Der Schweizer Klubfussball muss die Krise als Chance sehen
Das Virus heisst Egoismus

Der Schweizer Klubfussball hat in den letzten Wochen ein ganz schlechtes Bild abgegeben. Er sollt nun die Krise als Chance nutzen. Und den Egoismus ablegen, schreibt BLICK-Sportchef Felix Bingesser.
Publiziert: 15.05.2020 um 08:59 Uhr
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Aktualisiert: 15.05.2020 um 09:58 Uhr
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Chefredaktor Sport Felix Bingeser.
Felix Bingesser

Christian Constantin kocht sein Süppchen, will alles auf den Kopf stellen und droht einmal mehr mit Anwälten und Klagen. Aus dem Berner Oberland zwitschert Vogellisi Markus Lüthi vom FC Thun aufgeregt. Und bezichtigt die Ligabosse der Unfähigkeit.

Im Tessin poltert Lugano- Boss Renzetti. Er will den Saisonabbruch und die Auf­stockung der Liga. «Geister­spiele wären ein Blutbad», weiss er zu berichten. Auch in Neuenburg schreit der Präsident Christian Binggeli: «Geister­spiele? Katastrophe!» Xamax-Besitzer Jeff Collet, immerhin Vizepräsident der Swiss Football League, lässt ihn gewähren.

In Lausanne will man nach Millioneninvestitionen unbedingt aufsteigen. Weiterspielen oder Liga aufstocken, so lautet auch hier die Forderung. Ansonsten? Klage! Und in St. Gallen? Dort sagt Hobby-Philosoph Alain Sutter: «Im Moment gibt es Wichtigeres als Fussball.» Und dann beginnt St. Gallen als einziger Klub der Super League mit dem Training ...

Müsste man ein Sittengemälde des Schweizer Klubfussballs der letzten Wochen zeichnen, es gäbe ein beängstigendes Bild. Es ist ein Mix aus egoistischen Partikularinteressen und egozent­rischen Selbstinszenierungen. Befeuert von Figuren wie Christian Constantin, der die Bemühungen der Liga seit Jahren mit Füssen traktiert. So wie auch Schiris und TV-Experten.

Führungsschwäche in der Swiss Football League

Zur Kakofonie der Stimmen aus der Liga kommt auch eine gewisse Führungsschwäche in der Swiss Football League selber. Eine transparentere Kommunikation auch gegenüber den Klubs und etwas mehr Durchsetzungsvermögen gegenüber den renitenten Mitgliedern wäre wünschenswert.

Nun hat das Rettungspaket des Bundes für etwas Entspannung und moderatere Töne gesorgt. Die zinslosen Darlehen schaffen die Basis, dass man den Liga­betrieb wieder aufnehmen kann. Das ist zwingend nötig. Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung des Spitzensports ist enorm. Ohne Spitze weniger Breite. Ohne Sport kein Weg zurück in die Normalität.

Eine Mehrheit der Steuerzahler dürfte das Hilfspaket für den Sport unterstützen. Danke sagen muss der Sport niemandem. Es ist auch das Steuergeld der vielen Sportler im Land, das als Darlehen zur Verfügung gestellt wird. Auch wenn es teilweise Kritik gibt.

Bei dieser Kritik müssen wir uns fragen: Wie wettbewerbsfähig wollen wir international sein? Schafft ein 3:0 des FC Basel bei Eintracht Frankfurt nicht wunderbare und verbindende Emotionen? Sind wir bereit, eine reine Ausbildungsliga zu sein? Und international den Anschluss komplett zu verlieren? Wohl eher nicht.

Darum ist die «befohlene» Lohnreduktion fragwürdig und nicht zu Ende gedacht. Werden die Löhne der Manager von Firmen, die Steuergelder beanspruchen, ebenfalls kontrolliert? Werden die Millionenboni in der Privatwirtschaft nicht auch toleriert? Ja. Mit dem Argument: In einem globalen Wettbewerb brauchen wir die besten Leute. Warum soll das für den Sport nicht gelten?

Möglichst schnell den Betrieb wieder aufnehmen

Trotzdem: Der Steilpass ist mit diesem Hilfspaket gespielt, die Rahmenbedingungen nach Abklärung der noch offenen Detailfragen und der Absegnung des Parlamentes für die nächsten zwei Jahre sind erfüllt. Nun muss die Fussball-Liga diesen Steilpass aufnehmen und möglichst schnell den Betrieb wieder aufnehmen.

Und parallel dazu muss sie sich überlegen: Wäre Solidarität und Geschlossenheit gegen aussen in diesen Zeiten nicht besser als der bisher demonstrierte Egoismus. Der Fussball sollte diese Krise nutzen. Und daraus lernen.

Kann ein Klub seine Darlehen nicht bedienen, dann haftet die ganze Liga. Dafür soll ein Solidaritätsfonds geschaffen werden. Das ist ein gutes Zeichen. Vielleicht überlegt man es sich nun etwas genauer, mit wem man sich ins Boot setzen will. Vielleicht trennt man sich von gewissen Leuten und gewissen Vereinen. Solidarisch haften für einen wie Christian Constantin?

Das will wohl niemand.

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Mannschaft
SP
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1
FC Lugano
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21
8
38
2
FC Basel
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21
25
37
3
FC Luzern
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21
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4
Servette FC
Servette FC
22
2
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5
FC Lausanne-Sport
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22
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FC Zürich
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21
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30
7
FC St. Gallen
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BSC Young Boys
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21
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28
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FC Sion
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Grasshopper Club Zürich
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22
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Yverdon Sport FC
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21
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