Sie eigentlich?

Eigentlich wollte ich wissen: Schrei­ben Sie erst einen Einkaufszettel oder posten Sie im Laden drauflos?
Heliane: Wir kaufen natürlich wie wild, kreuz und quer drauflos ...
Ancillo: ... Nein, natürlich haben wir im Kopf, was wir brauchen.

Es macht eben den Eindruck, dass Sie bei der Zusammenstellung des FCZ-Kaders auch so vorgehen. Einfach mal so drauflos und ohne Einkaufszettel zusammenkaufen. Täuscht das?
Ancillo: Das ist natürlich totaler Blödsinn. Mit dem Stamm dieses Kaders waren wir zum Beispiel vor einem Jahr Zweiter hinter Basel.

Nicht ganz. Noch in der Vorrunde hatte der FCZ vier Stürmer und spielte mit einem. Jetzt hat man noch zwei und spielt mit zwei. Ist da nicht zumindest leise Kritik gerechtfertigt?
Ancillo: Wir haben definitiv nicht zu wenige Stürmer. Definieren Sie doch mal den Begriff Stürmer. Ist zum Beispiel Kevin Bua kein Stürmer? Und aus dem Nachwuchs rücken Talente nach. Zudem wurde Deutschland ohne eigentlichen Mittelstürmer Weltmeister.

Sie schweifen ab. Dass beim 0:1 gegen Sion kein Stürmer auf der Bank war, kann doch nicht sein. Sami Hyypiä hat deshalb sogar auf einen Wechsel verzichtet!
Ancillo: Er hätte wechseln können. Da war Maxime Dominguez auf der Bank. Ein junger Offensivspieler, der in den Testspielen gezeigt hat, dass er für Schwung und Ideen sorgen kann.

Und warum hat ihn Hyypiä nicht gebracht?
Heliane: Das müssen Sie ihn selbst fragen.
Ancillo: Ich hätte zumindest nichts gegen einen Wechsel einzuwenden gehabt.

Sie haben Hyypiä vor Weihnachten eine «Carte Blanche» ausgestellt. Gilt diese noch immer?
Ancillo: Ja. Über Sami will ich nicht einmal diskutieren.
Heliane: Er ist ein toller Mensch und arbeitet topseriös. Seine Trainings sind hart und intensiv, dennoch sind die Spieler begeistert.

Sie würden auch mit Hyypiä absteigen?
Ancillo: Wir steigen nicht ab!

Und weil Sie so sicher sind, haben Sie Ihren besten Torschützen Armando Sadiku an den direkten Abstiegskonkurrenten Vaduz ausgeliehen?
Ancillo: Jetzt kommt das noch. Sie denken kleinlich!

Warum? Immerhin hat Sadiku schon im ersten Spiel mit seinen zwei Toren Vaduz am FCZ vorbei auf Rang 9 geschossen.
Heliane: Armando hat auch bei uns einige Chancen erhalten. Wir sind der Meinung, dass ihm diese Luftveränderung gut tut.

Die Ausleihe macht den Eindruck als nehmen Sie Vaduz nicht ernst. Das ist doch arrogant!
Ancillo: Das ist nicht arrogant. Das ist eine mitarbeiterorientierte Lösung. Er hätte bei uns nicht so viel Spielzeit bekommen, wie er sie hoffentlich in Vaduz erhält. Und Armando braucht diese, weil er unbedingt mit Albanien an die EM will. Und dabei wollen wir ihm helfen. Heliane: Er hat sich immer korrekt verhalten. So verhalten wir uns auch korrekt. Wir müssen auf uns selbst schauen. Wir brauchen Armando nicht um nicht abzusteigen.
Ancillo: Das wäre ein Armutszeugnis.

Und warum haben Sie kurz darauf auch noch Mario Gavranovic gehen lassen?
Ancillo: Marios Abgang war nicht vorgesehen. Er träumte schon länger vom Ausland und hat endlich ein konkretes Angebot bekommen. Er wollte gehen, und Sami liess ihn ziehen. Im Sommer wäre sein Vertrag ausgelaufen.

Wer weg will, der darf. Sind die Canepas vielleicht zu lieb?
Ancillo: Nein. Wir sind korrekt zu unseren Spielern.
Heliane: Und fair.

So fair, dass Sie den in Ungnade gefallenen Davide Chiumiento nach einem Monat aus der Suspendierung zurückholen, weil er keinen Klub finden konnte?
Ancillo: Nein. Wir haben schon vor einem Monat mit Sami Hyypiä abgemacht, dass wir diesen Personalentscheid in ein paar Wochen nochmals überdenken werden und Davide gegebenenfalls eine zweite Chance einräumen werden. Aber das war intern und ging sonst niemanden was an.

Es gibt Stimmen, die behaupten, dass sich Chiumiento mit einem Anwalt ins Kader zurückklagen wollte und Ihnen damit gedroht haben soll ...
Ancillo: Das ist absurd und eine böswillige und dümmliche Unterstellung.

Warum genau wurde Chiumiento dann suspendiert?
Ancillo: Wir plaudern keine Internas aus. Wir haben nie Internas ausgeplaudert und werden es auch heute und morgen nicht tun.
Heliane: Übrigens bekommen wir genau deshalb immer wieder positive Rückmeldungen aus Wirtschaftskreisen, die uns zu unserer Informationspolitik gratulieren. Gewisse Dinge gehören einfach nicht an die Öffentlichkeit. Das war schon damals bei David Da Costa so.
Ancillo: Nur gewisse Journalisten können dies nicht nachvollziehen. Stellen Sie sich doch mal vor, Sie hätten ein Qualifikationsgespräch mit Ihrem Vorgesetzten. Sie wären kaum erfreut, wenn er den Inhalt danach in aller Öffentlichkeit ausplaudern würde.

Lesen Sie im Moment Zeitungen, Kommentare in Foren, Leserbriefe?
Heliane: Nur Zeitungen.
Ancillo: Und logischerweise nicht so gern wie auch schon.

Nervt Sie die stetige Kritik?
Heliane: Mich nervt, wenn Unwahrheiten verbreitet werden.
Ancillo: Und wenn versucht wird, Unwahrheiten zu Wahrheiten zu manipulieren.

Die Wahrheit ist, Sadiku kann nicht so einfach zurückgeholt werden wie Chiumiento.
Ancillo: Nein, das ist transfertechnisch ohnehin nicht möglich. Das wollen wir aber auch nicht.

Sie bereuen also noch nicht, Ihren Topskorer abgegeben zu haben?
Heliane: Nein, es gibt nichts zu bereuen.
Ancillo: Je ne regrette rien! Dieser Satz wird Fredy Bickel freuen. (Der ehemalige FCZ- und heutige YB-Sportchef ist bekennender Fan von Edith Piaf, Anm. d. R.)

Ihr Captain soll den Ausschlag gegeben haben, dass Chiumiento zurückkommen darf. Hat Gilles Yapi eigentlich so viel Macht beim FCZ?
Heliane: Das hat doch nichts mit Macht zu tun. Jedes gut geführte Unternehmen hört hoffentlich auf seine Mitarbeiter. Wer eine gute Idee hat, der soll sie unbedingt einbringen dürfen.
Ancillo: Das ist hoffentlich bei Ihnen auch so, dass Ihr Chef Sie anhört, wenn Sie vielleicht auch einmal eine gute Idee haben.
Heliane: Wir wollen Mitarbeiter, die mitdenken, und das hat Gilles getan. Dass der Captain Davide zurückwünscht, ist doch das Beste, was es gibt. Das heisst, dass die Mannschaft dahintersteht.
Ancillo: Das ist wieder so ein mediales Kabaret: Ständig wird geklagt, die richtigen Typen würden im Fussball aussterben. Und dann meldet sich mal einer zu Wort und schon ist auch das wieder falsch.
Heliane: Ein guter Chef hört auf seine Leute. Bei uns gibt es keine Diktatoren!

Wobei gerade Ihr Mann den Ruf hat, beratungsresistent zu sein...
Heliane: ... ja und ein Alleinherrscher soll er auch sein, habe ich schon gelesen. Er ist weder das eine noch das andere. Oder können Sie sich vorstellen, dass ich 43 Jahre mit einem Alleinherrscher zusammenleben würde?
Ancillo: Reden Sie doch mit den engsten Mitarbeitern. Wir sind ein Team, wir analysieren und setzen gemeinsam um. Basta.

Dennoch bekleidet das Ehepaar Canepa fast jedes wichtige Amt beim FCZ.
Ancillo: Wissen Sie was Ihr, und nicht nur Ihr Problem ist?

Nein.

Ancillo: Sie können ein Organigramm nicht richtig lesen! Ich denke schon, da steht beim FC Zürich doch fast überall entweder A. Canepa oder H. Canepa.
Heliane: Dahinter steht jeweils ein Team. Bei uns geht es sehr demokratisch zu und her.

Sie sind also nicht beratungsresistent?
Ancillo: Nein. Sofern der Berater kompetent und informiert ist. Aber undifferenziertes Geschwätz nehme ich tatsächlich nicht ernst.

Ich hätte da mal eine gute Idee. Nehmen Sie einen Rat an, und stellen Sie einen Sportchef ein.
Ancillo: Weshalb?

Er könnte bei der Kaderplanung mithelfen, sich um das Sportliche kümmern und Sie beide entlasten.
Heliane: Das Kader ist gut zusammengestellt. Wir planen nicht ad hoc. Ein Sportchef garantiert keinen Erfolg.
Ancillo: Unser Anforderungsprofil kann heute ein einzelner sogenannter Sportchef gar nicht mehr erfüllen.

Er könnte Sie auch aus der Schusslinie nehmen, die Kritik abfedern.
Heliane: Damit können wir umgehen.

Letzten Montag, als Sie beim FCZ-Training vorbeigeschaut haben, wirkten Sie nicht so entspannt. Was hat Sie genervt?
Heliane: Klar bin ich nicht entspannt, wenn wir verlieren. Da bin ich zehn Tage in der Türkei mit der Mannschaft unterwegs und sehe wie hart sie arbeiten und dann verlieren wir das erste Spiel. Das nervt schon.
Ancillo: Ich war am Montag sogar derart genervt, dass ich kein Telefon abgenommen habe. Weder externe noch interne.
Heliane: Deshalb habe ich alleine beim Training vorbeigeschaut und mit Sami geredet.

Über was?
Heliane: Das hatten wir doch schon. Das bleibt natürlich intern.

Können die Canepas eigentlich abschalten?
Heliane: Am Sonntagabend haben wir abgemacht, dass wir nicht mehr übers Spiel reden.
Ancillo: Schlimmer als der Sonntagabend ist jeweils das Erwachen am Montagmorgen. Das ist schwer.

Man sagt, die Arbeit soll man nicht nach Hause tragen. Ist das bei den Canepas möglich?
Heliane: Ich habe es nie so gehalten. Ich denke sogar, dass es wichtig ist, auch zu Hause über die Arbeit zu reden. Darüber was einen freut, was einen beschäftigt. Tut man das nicht und frisst alles in sich herein, wird man nur krank.

Am Sonntag spielt der FCZ in Luzern. Nervös?
Heliane: Ich bin vor jedem Match nervös.
Ancillo: Unter der Woche ist es kein Problem. Kurz vor und während dem Spiel bin ich nervös. Das war ich aber schon immer. Egal, wo wir in der Tabelle gerade standen.

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