Constantins Sohn Barthélémy ist der jüngste Sportchef der Super League
«Ich bin bereit, für den FC Sion zu sterben»

Mit zarten 22 ist Barthélémy Constantin Sportchef des Super-League-Dritten Sion. Der Klub ist sein Leben. Da haben – anders als bei seinem Vater – keine Freundinnen Platz. Barth über Emanzipation von seinem Vater und die Bereitschaft für einen Klub zu sterben.
Publiziert: 12.03.2017 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 16:33 Uhr
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Barth Constantin lebt für den Fussball: «Ich denke schon beim Aufstehen dran.»
Foto: TOTO MARTI
Von Alain Kunz (Text) und Toto Marti (Fotos)

SonntagsBlick: Barthélémy Constantin, besitzen Sie schon Aktien des FC Sion?
Barthélémy Constantin:
Nein. Die sind zu hundert Prozent im Besitz meines Vaters. Das ist auch okay so. Es kann nur einen Präsidenten geben.

Aber Sie wollen nach wie vor eines Tages sein Nachfolger werden.
Klar besteht diese Idee noch. Nur ist das im Moment nicht erste Priorität. Wer weiss, was in den nächsten Jahren passiert? Vielleicht kriege ich ein gutes Angebot aus dem Ausland. Zudem weiss ich nicht, wie ich mich entwickeln werde.

Vor zwei Jahren waren Sie Feuer und Flamme für diese Idee. Ohne Einschränkungen.
Das war vor zwei Jahren. Ich hatte weniger Erfahrung als heute.

Was haben Sie seither dazugewonnen?
Lebenserfahrung. Ich habe viel gesehen. War bei vielen Verhandlungen dabei. Ich habe das Business näher kennengelernt.

Hat Ihr Vater schon mal eine Andeutung gemacht, wanner abtreten will?
Nein. Da gibt es keinen Plan. Unser einziges Ziel ist es, den Klub nach oben zu bringen. Er hat nie gesagt, er wolle aufhören. Seine Leidenschaft ist ungebrochen.

Was würden Sie anders machen wollen als Ihr Vater?
Nichts wirklich. 

Sie wollen also auch die Trainer-Feuerungs-Kadenz Ihres Vaters nicht drosseln?
Doch, das schon. Er selbst ist doch schon ruhiger geworden. Seine Entscheide sind viel weniger einsam. Er spricht sich mit Generaldirektor Marco Degennaro, seinem Anwalt Alexandre Zen-Ruffinen und mir ab. Der Klub ist sehr stabil im Moment.

Der aktuelle Coach heisst Peter Zeidler und der steht nach der zweiten Rückrunden-Niederlage gegen St. Gallen unter Zugzwang.
Sicher. Aber das ist nichts Negatives. Man kann doch nicht den Trainer wechseln, nur weil wir gegen YB und St. Gallen verloren haben. Wir sind weit weg davon, dies im Kopf zu haben.

Doch Basel kommt im dümmsten Moment.
Druck gibts immer. Ob jetzt Basel oder Vaduz kommt. Der FCB ist ein grosser Klub, okay. Aber wenn wir den Anspruch haben wollen, den Rückstand auf den Meister zu verringern und auf Platz zwei vorzurücken, müssen wir auch Basel mal schlagen.

Sie waren sauer, weil das Team die erste Halbzeit gegen St. Gallen verpennt hat und warfen dem Trainer vor, die Mannschaft nicht am Vorabend kaserniert zu haben. Aber das hat Zeidler bei den vielen Heimsiegen nie gemacht ...
Und was höre ich auf Équipe-TV? Matuidi und Verratti sollen Montag im Ausgang gewesen sein. Danach scheitert PSG historisch. Nein, das lasse ich nicht gelten. Solche Details sind enorm wichtig. Und wenn die Spieler unter Kontrolle sind, passiert das halt nicht. Wenn man in den Krieg zieht, müssen die Soldaten perfekt ausgebildet und vorbereitet sein. Sonst verliert man.

Sie hätten ohnehin lieber einen anderen Trainer genommen als Zeidler.
Wir, also CC und ich, haben die Dossiers angeschaut. Er wollte Zeidler nehmen. Also nahm er ihn. Ich respektiere das und arbeite mit ihm zusammen.

Aber Sie hätten lieber Murat Yakin gehabt.
Murat ist der beste Schweizer Trainer, der auf dem Markt war. Technisch, taktisch. Man sieht jetzt auch in Schaffhausen, was der in dieser kurzen Zeit schon bewirkt hat.

Aber er spricht kein Französisch ...
So ist es.

Was für Sie kein Hindernis gewesen wäre.
Für mich nicht. Ich rede ein bisschen Deutsch.

Was Sie von anderen Protagonisten in der Klubleitung unterscheidet.
Scheint so ...

Sie sitzen nicht mehr auf der Bank wie noch bei Didier Tholot. Will Zeidler das nicht?
Ich sass schon die letzten Spiele von Didier nicht mehr auf der Bank. Ich habe auch das eine oder andere Spiel verpasst, weil ich im Ausland Verhandlungen führte. Da ist es besser, wenn man üblicherweise auf der Tribüne sitzt. Dann fällt das weniger ins Gewicht. Das hat rein gar nichts mit Zeidler zu tun. Wir haben null Probleme zusammen.

Das letzte Mal, als sich Vater und Sohn Constantin nicht einig waren, endete das in Ihrer Entlassung.
Wollen wir das wirklich wieder hervornehmen? Das ist lange her. Danach habe ich bei der Gemeinde angeheuert, weil ich Geld brauchte. Ich half dem Förster, war Strassenarbeiter.

Damals ging es um Gennaro Gattuso, dem Ihr Vater das Vertrauen im Gegensatz zu Ihnen entzog. Haben Sie noch Kontakt mit ihm?
Ja, wir telefonieren regelmässig. Und wenn ich in Mailand bin, gehe ich immer in sein Restaurant.

Gattuso, Basel und die Champions League. Das ist die grosse Bühne. Sion ist da Provinz.
Es ist nicht dasselbe, klar. Aber mit dem Wort Provinz bin ich nicht einverstanden. Wir sind am Wachsen.

Haben Sie denselben Traum wie Ihr Vater?
Welchen?

Jenen von der Champions League. Als erster welscher Klub.
Natürlich habe ich den. Aber im Moment sind wir Dritter. Da müssen wir nicht mal daran denken. Erst wenn wir Zweiter sind. Und ich habe noch einen weiteren Traum.

Welchen?
Meister zu werden. Das hat mein Vater allerdings schon geschafft. Er hat gar das Double geholt.

Champions-League-Spiele müssten zum Beispiel im Stade de Genève steigen. Tut das der jungen Generation nicht weh, zumal der Präsident Architekt ist, in einem Uralt-Stadion zu spielen?
Als er Pläne verfolgte für ein neues Stadion, gabs ein Riesentheater. Und in Sion fehlt der Platz. Nun modernisieren wir das Tourbillon Schritt für Schritt.

Also: Definitiv kein neues Stadion?
Stand jetzt nein. Das Tourbillon mit all seiner Geschichte bleibt stehen. Es soll in die Neuzeit geführt werden wie die Liverpooler Anfield Road, das Vélodrome in Marseille oder das Bernabéu in Madrid. Alles mythische Stadien.

Sie sind erst 22. Andere in diesem Alter studieren oder probieren Drogen aus. Sie sind Sportchef eines Super-League-Klubs. Komisch, nicht?
Das war ein Lebensentscheid von mir. Ich bin zwar hier hineingeboren worden. Doch nun will ich beweisen, dass ich das kann. Ich gehöre dem Fussball. Die Stunden zähle ich nicht. Ich schaue täglich sechs, sieben Stunden Fussballspiele, oft bis nachts um drei. Ich bin bereit für diesen Klub zu sterben.

Sie machen also nichts anderes? Keinen Ausgang, nichts?
Klar gehe ich dann und wann aus. Aber es ist schwierig, weil ich jede freie Sekunde an Fussball denke. Schon beim Aufstehen. Das macht mich auch stark.

Was ist Ihre Legitimation Sportchef zu sein? Sohn zu sein?
Das ist eine Chance, ganz klar. Aber ich muss sie packen, sonst bin ich nicht lange da. Der Präsident ist da knallhart. Im Job ist mein Chef nicht mein Vater, sondern mein Präsident.

Sprechen Sie ihn mit «mon président» an?
Nein, das hasst er! Es ist schon vorgekommen. Dann sagt er sofort: Lass das!

Sie haben keine Ausbildung.
Es gibt auch keine Ausbildung zum Sportchef. Doch ich will nur das.

Sie setzen also alles auf die Karte Fussball, wie ein Fussballspieler, der auch keine Lehre beendet.
So ähnlich, ja. Mit dem Ziel, eines Tage nicht mehr der Sohn des Präsidenten zu sein.

Ihr Vater hat sich das Geld, das er in den Klub steckt, als Architekt und als Immobilienhändler erarbeitet. Wie wollen Sie das eines Tages schaffen?
Es ist noch viel zu früh darüber zu sprechen. Es ist richtig, dass es von Vorteil ist, wenn der Präsident Geld hat. Ich will mein Leben mit Fussball verdienen.

Ihr Vater lebt seit Jahren getrennt von Ihrer Mutter. Dennoch ist das Verhältnis innerhalb der Familie nach wie vor intakt.
Absolut! Meine Mutter organisiert zum Beispiel die Preise für die Tombola an der grossen Gala. Das ist eine Riesenbüez ... Und meine grosse Schwester managt das Hotel meines Vaters.

Ist Ihr Vater in allen Bereichen Ihr Vorbild?
Klar, in allen.

Okay, also auch in Bezug auf Frauen?
Mmmh. Alle Menschen machen Fehler. Auch er. Aber das geht mich natürlich nichts an, wie es auch die Öffentlichkeit nichts angeht. Da macht er, was er will.

Wie viele Freundinnen hat er derzeit?
Das geht niemanden was an.

Und Sie?
Ich habe mich vor ein paar Monaten von meiner Freundin getrennt. Meine Liebesbeziehung ist der Klub. Ich bin Single. Das ist im Moment wohl besser so.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
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