Blick: Michael Lang, die Gerüchteküche brodelt, wenns um Ihren Namen geht …
Michael Lang: (Überlegt.) Warum?
Es heisst, etliche Amateurvereine aus der Ostschweiz seien an Ihnen interessiert.
(Lacht.) Nein, nein. Das wird nichts. Gestern war ich Tennis spielen, das reicht. Mein Bruder spielt beim FC Romanshorn und hat mich auch schon gefragt, ob ich Lust habe. Aber ich bin zu ehrgeizig, zu diszipliniert und zu ambitioniert, um bloss noch zum Spass zu kicken.
Fehlt Ihnen die Garderobe nicht?
Wenn ich eine lustige Zeit haben will, dann habe ich genug Kollegen, mit denen ich etwas trinken gehen kann. Dafür brauche ich den Fussball nicht als Anlaufstelle.
Vermissen Sie das Stadion? Das Adrenalin?
Ja. Ich bin zuletzt bei den Spielen des FC Wil im Stadion gewesen, und das Ganze Drumherum hat mir in den letzten Monaten schon gefehlt. Aber das kommt wieder, wenn ich als Sportchef anfangen werde im Sommer.
Mit wem auch immer man spricht, alle sagen, Sie seien ein Musterprofi gewesen, der immer sehr auf seinen Körper geachtet hat. Warum haben Sie nicht bis ins hohe Alter weitergemacht?
In Sachen Physis hätte ich locker noch ein, zwei Jahre spielen können. Ich bin gesund, top in Form, hatte in meiner Karriere nie mit grösseren Verletzungen zu kämpfen. Das wollte ich aber nicht aufs Spiel setzen für eine Aufgabe, die mich nicht zu 100 Prozent überzeugt.
Werden ältere Spieler nicht mehr gebraucht?
Der Markt hat sich entwickelt, junge Spieler sind gesucht. Und ich bin nicht mehr der Allerschnellste. Es wird extrem auf die Daten geschaut. Wichtige Dinge wie Spielintelligenz und Übersicht gehen in der Bewertung fast ein bisschen unter, weil die nicht messbar sind.
Sie haben insgesamt 478 Profi-Spiele absolviert. Welches war Ihr Höhepunkt?
Der 1:0-Sieg gegen Manchester United in der Champions League. Weil es ein wichtiges Spiel war. Weil wir alle einen tollen Match gespielt haben. Und weil ich als i-Tüpfelchen den Siegtreffer erzielt habe.
In jenem Herbst haben Sie sowohl gegen Benfica, ManUtd und ManCity getroffen. Warum hats danach in der Bundesliga nicht gereicht?
Das erste Jahr bei Gladbach lief gut, ich war Stammspieler. Dann kam mit Marco Rose ein neuer Trainer, der mit Stefan Lainer seinen Lieblingsspieler mitgenommen hat. Das war sehr ehrlich und offen kommuniziert von ihm. Er hat mir von Anfang an gesagt, dass ich bloss die Nummer 2 sein werde.
Sie wechselten leihweise nach Bremen, absolvierten dort aber bloss zehn Einsätze. Was lief schief?
Der Wechsel war mein Bundesliga-Killer. Ich bin aus der Ungeduld heraus gegangen und habe mir den Klub zu wenig angeschaut. Bremen hatte damals eine tolle Mannschaft. Nach einem guten Start habe ich gemerkt, dass ich bloss noch Lückenfüller sein werde. Ich hatte kein gutes Gefühl mehr, dann kam noch Corona dazu.
Sie kehrten nach Gladbach zurück, spielten dort aber keine Rolle mehr.
Gladbach war zu jener Zeit eine Champions-League-Mannschaft. Und vielleicht war der Klub damals eine Nummer zu gross für mich. In der aktuellen Gladbach-Elf hätte ich in meinen Top-Jahren einen Stammplatz, so selbstbewusst darf ich sein. Aber ich bin trotzdem froh um die Erfahrung, in der Bundesliga gewesen zu sein.
2021 gingen Sie zum FCB zurück. Den haben Sie immer als Herzensangelegenheit bezeichnet. Der Abgang im Sommer aber war unwürdig. Was ist passiert?
Ich will ehrlich gesagt nicht gross darüber reden. Ich bin kein nachtragender Mensch und streiche das Positive heraus. Ich hatte ein Jahr zuvor unter Heiko Vogel sensationelle Monate mit dem Einzug in den Halbfinal der Conference League. Wir haben coolen Fussball gespielt, mit spielerischem Ansatz, Ballbesitz. Wir haben die Gegner dominiert, und ich konnte mich zu 100 Prozent damit identifizieren.
Heiko Vogel hat Ihren Vertrag bis 2025 verlängert, unter Fabio Celestini spielten Sie aber keine Rolle mehr. Wie bitter war das?
Wie erwähnt, will ich nicht mehr über diese Zeit sprechen. Ganz allgemein kann ich aber sagen, dass der Abgang eines Spielers in den meisten Fällen nicht so ist, wie man sich das vorher vorgestellt hat.
Allgemein macht der FCB bei der Verabschiedung von verdienstvollen Spielern keine gute Falle. Auch der Abgang von Rekordmann und Klublegende Fabian Frei war ein Trauerspiel.
Es ist immer schwierig, verdiente Spieler würdevoll zu verabschieden. Weil man als Profi immer noch den Ehrgeiz hat, eine wichtige Rolle spielen zu wollen. Es gibt Spieler, die geben sich damit zufrieden, neben dem Platz und in der Garderobe ein Leader zu sein. Aber ich bin der Meinung, dass du auf dem Rasen eine Rolle spielen musst, um auch in der Kabine akzeptiert zu werden. Ich bin nicht so der Wohlfühloasen-Typ.
Werden vergangene Taten im Fussball zu wenig gewürdigt?
Die Vergangenheit wird schnell vergessen, ja. Die jungen Spieler wissen gar nicht mehr, wer ein Alex Frei, ein Marco Streller oder ein Kubilay Türkyilmaz ist. Die beschäftigen sich mit den aktuellen Stars.
Vor 18 Monaten hätten Sie bei GC unterschreiben können, haben sich aber für eine Verlängerung beim FCB entschieden. Die falsche Entscheidung?
Es gab immer mal wieder Situationen, in denen ich mich zwischen verschiedenen Optionen entscheiden durfte. Dass man jede Entscheidung richtig getroffen hat, kann wohl keiner von sich behaupten. Weils im schnelllebigen Fussballgeschäft oft um Emotionen geht und viel Unruhe drin ist. Aber ich bin mit mir im Reinen, auch wenn ich im Nachhinein wohl eine andere Entscheidung getroffen hätte.
GC steckt derzeit knietief im Abstiegssumpf. Was läuft bei den Hoppers schief?
Es liegt nicht an mir, um das zu beurteilen. Dafür habe ich zu wenig Einblick.
Hatten Sie keine Lust auf ein Auslandabenteuer?
Eine gewisse Offenheit war da, ja. Aber man muss auch realistisch sein. Früher hat es gereicht, wenn dich ein Trainer von früher gekannt hat. Heute aber gibts bei jedem Klub eine Sportkommission oder eine Investorengruppe, die dich nicht kennt und nur das Profil bewertet. Und die sehen dann, dass du zuletzt nicht mehr viel gespielt hast, und stellen sich Fragen.
Ab Sommer sind Sie jener Mann, der Spieler verpflichten wird. Wie kam Ihr Engagement als Sportchef beim FC Wil zustande?
Wer genau die Idee hatte, weiss ich nicht. Jan Breitenmoser, der aktuelle Sportchef des FC Wil, kennt meinen Bruder. Die Wege in die Ostschweiz sind kurz, man kennt sich von früher.
Mit Fabian Schär sitzt beim FC Wil Ihr ehemaliger Nati-Mitspieler im Verwaltungsrat. Sind Sie Freunde?
Wir schätzen uns beide sehr und hatten in der Nati eine lustige Zeit zusammen. Zuletzt war unser Kontakt nicht mehr ganz so eng, aber wenn er dann wieder in die Ostschweiz kommt, werden wir uns öfter sehen.
Wie überbrücken Sie die Zeit bis zu Ihrem Amtsantritt im Sommer?
Derzeit absolviere ich den Talentmanager-Kurs des SFV. Dort sind interessante Leute dabei, der Fokus liegt auf der Entwicklung von einheimischen Talenten. Das passt gut zum FC Wil.
Sind Sie jetzt schon im Tagesgeschäft involviert?
Ich bin viel mit Jan Breitenmoser unterwegs, bin an den Spielen, in den Trainings, sammle Eindrücke, treffe Leute, gleise Dinge auf.
Marco Streller und Alex Frei sind nach der Karriere ebenfalls Sportchefs geworden und krachend gescheitert. Haben Sie sich Tipps geholt?
Nein. Aber meine Entscheidung ist wohlüberlegt. Es ist keinen Kaltstart von heute auf morgen. Der FC Wil ist kein Verein, wo Riesendruck herrscht und ich im Schaufenster stehe. Es ist ein familiärer Klub, die Wege sind kurz, zwischenmenschlich passt es sehr gut.
Sie stammen aus Egnach TG. Wohnen Sie wieder am Bodensee?
Nein, meine Familie und ich wohnen seit Oktober in der Stadt St. Gallen. Und ich bin ehrlich gesagt nicht unglücklich darüber. Weils am See im Winter immer so neblig ist (lacht).
Welche Rolle spielte Ihre Familie beim Rücktritt?
Wenn ich sehe, wie viel Zeit ich derzeit mit meinen beiden Kindern verbringen darf, dann bereue ich die Entscheidung nicht. Es ist ein Privileg. Ich muss vor Spielen nicht ins Hotel, kann meine Wochenenden vernünftiger planen, bin weniger angespannt.
Hand aufs Herz. Wie fest vermissen Sie den Fussball?
Er ist und bleibt meine grosse Leidenschaft. Deshalb möchte ich dem Sport auch erhalten bleiben.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Lugano | 17 | 9 | 31 | |
2 | FC Basel | 17 | 22 | 30 | |
3 | Servette FC | 17 | 3 | 29 | |
4 | FC Lausanne-Sport | 17 | 6 | 27 | |
5 | FC Zürich | 17 | 1 | 27 | |
6 | FC Luzern | 17 | 2 | 26 | |
7 | FC Sion | 17 | 3 | 23 | |
8 | FC St. Gallen | 17 | 4 | 22 | |
9 | BSC Young Boys | 17 | -5 | 20 | |
10 | Yverdon Sport FC | 17 | -11 | 17 | |
11 | FC Winterthur | 17 | -23 | 13 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 17 | -11 | 12 |