Aufstand der Spielerfrauen
«Die Klischees gehen uns auf den Sack!»

Spielerfrauen gelten als Trophäen, Pin-Up-Girls, als reich, verwöhnt, und nicht besonders klug. Zoë Neumayr und Rahel Schneuwly sind mit Profis zusammen. Und sagen, wie ihr Leben wirklich ist.
Publiziert: 02.04.2017 um 12:38 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:18 Uhr
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Rahel Schneuwly und Zoë Neumayr (r.) wehren sich gegen Klischee vom Traumjob Spielerfrau.
Foto: TOTO MARTI
Michael Wegmann (Text), Toto Marti (Fotos)

Mehmet Scholl redet frei Schnauze. Früher als Fussball-Star, heute als Experte im TV. Auf die Frage nach seinem Traumberuf antwortete er einst: «Spielerfrau».

Traumjob Spielerfrau? «Da fängt es schon an! Die Frau eines Spielers zu sein, ist kein Beruf», sagt Zoë Neumayr. «Es gibt ja auch keine Lehrerfrauen oder Maurerfrauen!» Zoë ist 39, Baslerin und seit elf Jahren mit dem Regisseur des FC Luzern, Markus Neumayr, zusammen. Ihre Freundin Rahel Schneuwly sagt: «Vor allem die damit verbundenen Klischees gehen uns auf den Sack.» Rahel ist mit Marco Schneuwly verheiratet, dem Stürmerstar des FCL.

Die beiden reden wie Scholl frei Schnauze. Sie schreiben auch so. Seit Juli 2016 führen Rahel und Zoë einen gemeinsamen Blog – unter «the-rz.com» räumen sie mit den nervigsten Klischees über ihre Rolle auf. Direkt. Unverblümt. Gnadenlos. Ihr Leben hat nichts mit dem heissen Lifestyle zu tun, von dem Millionen Mädchen träumen. Ihre Beziehung ist keine Abkürzung zu Geld und Prominenz.

«Wir sind nicht so. Wir definieren uns nicht über die Berufe unserer Männer. Wir tragen nicht immer das Neuste am Füddle», sagt Rahel. Die zwei Freundinnen shoppen nicht in Nobel-Boutiquen bis die Kreditkarten ihrer Männer glühen. Sie fahren keinen Porsche Boxster. Sie jetten nicht herum. Sie trinken nicht Cüpli an VIP-Veranstaltungen.

«Fussball ist wie der grosse Gott», schrieb die britische Journalistin Shelley Webb einmal, «die Frau gehört zur Ausrüstung wie die Schienbeinschoner.» Generell gilt das Anforderungsprofil an eine Spielerfrau als überschaubar: Sexy aussehen im Mini. Sexy aussehen im Bikini. Sexy aussehen auf der VIP-Tribüne im Stadion. Sexy aussehen mit Bier in der Hand.

Spielerfrauen haben mit vielen Vorurteilen zu leben – auch in der Schweiz. Rahel: «Ich musste schon oft die Faust im Sack machen, wenn mir jemand blöd kam, wenn mich jemand als Anhängsel betrachtet.» Zoë: «Wir sind Ehefrauen, Hausfrauen, Mamis und Businessfrauen, mit allen Problemen, die dazu gehören.» Ihren Blog führen sie um das zu zeigen. Und weils Spass macht. Nebenbei haben sie sich von ihren Männern unabhängig gemacht. «Rachel’s-things & more» heisst der Food- und Lifestyleblog von Rahel. Die  gelernte Polygraphin gibt Kurse im Bereich Food, Deko und Visual-Storytelling. Zoë gründete «CLEO», eine Marketing- und Eventfirma in der Deutschschweiz. «Wir wollen für ein Leben nach dem Fussball vorbereitet sein», sagt sie.

Die beiden lieben ihr Leben. Ihren Beruf. Ihre Kinder. Zoë liebt die siebenjährige Lanï und den vierjährigen Dian. Rahel den fünfjährigen Owen. Zoë und Rahel lieben ihre Männer. Nicht, weil sie Fussballer sind. Viel eher, obwohl sie es sind.

Denn einfach sei das Leben an der Seite eines Profis nicht. Im Gegenteil. Seit sie vor elf Jahren mit Markus zusammengekommen ist, diktiert der Terminkalender ihres Mannes Zoës Leben. Neunmal sind die beiden schon umgezogen. Manchester, Duisburg, Zulte Waregem (Belgien), Essen, Burghausen, Thun, Bellinzona, Vaduz, Luzern. «In Deutschland war ich ein Jahr auf Jobsuche, ohne Erfolg. Es hiess jeweils: Sie sind Fussballerfrau und ziehen ja bald wieder um!»

Auch deshalb hat sich Zoë selbstständig gemacht. Doch ihr Terminkalender sei noch immer fremdbestimmt. Sie kann sich nicht auf Markus verlassen. Nicht, dass ihr Mann unzuverlässig wäre, aber sein unregelmässiger Trainingsplan, der oft kurzfristig geändert wird, lässt es nicht zu. Fremdbetreuung ihrer Kinder kommt nach den vielen Umzügen nicht in Frage: «Sie brauchen Konstanz.»

Auch Rahel nimmt Rücksicht. «Am Wochenende ist Spiel. Am Tag zuvor liegt nicht mal ein Kinobesuch oder ein gemeinsames Nachtessen drin.»

Weekend-Ausflüge? Skiferien? Frühlingsferien? Undenkbar. Unter der Woche? «Training, dann Regeneration, dann Training...», sagt Zoë.

Schwimmen am Freitag? Unmöglich. Kicken mit den Kindern? Unrealistisch. Rahel: «Am Ruhetag müssen die Jungs vor allem regenerieren und dürfen nichts tun.» Zoë: «Ich spiele mehr Fussball mit den Kindern als Markus.» Rahel: «Wir sind darin schon richtig gut!» Beide lachen.

Das Leben an der Seite eines Profis ist aber nicht immer lustig. Sie umsorgen Haus, Kind und Hund. Sie vereinbaren Termine, halten die Stellung. Sie sind da, falls ihre Männer verletzt sind. Sie sind da, wenn ihre Männer auf der Ersatzbank schmoren müssen. Sie sind da.

«Wenns mal nicht läuft, verschwinden die Schulterklopfer schnell. Dann ist es besonders wichtig, dass wir versuchen. stark zu bleiben», sagen Zoë und Rahel.

Dafür leben sie auch luxuriös, könnte man denken. Dem ist nicht so. Nicht in der Schweiz. Es gibt einige Superligisten die für weniger als 4000 Franken im Monat spielen.

Die FCL-Stars Marco und Markus verdienen einiges mehr. «Uns geht es sicher gut», sagen die Bloggerin. Doch wer denkt, die Schneuwlys und Neumayrs schwimmen im Geld, täuscht sich. Und es gab auch andere Zeiten in anderen Vereinen, für beide.

Zoë: «Als mein Mann Deutschland spielte, hatte ich zwischendurch richtige Existenzängste. In Thun war die finanzielle Situation für uns dann sehr brenzlig. Lanï war damals einjährig. Wir waren frisch in der Schweiz, ich arbeitete noch nicht. Ende Monat haben wir regelmässig die Kreditkarte überziehen müssen, obwohl wir eine kleine Wohnung hatten, auf grosse Anschaffungen und Ferien verzichteten.»

Die Situation der Neumayrs verbesserte sich, als Markus im Sommer 2012 nach Bellinzona in die Challenge League gewechselt ist. «Als wir unsere Schulden abgestottert haben, ging dann der Verein Konkurs. Markus erhielt plötzlich keinen Lohn mehr und es begann alles wieder von vorn.»

Solche Einblicke in ihr Privatleben sind den Freundinnen wichtig. Damit kämpfen sie gegen das Klischee von ewigen Luxusferien in Dubai oder St. Barths. «Wir haben die Schnauze voll von allen, die meinen, wir würden Goldbarren im Keller stapeln. Tun wir nicht.»

Traumberuf Spielerfrau? «Ja, im Traum vielleicht!»

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