«Das gibt schlaflose Nächte»
FCZ-Coach Magnin bricht sein Corona-Schweigen

FCZ-Trainer Ludovic Magnin (40) verrät, weshalb er so lange geschwiegen hat, tippt den Geister-Meister und redet über Geisterspiele, den Bundesrat und Lohneinbussen.
Publiziert: 27.05.2020 um 13:03 Uhr
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Aktualisiert: 27.05.2020 um 14:09 Uhr
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FCZ-Trainer Ludovic Magnin ist froh, dass er endlich wieder auf dem Fussballplatz steht.
Foto: TOTO MARTI
Michael Wegmann

Ludovic Magnin, sind Sie glücklich, dass Sie wieder auf dem Platz stehen dürfen?
Ludovic Magnin: Sehr. Nach so langer Zeit ohne war ich richtig hungrig nach Fussball. Ich habe ihn so stark vermisst, dass ich mich sogar auf die Geisterspiele in der Bundesliga gefreut habe.

Sind Spiele ohne Fans so schlimm?
Die Fans steuern einen grossen Teil dazu bei, weshalb der Fussball so faszinierend ist. Sie tragen die Fussballer über ihre Grenzen hinaus. Fangesänge, Buhrufe, Choreos – all das ist ein wichtiger Teil des Fussballs, den ich liebe.

Also sind Sie gegen Geisterspiele?
Nein. Das wäre in der jetzigen Situation zu einfach. Wenn es Geisterspiele braucht, damit Vereine überleben können, bin ich natürlich für Geisterspiele. Aber dieser Entscheid liegt nicht in meiner Kompetenz, ich versuche deswegen keine Energien zu vergeuden. Ich werde sie brauchen, wenn wir wieder spielen. Dann könnte es schlaflose Nächte geben.

Weshalb?
Ich trage die Verantwortung für die Gesundheit der rund 30 ­Kaderspieler. Teams, die in der ­Europa League vertreten sind, haben prozentual mehr Verletzte. Nun stehen gleich sieben englische Wochen an. Kommt hinzu, dass die Spieler in den letzten Wochen nur alleine trainieren durften. Und die Sommerferien würden gestrichen. Das wird eine riesige Heraus­forderung.

In der Bundesliga funktioniert es bisher sehr gut.
Da stehen jeweils 20 Nationalspieler im Kader. In der Schweiz sind wir qualitativ weniger breit aufgestellt.

Dann würde YB erneut Meister ­werden. Die Berner haben den ­breitesten Kader.
Und am meisten Erfahrung. Oder doch der FC St. Gallen? Weil sie jüngere Spieler haben, die sich schneller erholen. Den FCB sollte man auch nicht ganz abschreiben.

Was denken Sie?
Die jungen, frechen St. Galler haben mich bisher am meisten beeindruckt, obwohl wir beide Spiele gegen sie gewonnen haben.

Sie haben sich im Gegensatz zu ­anderen Trainern während des Lockdowns nie öffentlich geäussert. Weshalb?
Wenn ich rede, will ich auch was zu sagen haben. In dieser schwierigen Zeit ging es nicht um Taktiken, Fehler, Punkte und Leistungen. Das Sportliche, für welches ich die Verantwortung trage, stand für einmal im Hintergrund. Ich habe in dieser Zeit die Rolle gewechselt: Ich war in den letzten Wochen wie ein Fan auf der Tribüne.

Wie meinen Sie das?
Ich habe mir das Recht herausgenommen, über alle Entscheide mein Urteil fällen zu dürfen. (lacht) So etwa: Das hat der Bundesrat gut entschieden. Oder: Das hätte man auch anders entscheiden können.

Und sind Sie ganz generell zufrieden mit dem Bundesrat?
Ja. Wenn man die Statistiken anschaut, ist seine Strategie bisher voll aufgegangen. Wobei es für mich auch Widersprüchliches gab und ich mir schon auch ein paar Fragen gestellt habe.

Zum Beispiel?
Weshalb durfte zum Beispiel auf Baustellen weitergearbeitet werden und andere mussten zu Hause bleiben? Aber wenn man die Fallzahlen anschaut, scheint im Grossen und Ganzen alles aufzugehen.

Es gab Menschen, die Polizist gespielt und grössere Menschenansammlungen fotografiert haben ...
... und Mitmenschen angezeigt haben. Wenn Sie jetzt wissen wollen, ob wir das auch getan haben, kann ich Sie beruhigen: Natürlich nicht. Wir sind nicht so frustriert.

Sie hatten Lohneinbussen und durften nicht arbeiten. Sicher haben Sie auch noch an der Börse Geld verloren, oder?
Wie viele andere auch, ja. Aber ich darf deshalb nicht jammern. Wenn ich sehe, wie viele junge, ambitionierte Unternehmer oder Gastronomen nun leiden, arbeitslos sind oder gar pleite­gehen, tut das schon wahnsinnig weh. Ihre Situation ist mit der unsrigen gar nicht zu vergleichen.

Wie war diese Zeit für Sie, Ihre Frau Chantale und die vier Kinder?
Wir haben uns, wie empfohlen wurde, total abgeschirmt. Das war schon ungewohnt. Ich hatte plötzlich ganz viel Zeit, war immer da. Aber es ist erstaunlich gut gegangen (lacht). Chantale hat zumindest gemeint, dass sie sich nun keine Sorgen mehr mache, wenn ich irgendwann Pensionär sei. Wir hatten es gut.

Und Sie konnten wieder einmal ­unterrichten? Immerhin sind Sie ausgebildeter Lehrer.
Das lief am Anfang bestens. Mit der Zeit musste ich aber merken, dass die eigenen Kinder nicht ganz so gut zuhören. Irgendwann fehlte mir die Geduld, und Chantale hat von Tag zu Tag mehr übernommen.

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Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
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14
7
26
2
FC Basel
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14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
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14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
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