Der Topkandidat – und einige Alternativen
Vanetta kann sich den Job nur selber vermasseln

Mit der Entlassung von David Wagner ist das Trainer-Kandidaten-Karussell bei YB in Gang gekommen. Doch es dreht sehr langsam. Im Moment sitzt ein einziger Kandidat drauf: Matteo Vanetta. Wird der 43-Jährige mehr, als nur eine Interims-Lösung?
Publiziert: 08.03.2022 um 18:52 Uhr
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Aktualisiert: 09.03.2022 um 09:56 Uhr
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Matteo Vanetta packt bei seinem ersten Training als Chefcoach schon mal richtig an.
Foto: Urs Lindt/freshfocus
Alain Kunz

Am Montag wird David Wagner (50) bei YB entlassen. Im Normalfall setzt sich dann unverzüglich das Karussell mit Nachfolgekandidaten in Gang. Doch diesmal sieht alles eine bisschen anders aus.

Der Deutsch-Amerikaner musste auch deshalb so schnell gehen, weil eine In-House-Lösung bereitstand: Matteo Vanetta (43). Der Tessiner, der im Winter 2017 die Uefa-Pro-Lizenz gemeinsam mit Wagners Vorgänger Gerry Seoane machte, hat sich in seiner kurzen Zeit bei YB ein Standing erarbeitet, das ihn nicht weit nach dem Lieben Gott platziert. Wie kam das?

Castella hat Vanetta dreimal geholt

Sportchef Christoph Spycher holt Vanetta 2017 zu YB. Die Stelle, die er besetzen soll, gibt es nicht. Sie wird kreiert: Verantwortlicher für das Defensivkonzept im Nachwuchs.

Nicht nur Spycher will Vanetta, auch Gérard Castella empfiehlt den Tessiner wärmstens, denn der Genfer kennt den ehemaligen Innenverteidiger von Lugano, Sion, Servette, Aarau, Chiasso und Etoile Carouge aus dem Effeff. War er doch Castellas Assistent bei der U18-Nationalmannschaft. Und Castella holte ihn 1999 als Spieler zu Servette. Und, ja: Spycher hatte auch Castella zu YB geholt und ihn zum Ausbildungschef gemacht. Allerdings ist Castella weit mehr als das. Zusammen mit Ernst Graf bildet er einen Rat der YB-Weisen.

Vanetta wird 2018 Assistent von dessen ehemaligem FC-Sion-WG-Kumpel Seoane. Sein Wort gewinnt an Gewicht. Und als mit Wagner ein Deutscher Trainer wird, der kein Wort Französisch spricht, wird Vanetta teamintern noch wichtiger. Französisch ist die zweite Muttersprache des Mannes aus dem Malcantone. Und sie ist bei YB wichtig. Die Fraktion der Frankophonen umfasst 17 Spieler. Zehn von ihnen sind der deutschen Sprache nicht mächtig.

Plan B? Dafür muss YB auf Platz vier zurückfallen

Gibt es denn überhaupt einen Plan B? Einen, der nicht Vanetta heisst? Der Interimscoach müsste den Grossteil der elf verbleibenden Spiele verlieren und YB aus den Conference-League-Rängen fallen, sprich von Lugano überholt werden. In allen anderen Fällen wird die Sportkommission mit Spycher, Castella, Graf und Chefscout Stéphane Chapuisat darauf hinweisen, wie hervorragend Vanetta diese heikle Aufgabe gelöst habe. Nur wenn YB auf Platz vier zurückfällt, können andere Kandidaten hoffen, zum Handkuss zu kommen.

Wicky, Lustrinelli, Schneider und Co.

Aber wie man weiss, geht es im Fussball sehr schnell und muss ein Plan B wider Erwarten doch aktiviert werden. Wer wären diese weiteren Kandidaten? Raphael Wicky zum Beispiel, der von der Mentalität und von der Herkunft her prima zu YB 2022 passen würde. Oder auch U21-Nati-Coach Mauro Lustrinelli. Fabio Celestini? Er hat sich mit seinem schrägen Abgang in Luzern wohl selbst von der Liste genommen. Marcel Koller? Das passt für den Aufbau einer neuen, hungrigen Mannschaft nicht. Peter Zeidler? Ihn müsste YB von St. Gallen loseisen. Unwahrscheinlich. Eine Option wäre gewiss auch Ex-Thun-Coach Marc Schneider, auch weil er Berner ist. Schneider ist Ende Februar vom belgischen Zweitligisten Waasland-Beveren entlassen worden.

Oder wieder ein Mister X, wie Wagner oder Seoane? Spycher wird sich hüten, das Schema «Experiment» nach dem Missgriff mit Wagner nochmals anzuwenden. Auch wenns mit Seoane wunderbar lief. Aber eben: Nach Kandidat eins kommt lange niemand.

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