Vor zwei Wochen hat Giorgio Contini seine erste Trainingseinheit als YB-Trainer bei Minustemperaturen geleitet. Bei rund 20 Grad höheren Temperaturen und einige Trainings später trifft Blick den Winterthurer zum Interview in Belek. Zu Beginn des Trainingslagers hat Contini seinen 51. Geburtstag gefeiert. «Es wurde gesungen und es gab Kuchen – sonst nichts», so Contini. Der Fokus sei voll und ganz auf YB und der Arbeit mit dem Team.
Blick: Giorgio Contini, wo haben Sie schon Fortschritte zu verkünden?
Ich kann die intensive Zeit hier sehr gut nutzen für Einzelgespräche, um die Spieler kennenzulernen und genauso die Gruppendynamik. Wenn man die Spieler beim Essen, in der Freizeit, beim Physio und im Training beobachten kann, gewinnt man einen Eindruck, wie die Gruppe funktioniert.
Haben Sie anhand der Gespräche ein Bild machen können, warum der Hebst so nicht YB-like war?
Ja, aber auch aus den internen Analysen, in die ich nun Einblick erhalten habe. Es deckt sich mit meinen Vermutungen und mit meiner Idee, wo ich Veränderungen einbringen möchte.
Und zu welchen Erkenntnissen sind Sie gekommen?
YB hat früher die Gegner mit dem Pressing fast erdrückt, die Intensität in den Zweikämpfen oder die Präsenz im Strafraum waren beeindruckend. Dort wollen wir wieder hin. Die elf Spieler auf dem Feld sollen das leben, das soll wieder YB-like werden.
Sie waren in der Vergangenheit mit YB in Kontakt. Wussten Sie nach der Freistellung von Patrick Rahmen: Jetzt bin ich an der Reihe? Sie vermitteln den Eindruck, dass Sie darauf gewartet haben, sich bei einem grossen Schweizer Club zu beweisen.
Nein, zum einen war ich im Herbst mit dem Kopf noch komplett bei der Nati und zum anderen ist es unmöglich, solche Schritte im Fussball zu planen. Ich hatte auch nie auf dem Plan, eine EM mit der Schweizer Nati zu machen.
Aber Sie geben mir sicher recht, dass Sie Ihre Fähigkeiten als Trainer nun anders unter Beweis stellen können als zuvor bei GC, Lausanne oder Vaduz.
Ich habe bei diesen Stationen bewiesen, dass ich nicht absteigen, aufsteigen, stabilisieren und retten kann. Das hat mich zum Trainer gemacht, der ich heute bin. Der Wunsch war natürlich in mir, einmal einen Klub zu übernehmen, der andere Ambitionen und Möglichkeiten hat.
Bei einem solchen Klub ist der Druck und die Erwartungshaltung anders, auch die Qualitäten und Egos der Spieler.
Und darum war es genau der richtige Zeitpunkt, dass ich diese Zeit, diese Spieler und dieses Level auf allerhöchstem Niveau bei der Nationalmannschaft noch als Erfahrung mitnehmen konnte vor dem Wechsel zu YB.
Nati-Captain Granit Xhaka bezeichnet Ihren Abgang als grossen Verlust – «Ein cooler Typ! Giorgio hat allen gutgetan». Was bedeutet Ihnen das?
Es schmeichelt mir natürlich und freut mich sehr. Es überrascht mich aber nicht unbedingt, da ich wirklich einen guten Draht hatte zu den Spielern und ich gut aufgenommen wurde vor einem Jahr. Es ist für mich das grösste Kompliment und die schönste Bestätigung, dass meine Art, so wie ich bin und trainiere, bei Spielern wie Granit Xhaka oder Manu Akanji auf höchstem Niveau Anklang gefunden hat.
Waren Sie eigentlich der präsenteste oder bekannteste Co-Trainer, den die Nati je hatte?
Das ist vermutlich so (lacht). Durch die Freiheiten, die Murat Yakin mir gegeben hat, und durch die Aufgabenstellung wurde ich zu einem Nati-Assistenztrainer, den es in dieser Form bisher noch nicht gab. Ich stand als Assistent viel mehr im Vordergrund als üblich.
Giorgio Contini ist am 4. Januar 1974 in Winterthur geboren und aufgewachsen. Als Stürmer spielte er unter anderem für Winterthur, Baden, Lausanne und Luzern. Seine erfolgreichste Zeit als Aktiver verbrachte er beim FC St. Gallen, die er mit dem Meistertitel 2000 krönte. Einmal stand er auch für die Schweizer Nati im Einsatz.
2017 wurde Contini Cheftrainer beim FCSG. Zuvor amtete er in Vaduz (Aufstieg in die SL), danach in Lausanne (Aufstieg in die SL) und ab 2021 bei GC. Im März 2023 reichte er bei GC die Kündigung auf Ende August ein. Anfang 2024 wurde Contini Co-Trainer von Murat Yakin bei der Schweizer Nationalmannschaft. Seit Dezember 2024 ist der Winterthurer Cheftrainer von YB.
Contini ist seit 2005 verheiratet, hat zwei Töchter und einen Hund und lebt mit der Familie in der Ostschweiz.
Giorgio Contini ist am 4. Januar 1974 in Winterthur geboren und aufgewachsen. Als Stürmer spielte er unter anderem für Winterthur, Baden, Lausanne und Luzern. Seine erfolgreichste Zeit als Aktiver verbrachte er beim FC St. Gallen, die er mit dem Meistertitel 2000 krönte. Einmal stand er auch für die Schweizer Nati im Einsatz.
2017 wurde Contini Cheftrainer beim FCSG. Zuvor amtete er in Vaduz (Aufstieg in die SL), danach in Lausanne (Aufstieg in die SL) und ab 2021 bei GC. Im März 2023 reichte er bei GC die Kündigung auf Ende August ein. Anfang 2024 wurde Contini Co-Trainer von Murat Yakin bei der Schweizer Nationalmannschaft. Seit Dezember 2024 ist der Winterthurer Cheftrainer von YB.
Contini ist seit 2005 verheiratet, hat zwei Töchter und einen Hund und lebt mit der Familie in der Ostschweiz.
Bei der Nati gab es alle Monate mal ein Training, jetzt ist es Tagesgeschäft. Was gefällt Ihnen besser?
Nach 15 Jahren am Stück Trainer zu sein, war die Pause nach GC extrem wertvoll. Bei der Nati war es anschliessend eine willkommene Abwechslung. Die EM war eine intensive und hoch spannende Erfahrung. Aber das tägliche Training liegt mir schon mehr, Spieler weiterzuentwickeln. Das ist mit zwei bis drei Trainings bei einem Nati-Zusammenzug wie zuletzt in der Nations League unmöglich.
Könnten Sie sich trotzdem vorstellen, eines Tages die Nati als Cheftrainer zu übernehmen?
Diese Gedanken habe ich mir noch nie gemacht. Ich weiss jetzt sicher, was es braucht, Cheftrainer einer Nationalmannschaft zu sein. Aber nun gilt YB mein totaler Fokus. Was in Zukunft sein wird, kann niemand voraussehen.
Dass sie mehrere Sprachen perfekt können, war ein grosser Pluspunkt bei der Nati und die Französisch-Kenntnisse vom ehemaligen Trainer war im Herbst bei YB als Thema omnipräsent. Ist das ein gezieltes Mittel, dass Sie jetzt sehr stark einsetzen?
Es ist zum Glück ein Talent, das ich habe. Ich kann die Spieler in Ihrer Muttersprache erreichen und berühren. Ich spüre auch eine Wertschätzung von den Spielern diesbezüglich.
Ein anderes Thema im Herbst waren die mangelnden Führungsspieler. Haben Sie zu wenig oder keine Leader vorgefunden?
Das ist fast schon eine gesellschaftliche Frage. Wir kreieren diese Leadercharaktere nicht mehr. Jeder, der etwas neben der Spur ist, wird disziplinarisch massgeregelt. Die, die in jungen Jahren aufmüpfig oder laut sind, werden in die Schranken gewiesen. Und jetzt stören wir uns daran, dass wir zu wenig Persönlichkeiten haben.
Also haben Sie zu wenig Leader vorgefunden.
Wir haben sicherlich kein Übermass, aber ich versuche, die Personen, die auf dem Feld, in der Kabine oder im zwischenmenschlichen Bereich gewisse Kompetenzen haben, in diese Rollen zu pushen. Ein Anführer muss nicht immer laut sein, es gibt die technischen Anführer, die spielerisch auf dem Feld vorangehen oder die, die mit ihrem Gespür für Menschen in der Teambildung sehr wichtig sind.
Kann hier auch ein Christian Fassnacht helfen?
Natürlich. Er weiss, was es bedeutet, für diesen Klub zu spielen, wie viel harte Arbeit in den Erfolgsmomenten steckt und wie man in diese Verfassung kommt, um Titel zu gewinnen.
Publikumsliebling, aber kaum Spielpraxis. Kann so eine Personalie risikobehaftet sein für den Trainer, weil die Fans ihn spielen sehen wollen?
Ich mache die Aufstellung ja nicht basierend auf Fan-Wünschen. In erster Linie muss der Spieler sich bewusst sein, was es heisst, zurückzukommen. Es bedeutet harte Arbeit. Man kann nicht zurückkehren und sagen: «Ich habe vor ein paar Jahren hier Titel gewonnen, jetzt kann ich eine ruhige Kugel schieben.»
Haben Sie mit Fassnacht darüber gesprochen?
Natürlich. Er hat mir versichert, dass er sich dessen absolut bewusst ist, vermittelt eine riesige Lust darauf, Vollgas zu geben. Er muss nicht der YB-Messias sein, der nun alles auf den Kopf stellt. Das erwartet niemand von ihm – er kann aber ein sehr wichtiger Faktor sein in der Rückrunde.
Welche Spieler kommen noch? Ein defensiver Mittelfeldspieler sei ein Muss – Stürmer optional.
Wenn man etwas optimieren kann, schauen wir uns das an. Das Schöne ist, dass es bei einem gut aufgestellten Verein wie YB starke Strukturen gibt und die Kompetenzbereiche klar aufgeteilt sind. Deshalb sind das Fragen, die Sportchef Steve von Bergen sicher gerne beantwortet.
Sie wollten als erste Massnahme das Selbstvertrauen wieder herstellen. Ist Ihnen das gelungen?
Wir kreieren gezielt viele Erfolgserlebnisse im Training. Das kannst du als Trainer steuern. Hinzu kommt natürlich die Kommunikation. Ich versuche, Positivität und Spass reinzubringen. Wenn man der Mannschaft beim Training zuschaut, scheint das zu funktionieren.
Der Konkurrenzkampf zwischen den Spielern ist gross, wenn ein neuer Trainer kommt, wollen sich alle beweisen. Ist Ihnen jemand besonders positiv aufgefallen?
Ich möchte es lieber so formulieren: Es ist mir niemand überraschend negativ aufgefallen, wo ich mir dachte, dass der bei YB nichts zu suchen hat. Wir haben auf jeder Position zwei bis drei Spieler und es freut mich zu sehen, dass jeder den Konkurrenzkampf annimmt.
Sie haben neben der Liga noch Cup und Champions League. Wie gedenken Sie zu rotieren?
Wenn alle weiter so arbeiten, werden alle ihre Spielminuten erhalten. Alle sind sehr nahe beieinander. Es wird eine Achse ergeben, aber keine Stammelf. Wir probieren aktuell unterschiedliche Kombinationen in den Testspielen aus, damit sich alle auf dem Feld kennenlernen. Ich möchte sagen können: Das ist das beste Duo für Winterthur, dieses Duo kann am besten gegen Celtic funktionieren usw.
Den Spielern muss man das dann aber richtig vermitteln können.
Natürlich! Rotation ist das eine, ich kann Spieler bringen und rausnehmen. Die Erklärung dazu ist das Wichtigste, damit die Spieler verstehen, was mein Plan ist und dass es nichts Persönliches ist, sondern es um den Erfolg als Klub geht.
Champions League wird eine Premiere für Sie als Trainer. Wie sehr freuen Sie sich auf diese Hymne?
Ich durfte die Nationalhymne an der EM erleben, jetzt bald die Champions League Hymne. Natürlich sind das tolle Highlights.
Spiele gegen Winterthur oder GC sind jetzt aber deutlich wichtiger als Celtic oder Belgrad in der Königsklasse. Richtig?
Ja, die Liga hat jetzt absolut höchste Priorität. In der Champions League haben wir aber noch etwas gutzumachen und wollen das Maximum an Engagement einbringen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Lugano | 18 | 6 | 31 | |
2 | FC Basel | 18 | 21 | 30 | |
3 | FC Lausanne-Sport | 18 | 9 | 30 | |
4 | FC Luzern | 18 | 3 | 29 | |
5 | Servette FC | 18 | 2 | 29 | |
6 | FC Zürich | 18 | -1 | 27 | |
7 | FC Sion | 18 | 4 | 26 | |
8 | FC St. Gallen | 18 | 6 | 25 | |
9 | BSC Young Boys | 18 | -4 | 23 | |
10 | Yverdon Sport FC | 18 | -12 | 17 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 18 | -10 | 15 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -24 | 13 |