«Ich schreie immer Hopp YB!»
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Hedy Braun ist ältester Fan:«Ich schreie immer Hopp YB!»

101 Jahre!
Hedy Braun ist der älteste YB-Fan

Hedy Braun ist 101 Jahre alt. Der älteste YB-Fan! Noch immer geht sie an die Heimspiele des Meisters. «Dänk!», sagt sie, als sei dies das Selbstverständlichste der Welt. Den Titel 2019 hat sie zuhause gefeiert.
Publiziert: 21.04.2019 um 20:06 Uhr
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Aktualisiert: 16.04.2021 um 21:36 Uhr
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Hedy Braun ist 101 Jahre alt und damit der älteste YB-Fan.
Foto: Ruben Sprich
Alain Kunz (Text) und Ruben Sprich (Fotos)

Hundertundeins? So also sieht eine Hundertundeinjährige aus. «Die weder aus dem Fenster stieg noch verschwand» – wie es im Erfolgsroman von Jonas Jonasson heisst. Aber sie ist ja auch nicht mehr hundert … Die 101 Jahre sieht man Hedy Braun nicht an, als sie auf einen Stock gestützt und
am Arm gehalten von René Hitz, Senior Account Manager bei YB und quasi eigens abbestellter, persönlicher Hedy-Braun-Betreuer im Stade de Suisse, um die Ecke des YB-Museums kommt. Kein Rollstuhl. Kein Rollator. 101 Jahre!

«Ich habe die entscheidenden Spiele vor dem Fernseher verfolgt»

Eben hat sie den zweiten Titel in Folge ihres Lieblingsklubs feiern dürfen. Im Stadion? «Nein. Nach Zürich zu reisen, ist für mich zu anstrengend. Ich habe die entscheidenden Spiele vor dem Fernseher verfolgt.» Was ihrer Freude keinen Abbruch tat. Sie ist gottenfroh, auch diesen Tag miterlebt haben zu dürfen. Denn bei 101 Jahren wisse man ja nie, wann einen der da oben hole. «Ich habe lange genug ausgeharrt. Jetzt bin ich froh, hat er noch ein bisschen gewartet. Aber zwei will ich dann doch nicht werden.» Sie meint: 102.

Klar. Runzeln hat ihr das Leben viele ins Gesicht gemalt. Aber das Haar ist noch voll. Und vor allem: Der Geist ist vif geblieben. Dieser überrollt uns gleich förmlich! Fragen zu stellen braucht man nicht gross. Es sprudelt aus ihr heraus. Nonstop. «Also ich bin ja nicht mehr ganz hundert ... Und hundert Prozent fühle ich mich auch nicht mehr. Ich bin ein bisschen schlottrig geworden. Es ist nicht mehr so wie vor zwanzig Jahren. Aber mir geht es recht gut. Wenn nur dieser Grind nicht wäre. Also ich habe dem Doktor schon gesagt, man sollte den austauschen können. Das geht leider noch nicht, hat er gesagt. Und vorletzte Woche bin ich wieder mal umgekippt, als ich in der Wohnung ohne Rollator auf den Balkon wollte. Ich glaube, ich wäre da gestorben, wenn ich nicht so mutig wäre. Eine Stunde habe ich gebraucht und gefroren wie ein ‹Cheib›. Aber ich bin wieder auf die Beine gekommen in der Stube, ganz alleine, ohne öpper! Und ich gehe immer noch allein posten. Die Putzfrau kommt nur alle vierzehn Tage. Sie haben mich gefragt, ob ich ins Heim wolle. Da habe ich gesagt: ‹Noch nicht!› Ich kaufe mir ja immer die Heftli und mache Kreuzworträtsel. Da muss man doch nicht ins Heim …»

Durchpusten! Wie gesagt: keine Fragen. Hedy legt los wie die Feuerwehr. Von eins auf hundert. Nein, hunderteins. Und sie erzählt von früher, als sie in Bern im gleichen Block wohnte wie der Meier Geni und der Bigler. Ob sie schon damals an die YB-Spiele gegangen sei? «Uiuiui. Das weiss ich doch nicht mehr. Aber der Meier war ein ganz Schnittiger!»

«Ich erhalte ziemlich viele Geschenke»

Heute ist Guillaume Hoarau der Schnittige. Vor zwei Jahren schenkte ihr der YB-Star ein Shirt mit der Nummer 99 zum Neunundneunzigsten. Hedy sass nach einem Spiel nichtsahnend in der Champions Lounge, als der Franzose sich ihrem Tisch näherte. «Bonjour Madame! Ich habe ein kleines Geschenk für Sie. Man hat mir gesagt, Sie hätten dasselbe Alter wie meine Rückennummer.»
Hedy bricht in Tränen aus. «Ich erhalte ziemlich viele Geschenke», sagt sie. Und jedes Mal müsse sie gränne.

Hier überrascht Hoarau die älteste YB-Anhängerin
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101-jährige Hedy Braun:Hier überrascht Hoarau die älteste YB-Anhängerin

So auch, als ihr YB-Vereinspräsident Albert Staudenmann einen Schal und einen Wimpel überreicht. «Sie tragen die Neunundneunzig noch besser als ich», sagte Guillaume dann. Küsschen. Tränen. «Der ist sowieso mein Lieblingsspieler. Wenn der spielt, dann räbleds mit Goals! Aber auch den mit den Locken mag ich sehr gut.» Gemeint ist Rastaman Kevin Mbabu. Inszeniert war da gar nichts. Denn Hedy ist an jedem Heimspiel dabei. So es denn am Sonntagnachmittag stattfindet. «Am Abend ist es halt manchmal ganz schön kalt. Da schaue ich dann lieber zu Hause vor dem Fernseher.»

Und da nicht nur YB. Auch Eishockey, Snooker, Tennis. Oder die Nati. Zum Beispiel das Spiel gegen Dänemark. «Da hat mich der Sommer am Schluss ganz verrückt gemacht, dä Löu dä!» Bei YB hingegen passiere das fast nie. Die «flotte YB-Giele», so nennt Hedy die gelb-schwarzen Kicker, würden sie fast nie «verrückt» machen. Klar doch, die gewinnen ja fast immer. Wann war sie denn letztmals an einem YB-Mätsch? Sie schaut uns mit riesigen Augen an. Diese scheinen zu sagen: Was für eine blöde Frage! Sie selber formuliert es so: «Beim letzten Heimspiel, dänk!»

Nun hat sich Hedy in Form geredet. Also den Adi Hütter, den habe sie sehr gern gehabt. «Aber nicht den Trainer von St. Gallen vor einem Monat, diesen Büffel. Der hat doch tatsächlich den Kittel weggeworfen. Dass er dann vom Platz musste dafür, das ist ihm ganz recht geschehen.» Wetten, dass Peter Zeidler lautstark wird lachen müssen, wenn er das vom «Büffel» liest …

Bei McDonald’s muss sie nie mehr bezahlen

Aber an diesem Spiel habe sie die YB-Mannschaft doch ein bisschen «verrückt» gemacht. «Die haben am Anfang immer übers Tor geschossen. Das habe ich gar nicht gern. Also vielleicht muss man mal die Tore grösser machen, damit die mehr treffen.» Da bete sie dann manchmal, das müsse sie zugeben. Aber immer nur heimlich. «Es Gou, es Gou», denke sie dann. Und der neue Trainer von YB? «Der hat oft die Hände in den Hosensäcken. Er ist ein ganz Ruhiger und Stiller. Das habe ich gern.»

Im Gegensatz zu 2019 war Hedy letztes Jahr im Stadion, als Gelb-Schwarz nach 32 Saisons endlich wieder Meister wurde. Natürlich. «Das war wunderschön! Am anderen Tag ging ich dann plagieren im Einkaufscenter. Im Schnurre bin ich immer noch gut.» Und wenn Hedy nicht in die Migros oder in den Coop geht, dann zu McDonald’s! Die Fastfood-Kette hat ihr zum 100. Geburtstag ein Geschenk auf Lebzeiten gemacht: Sie muss nie mehr etwas bezahlen. «Jedes Mal nehme ich das Portemonnaie hervor. Und immer sagen die ganz nett: ‹Nein, Frau Hedy. Sie müssen nicht zahlen!›» Bestellen tut sie eigentlich immer dasselbe: eine kleine Portion Pommes frites und einen Kaffee. «Das reicht mir. Wissen Sie, man isst in meinem Alter nicht mehr so viel ...»

Berühmt dank Foto mit Meisterzigarre

Berühmt geworden ist Hedy auch wegen des Bildes, das sie am legendären 28. April 2018 mit Meisterzigarre zeigt. Hat sie denn diese tatsächlich geraucht? «I wo! Zigarren mag ich nicht. Ich habe in meinem Leben nie geraucht. Aber die Leute haben ganz schön gefragt nach diesem Foto.» Ein Bierli hingegen, das trinke sie schon mal. Vor allem, wenn YB Meister wird. Schon bevor am letzten Wochenende die Sofa-Titelfeier wegen des Remis von «Verfolger» Basel gegen GC fix war, kündigte Hedy Folgendes an: «An diesem Tag werde ich zwäg sein. Das weiss ich schon jetzt. Ich freue mich riesig.»

Eine Dreiviertelstunde ist vorbei. Wie im Flug. Hedy ist müde geworden vom vielen «Schnurre», wie sie sagt. Sie schaut sich noch ein paar Dinge im YB-Museum an. Die ganzen Ausstellungsstücke sind jünger als sie. Vor dem Meisterpokal bleibt sie ehrfurchtsvoll stehen. Dann ist genug. 101 Jahre. Und im nächsten YB-Heimspiel wieder im Stade de Suisse hautnah dabei. Faszinierend!

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