Nein, ein Mann der grossen Worte und des lauten Sprechens ist Ngamaleu (24) nicht. Ein um ein bisschen erhöhter Lärmpegel in den Katakomben des Stade de Suisse reichen – und man versteht ihn kaum noch. Wenn er erklärt, dass er Nicolas heisse wegen des französischen Europameisters 2000, Anelka, von dem Ngamaleus Vater Fan war. Wenn er sagt, dass Brice sein zweiter Vorname sei, ohne besondere Bewandtnis. Dass Moumi sein erster Familienname sei, weil es der Name seines Vaters ist. Moumi bedeute im lokalen Dialekt «Mann». Und dass Ngamaleu keine besondere Bedeutung habe. Also nichts von Gamma-Löwe oder so…
Als Nicolas, den im Team alle «Moumi» rufen ausser Trainer Gerry Seoane, der sagt politisch korrekt «Nicolas», im August 2016 von Coronsport in Kamerun nach Österreich kommt, landet er in einer für ihn fremden Welt. Auch wenn Altach nicht der Nabel der Welt ist – es gibt alles im Überfluss, was Nicolas in seiner Kindheit nicht hatte. «Wir wuchsen mitten in Yaoundé auf. Da war nichts von Steppenidylle. Vielmehr war das ein riesiger Block mit einer winzigen Wohnung. Mein Vater war lange arbeitslos, bis er einen Job als Zeitungsauslieferer der ‘Cameroun Tribune’ fand. Wir hatten gerade das Nötigste zum Leben.»
Mittlerweile kann Nicolas mit dem Geld, das er bei YB verdient, seine Familie tatkräftig unterstützen. Mutter und Vater leben nach wie vor in der 2,5-Millionen-Metropole Yaoundé. Die beiden Schwestern studieren in Lausanne und Dortmund. Dortmund? Da wird doch auch ganz ansehnlich Fussball gespielt? Nicolas lacht. «Das hat mir meine Schwester auch schon gesagt... Und sie fände es eine gute Idee, wenn ich später einmal auch dort leben und spielen würde.» Findet er das auch? Er weicht aus: «Meine Lieblingsklubs sind Chelsea und Manchester City.»
2017 holt ihn Adi Hütter, ehemaliger Spieler und Coach von Altach, nach Bern. Er ist der Rekordtransfer der Vorarlberger. YB soll drei Millionen Franken gezahlt haben. Auch wenn die Zahl vielleicht etwas zu hoch ist – Nicolas zeigt sie eines: «Dass die Leute ein derart positives Bild von mir hatten und viel Geld für mich zahlten, erfüllt mich mit Stolz.» Und Ngamaleu startet in Bern durch. Assist in seinem ersten Spiel für YB. Tor im zweiten. Und doch: Wenn Miralem Sulejmani und Christian Fassnacht fit sind und die Stammelf auflaufen soll, ist Ngamaleu Ersatz. Er schaffts in die Standardformation, als Roger Assalé verletzt ist – und verdrängt da immerhin Meisterschütze Jean-Pierre Nsame. Und nun ist er wieder unter den ersten Elf, da Sulejmani verletzt ist. «Ein Superspieler», sagt der Serbe. Er darf nach seinem Fussbruch erstmals wieder laufen. «Er ist enorm schnell und physisch unheimlich stark», sagt der Flügel. «Und weisst Du was? Es ist auch eine sehr gute Lösung, wenn wir beide auflaufen.»
Vorerst muss Nicolas ohne Sulejmani durchstarten. Aber bald mit Unterstützung von Ethan Mathis? Das ist sein zweijähriger Sohn, der in Yaoundé bei seiner Mutter lebt, von der sich Nicolas vor ein paar Monaten getrennt hat. «Ich habe dank der technischen Hilfsmittel täglich Kontakt mit ihm. Aber berühren konnte ich ihn in meinem Leben erst zweimal. Selbst bei der Geburt war ich in Österreich, er in Kamerun.» Das soll sich nun ändern. «Wir planen, dass er bei mir aufwächst. Gemeinsam mit meiner Mutter. Er soll in einem besseren Umfeld aufwachsen als ich», sagt Ngamaleu. Seine Augen werden feucht. Ist die Mutter denn einverstanden, das Sorgerecht abzutreten? «Wir arbeiten daran», sagt Ngamaleu. «Sie will auch das Beste für ihn. Und das Beste, das ist hier, in Bern.»
Es ist der eine Traum. Der andere ist die Rückkehr in die Nationalmannschaft, in den Kreis der unbezähmbaren Löwen, wo der Rudelführer Clarence Seedorf heisst. Der hat Ngamaleu seit August 2018, als der ehemalige Real-, Inter- und Milan-Star das Ruder übernahm, einmal aufgeboten. Es gab ein ganz schwaches 1:1 gegen die Komoren. Seither fehlte Ngalameu, dessen wichtigster Treffer ein Tor am Confed-Cup 2017 gegen den damaligen Weltmeister Deutschland war, immer im Aufgebot. «Im Sommer findet der Afrika-Cup statt. Ich wäre sehr gerne dabei.» Kamerun dürfte sich qualifizieren. Allerdings wurde dem Land der Cup wegen der Kriegswirren und der prekären Sicherheitslage, wodurch der Stadionbau massiv ins Hintertreffen geriet, Ende 2018 entzogen und neu an Ägypten vergeben. «Es ist sehr einfach», sagt Nicolas. «Wenn ich bei YB regelmässig und gut spiele, werde ich aufgeboten. Sonst nicht.» Im Moment spielt er. Immer. Und er spielt gut.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |