CC und Yakin – eine brisante Ehe
Zwei Könige für ein Reich

Christian Constantin erteilt gerne Ratschläge. Murat Yakin ist eher beratungsresistent. Wie funktioniert dieses explosive Gemisch? Murat Yakin erklärt diese Fussballehe, die heute beim Spiel gegen GC ernsthaft geprüft wird.
Publiziert: 21.10.2018 um 11:58 Uhr
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Aktualisiert: 24.10.2018 um 11:40 Uhr
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Murat Yakin und CC: Die beiden verstehen sich. Hier 2013, als Yakin noch beim FC Basel engagiert war.
Foto: freshfocus
Felix Bingesser

Murat Yakin sitzt im Zug von Martigny nach Zürich. Vor dem brisanten Spiel gegen GC will der Sion-Trainer nochmals heim zu seiner Familie. Seine Frau und seine zwei kleinen Töchter sehen ihn nur noch selten. Sie wohnen weiter im Raum Zürich, Murat hat in Martigny ein kleines Appartement bezogen. «Ich war zuletzt sechs Monate bei meiner Familie. Jetzt steht halt der Fussball wieder im Vordergrund», sagt er. Der zweifache Meistertrainer und Grandseigneur des Schweizer Fussballs ist nicht mehr mit dem Ferrari und nicht mehr mit dem Maserati unterwegs. Warum jetzt plötzlich mit dem Zug? «Man wird ruhiger. Sie können es ja Altersweisheit nennen», sagt er.

Und er kennt Zugfahrten ins Wallis. Schon als kleiner Bub fährt er zusammen mit Mutter Emine und Bruder Hakan jeden Sommer zum Vater in die Ferien nach Lalden. «Meine Mutter und mein Vater hatten ja kein Auto.» Murat und Hakan schauen aus dem Fenster, und Emine, die mittlerweile zehnfache Urgrossmutter ist, packt die Sandwiches aus ihrer schweren Tasche. «Hakan und ich konnten jede Station auswendig aufsagen», sagt Yakin.

«Ich kenne im Oberwallis jeden Berg»

Sein von der Familie getrennt lebender Vater arbeitet in der Chemiefirma Lonza. «Wir waren immer sechs Wochen in den Sommerferien. Ich kenne im Oberwallis jeden Berg.» Die Verbundenheit mit dem Kanton war immer gross. Gerade diese Woche ist ihm eine Einladung zum 800-Jahr-Jubiläum der Gemeinde Lalden ins Haus geflattert.

Jetzt ist der verlorene Sohn zurück. Der Kreis schliesst sich. Er sitzt auf dem Trainerstuhl des FC Sion, auf den sich eigentlich nur ausgemusterte, verzweifelte oder sadomasochistisch veranlagte Trainer setzen. Auf einem Stuhl, auf dem man permanent den schnaubenden Atem des Präsidenten im Nacken spürt. 40 Trainer in 15 Jahren hat CC geholt und gefeuert.

«Der Fussball und das Wallis müssen CC dankbar sein»

Warum tut sich das Yakin, der im Fussball und mit seinen Immobiliengeschäften Millionen verdient hat, überhaupt an? «Aus Leidenschaft zum Fussball. Und mit Christian Constantin treffe ich auf jemanden, der diese Leidenschaft teilt. Jüngst haben wir zusammen die U21 angeschaut. Er geniesst das, man unterschätzt seine Liebe zu diesem Spiel», sagt Yakin. Und er findet auch: «Man steckt ihn zu sehr in die Schublade des unkontrollierten Cholerikers. Der Fussball und das Wallis müssen ihm für sein enormes Engagement dankbar sein.»

Trotzdem: ein diktatorischer Präsident. Dazu der eigenwillige Murat Yakin, der als grosser Spieler und später als hoch talentierter Trainer immer eines tat: unbeirrt seinen Weg gehen. Zwei Alphatiere, zwei Könige für ein Reich. Das birgt doch enorme Sprengkraft? «Da mache ich mir keine Gedanken. Und Angst habe ich schon gar nicht. Wer im Sport Angst hat, ist am falschen Ort. Der steht immer auf der Verliererseite. Bis jetzt funktioniert das mit Vater und Sohn Constantin bestens. Wir hatten in den letzten Jahren immer wieder Kontakt. Ich kenne die beiden schon länger. Das Zusammenspiel funktioniert.»

Man hat bei seinen letzten Trainerstationen auch immer vom «System Yakin» gesprochen. Von einem Mann, der doch ziemlich beratungsresistent ist. «Wir waren zu Hause acht Kinder. Zu viert in einem Schlafzimmer. Ich weiss, was Teamfähigkeit ist und was es heisst, zu teilen», sagt Yakin zu diesem Vorwurf. Aber ergänzt auch: «Ich höre zu. Irgendeiner muss seine Ansicht und seine Idee vom Fussball um­setzen. Und das bin ich. Darum muss ich auch die sportlichen Entscheidungen treffen. Ich muss ja auch den Kopf hinhalten.»

Kann man mit diesem Kader einen Titel holen?

Vier Spiele, vier Punkte. Das ist seine Bilanz nach dem ersten Monat in Sion. Das reicht nicht. Die junge Fussballehe Constantin/Yakin wird heute auf eine harte Probe gestellt. GC gastiert im Tourbillon zum Abstiegskampf. Zwei Vereine mit grossen Ambitionen stehen nach einem knappen Saisondrittel mit dem Rücken zur Wand. «Ja, wir brauchen ein positives Resultat», sagt Yakin. Er weiss genau, dass er in Sion vor allem einen Verbündeten braucht: den Totomat.

Wozu ist denn dieses grosse, aber weitgehend unbekannte Sion-­Kader überhaupt fähig? «In der Breite sind wir gut aufgestellt. Es fehlen einige noch nicht ganz fitte Routiniers. Und es fehlt die Cleverness vor dem Tor.» Kann man mit diesem Kader einen Titel holen? «Man braucht etwas Geduld und auch mal etwas Kontinuität.»

Geduld und Constantin? Es wird spannend. Auch für die Karriere des Murat Yakin, der sich mit 44 Jahren wohl eher bei einem europäischen Topklub denn in Sion gesehen hat. «Ich mache keine Karriereplanung. Ich habe auch mit Freude in Schaffhausen gearbeitet und arbeite jetzt mit Freude in Sion. Ich liebe den Fussball, nicht das Prestige.»

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