Ehemalige Schweizermeister tippen die Geister-Meisterschaft
«Eigentlich spricht alles für YB!»

St. Gallen, YB oder Basel? Wer wird der erste Geistermeister der Schweiz? Fünf ehemalige Meisterspieler sind sich fast einig.
Publiziert: 31.05.2020 um 00:38 Uhr
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Aktualisiert: 31.05.2020 um 08:03 Uhr
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Feuchtfröhliche Party: Martin Brunner feiert den GC-Titel 1991 mit Bier und Pokal.
Foto: Blicksport
Michael Wegmann und Alain Kunz

Martin Brunner (57), 3-facher Meister mit GC

«Es tut mir leid für die St. Galler. Aber die fehlenden Fans im Stadion und die vielen englischen Wochen sprechen klar gegen den FC St. Gallen. Sein Kader ist zu wenig breit und nicht erfahren genug. Bei so vielen Spielen innert weniger Tage ist es wichtig, seine Kräfte gut einzuteilen. Dass man auch mal auf die Bremse stehen kann, wenn man in Führung liegt, und den Match ohne zu viel Aufwand über die Runden bringt. Ich habe meine Zweifel, dass die jungen St. Galler mit ihrem spektakulären Vollgas-Fussball, den sie bisher praktiziert haben, dies können.

Um Kräfte zu sparen, braucht es Erfahrung – und die fehlt in der Ostschweiz. Eigentlich spricht ja wirklich alles für YB. Fünf Punkte Vorsprung auf den FCB, das breiteste Kader von allen, viel Erfahrung und zudem noch Sulejmani und Hoarau, die wieder fit und ausgeruht zurückkommen. YB wird es packen.»

Kubilay Türkyilmaz (53), 2-facher Meister mit GC

«YB der grosse Favorit? Ich bin mir nicht sicher. Klar hat der Meister ein Topkader. Aber ich glaube, YB wird enorm leiden, wenn der Support durch die 25'000 Fans, die mittlerweile regelmässig ins Stade de Suisse pilgern, plötzlich weg ist. Ich spüre, und das ist wirklich primär ein Gefühl, dass die Berner weniger heiss sind.

St. Gallen? Nein. Aus drei Gründen: Erstens haben die Ostschweizer noch stärker als YB von ihren Fans gelebt. Zweitens hatten die jungen Spieler vor ihrem geistigen Auge bereits grosse Auslandtransfers. Das pushte sie. Diese Vision ist nun weg. Und Trainer Peter Zeidler ist auf dem Absprung. Bleibt ... der FC Basel. Er hat nur fünf Punkte Rückstand auf das Leader-Duo – eine optimale Windschatten-Position. Niemand rechnet mit dir, man hat Ruhe. Zweitens stelle ich in den Bundesliga-Geisterspielen fest, dass die Deckung nicht so hautnah und unerbittlich ist wie in Vor-Corona-Zeiten. Das kommt den torgefährlichen Basler Mittelfeldspielern zugute. Der FCB ist ein heisser Meisteranwärter!»

Giuseppe Mazzarelli (47), 2-facher Meister mit GC und St. Gallen

«Ich tippe auf St. Gallen als Geistermeister. Diese junge Truppe spielt Tempofussball mit Qualität. Die Begeisterung in der Ostschweiz scheint so gross zu sein wie der Spirit in der Mannschaft. Ich traue dem Trainer Peter Zeidler zu, dass er nach dieser langen Zeit ohne Fussball das Feuer sofort wieder entfachen kann.

Der Hunger nach dem Meister­titel wird bei den Spielern so gross sein, dass sie das leere Stadion ausblenden und die grössere Belastung durch die englischen Wochen wegstecken können. Die Freude und Begeisterung der Leute werden sie überall ausserhalb des Stadions spüren. Dies wird ihnen weiterhin Flügel verleihen. Kommt hinzu, dass St. Gallen keinen Druck von aussen hat. Denn niemand redet vom Titel. Die Situation erinnert mich ein wenig an uns im 2000. Öffentlich sprachen wir nie über den Titel, in der Kabine aber hat uns Trainer Marcel Koller mit einem Foto des Meisterpokals heiss gemacht. Es nützte. Zeidler traue ich einen ähnlichen Schachzug zu, damit die Spieler weiterhin wie eine Fackel brennen. YB wird Zweiter. Und der FCB? Grundsätzlich kann Koller eine Mannschaft pushen. Aber in Basel gabs zuletzt zu viele Baustellen.»

Georges Bregy (62), Meister mit YB

«Meine Prognose: YB wird Meister! Die Berner sind vom Kader her einfach am breitesten und besten aufgestellt. Zudem hatten sie das Glück, dass während der Corona-Pause wichtige Spieler wie Hoarau und Sulejmani ganz genesen konnten. Die beiden können problemlos die Meisterschaft entscheiden!

Kommt hinzu, dass YB seine Fans am wenigsten vermissen dürfte, weil das Team von Gerardo Seoane auch auswärts so dominant und im selben System auftritt wie zu Hause. Und die St. Galler? Ohne Corona hätte ich auf sie als Meister getippt. Sie waren vor dem Unterbruch im Flow, euphorisch, hatten einen Lauf. Zudem wurden sie von ihren begeisterten Fans von Spiel zu Spiel gepusht, getragen. Doch diese Euphorie, der Lauf und die Fans sind nun weg – das Stadion wird leer sein. Die jungen Spieler werden diese bedrückende Stille mit Sicherheit extrem spüren. Der FC Basel wird Dritter. Ihm traue ich weniger zu. Da war zu viel Unruhe in und um den Verein.»

Beni Huggel (42), 7-facher Meister mit dem FC Basel

«Noch sind ja 13 Runden ausstehend, das ist fast ein Drittel der Saison. Heisst: Es liegen noch 39 Punkte drin, das ist ganz viel Holz. Es wird viele englische Wochen geben, was für Teams mit einem breiten Kader spricht, welches ohne Qualitätsverlust viel rotieren kann. Hier hat YB die Nase vorn, gefolgt vom FCB und St. Gallen.

Dass keine Fans im Stadion sein werden, wird ebenfalls St. Gallen am härtesten treffen. Das Team von Zeidler wurde vor dem Lockdown getragen von der Euphorie, das Stadion wäre im letzten Spiel gegen YB wohl dreimal ausverkauft gewesen.

Ich glaube, der FCB steckt Geisterspiele am besten weg. Die Erfahrung im Titelrennen spricht auch für YB, da ist der FCSG wieder nur auf Platz 3. Für St. Gallen spricht wiederum, dass das Team trotz Leaderposition keinen Druck hat, dass die Mannschaft in dieser Konstellation wohl nicht zusammenbleiben wird und die Chance, es zu schaffen, einmalig sein dürfte. Ein wichtiger Faktor wird auch die Position des Trainers sein: Für mich ist fragwürdig, dass die Zukunft von Marcel Koller bei Basel noch nicht geklärt ist. Da ist mehr Unruhepotenzial drin als bei YB und St. Gallen. Mein Tipp also: YB wird Meister, der FCB noch Zweiter und St. Gallen Dritter.»

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