Nach Erlachner-Outing
Diese Erfahrungen machten schwule Schiris in Europa

Mit dem Outing von Pascal Erlachner traut sich erst ein Spitzenschiedsrichter an die Öffentlichkeit. Wenn Sie lesen, was schwule Amateur-Refs in Europa alles erleben, dann wissen Sie weshalb.
Publiziert: 10.12.2017 um 14:22 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 04:37 Uhr
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Der Holländer John Blankenstein outete sich in den 80er Jahren.
Foto: imago sportfotodienst
Michael Wegmann

Das Interesse ist riesig, als sich Jesus Tomillero 2015 als erster spanischer Schiedsrichter – er pfeift Amateure – zu seiner Homosexualität bekennt. Der damals 21-Jährige wird in Talkshows ein­geladen. Zeitungen drucken seine Geschichte. «Es gibt viele versteckte Schwule im spanischen Fussball, auch in der ersten Liga. Sie haben Angst vor Diskriminierung. Ich habe keine mehr. Ich will nur respektiert werden», sagt er

Doch mit dem Respekt ist es so eine Sache: Ein falscher Pfiff, und aus dem mutigen Tabubrecher wird ein «doofer Schwuler». Im März 2016 beleidigt ihn ein Materialwart aufs Übelste. Tomillero legt beim andalusischen Fussballverband Beschwerde ein. Der Materialwart bekommt eine läppische Busse von 30 Euro. Doch der Verband droht auch Tomillero mit Strafe, sollte er weiterhin seine Homosexualität thematisieren. Tomillero will weiterkämpfen. Zwei Monate später resigniert er. Ein Fan schreit nach einem umstrittenen Penaltypfiff in der Regionalliga: «Das ist der Schwuchtel-Schiri vom TV. Schämst du dich nicht Schwuchtel?! Schieb dir das Tor in den A...». Das Schlimmste sei gewesen, so Tomillero, dass alle gelacht hätten. Dabei wäre Spanien ein gutes Pflaster für Homosexuelle. Es ist das dritte Land weltweit, welches homosexuellen Paaren Ehe und Adoption ermöglicht. Aber der Fussball hat andere Gesetze.

Das erfährt 2009 auch der Türke Halil Dincdag. Er wird von seinem Verband suspendiert. Offizielle Begründung: Er sei nicht fit. Dieses Urteil fällen die Funktionäre nach einem Interview, in welchem Dincdag sein Coming-out gibt. Ein bekannter Fussballexperte begrüsst den Entscheid. «Gut möglich, dass so einer einem gut aussehenden Spieler mehr Elfmeter gibt.» Dincdag kämpft dann jahrelang für seine Rechte. Im November dieses Jahres kündigte der «Hürriyet» an, dass er als Vorsitzender für den Schiedsrichterausschuss kandidiere.

Nicht für WM nominiert

Der erste und bisher einzige Profischiedsrichter, der sich nicht länger verstecken will, ist der Holländer John Blankenstein. Lange gibt es in Holland keinen besseren Schiedsrichter. Er pfeift Länderspiele und outet sich in den 80er Jahren. Er engagiert sich für Homosexuelle, hat eine Talkshow. 2008 stirbt er mit 57 an Nierenversagen. Für einmal ein positives Beispiel? Nicht wirklich! Blankenstein hegt stets den Verdacht, dass er wegen seiner Homosexualität von der Fifa nicht für die WM 1990 nominiert wird.

Seit diesem August hat auch England seinen ersten schwulen Referee. Ryan Atkin (32) pfeift in der fünfthöchsten Liga. «Schwul zu sein, spielt bei der Leitung eines Spiels keine Rolle», sagt er. Die Beispiele aus anderen Ländern zeigen leider Gegenteiliges.

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