Peter Knäbel: «Die Zeit hier hat mich geprägt»
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Im Kosmos Winterthur:Peter Knäbel: «Die Zeit hier hat mich geprägt»

SFV-Präsidentschaftskandidat Knäbel über Macht, Geld und die Nati
«Wir befinden uns in einer gefährlichen Situation»

Peter Knäbel (58) tritt im Wahlkampf um die SFV-Präsidentschaft als Aussenseiter an. Im Blick-Interview erklärt er, weshalb sich ein Profi-Stratege um die kommenden Herausforderungen im Verband kümmern sollte. Und er sagt, wie die Amateure zu mehr Geld kommen könnten.
Publiziert: 18:04 Uhr
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Aktualisiert: 19:02 Uhr
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Der Ex-Winterthurer Peter Knäbel will SFV-Präsident werden.
Foto: Sven Thomann
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Sven SchochReporter Sport

Warum will Peter Knäbel SFV-Präsident werden?
Peter Knäbel:
Es ist doch offensichtlich und zurzeit auch fühl- und spürbar, dass sich der Schweizer Fussball nach einer langjährigen Erfolgsperiode aktuell in einer Seitwärts- oder sogar Abwärtsbewegung befindet. Es braucht jetzt Fachkompetenz, um wieder eine steilere Lernkurve zu erreichen. Es braucht Leadership, Führungsstärke und eine klare Strategie. Qualitäten, die ich auf all meinen Stationen erlernen und entwickeln durfte. Nach meiner Zeit als Technischer Direktor des FC Basel und des SFV, in der ich Nachwuchskonzepte erfolgreich etablieren konnte, durfte ich ein Unternehmen wie Schalke 04 mit einem dreistelligen Millionenumsatz und 400 Mitarbeitenden leiten. Es wäre mir eine Freude, all dieses Wissen, meine Erfahrung und mein Netzwerk für den Schweizer Fussball einzusetzen.

Fussball-Experte – so lautet Ihr Eigenbeschrieb auf einem bekannten Berufs-Netzwerkportal. Was ist Ihre wichtigste Kompetenz?
Im Kern steht das Verständnis für das Spiel mit all seiner Kraft und Faszination. Dazu ist auf den letzten beruflichen Stationen das Verständnis für Organisationen, Prozesse und Schnittstellen gekommen. Inzwischen gelingt es mir, schnell zu analysieren, wo Energie verloren geht, wo man sie gewinnen kann. Was aber genauso wichtig ist: Wenn du eine Organisation führen darfst, musst du die Menschen abholen, sie begeistern, Energie freisetzen.

Peter Knäbel persönlich

Peter Knäbel (58), geboren in Witten (De). 1984 Bundesliga-Debütant mit 17 Jahren beim VfL Bochum. 108 Bundesligaspiele für Bochum, St. Pauli und 1860 München. Nach dem Aufstieg mit Nürnberg 1998 der Transfer zum damals drittklassigen FC Winterthur – Spieler, Trainer, Manager und Junioren-Koordinator beim FCW. Ab 2006 während drei Jahren Technischer Direktor beim FC Basel. 2009 bis 2014 Direktor beim Schweizer Fussballverband. Mit Unterbrüchen von 2014 bis 2024 als Manager beim HSV und bei Schalke 04 engagiert. Seit Oktober 2024 offizieller SFV-Präsidentschaftskandidat der Swiss Football League.

Peter Knäbel (58), geboren in Witten (De). 1984 Bundesliga-Debütant mit 17 Jahren beim VfL Bochum. 108 Bundesligaspiele für Bochum, St. Pauli und 1860 München. Nach dem Aufstieg mit Nürnberg 1998 der Transfer zum damals drittklassigen FC Winterthur – Spieler, Trainer, Manager und Junioren-Koordinator beim FCW. Ab 2006 während drei Jahren Technischer Direktor beim FC Basel. 2009 bis 2014 Direktor beim Schweizer Fussballverband. Mit Unterbrüchen von 2014 bis 2024 als Manager beim HSV und bei Schalke 04 engagiert. Seit Oktober 2024 offizieller SFV-Präsidentschaftskandidat der Swiss Football League.

Ist denn der Experte Knäbel auch Stratege?
Das ist ganz klar mein Anspruch und meine tägliche Motivation – für den gesamten Schweizer Fussball: strategisch gestalten. National wie auch international. Im Team und als Team, und damit meine ich in erster Linie den Zentralvorstand, in dem alle vertreten sind, der Breitensport und der Spitzensport. Wir müssen wegkommen von einem zu grossen Repräsentationsanteil hin zum strategischen Gestalten.

Wie mächtig darf der Chef des grössten Schweizer Sportverbands sein?
An der Spitze sollte jemand sein, dessen Wort Gewicht hat, der als Person und als Autorität anerkannt wird, der aber vor allem nicht zu weit weg ist von der Realität – und da rede ich vom Breitenfussball und von der Spitze. Er sollte Nähe zeigen und zuhören können. Macht ist ein zu grosses Wort, aber man sollte in dieser Position schon Gehör finden, um gestalten zu können. Man benötigt in Wirtschaft, Politik, den Medien sowie den nationalen und internationalen Sportorganisationen ein vielfältiges Netzwerk, um den Fussball so zu positionieren, wie er es mit seiner grossen Integrations- und Inklusionskraft verdient hat.

Der populäre und erfolgreiche Ex-Basel-Präsident Bernhard Heusler stand für eine Präsidentschaftskandidatur nicht zur Verfügung. Warum sind Sie bereit, eine Wahlniederlage zu riskieren?
Es geht um den Schweizer Fussball, und dafür stelle ich mich mit meiner ganzen Erfahrung, Energie und Passion gerne zur Verfügung. Ich habe mich gefreut, dass viele mich gefragt haben für diesen Posten. Jeder muss selber spüren, was für ihn persönlich stimmt. Meine Ursprungsquelle sind die Emotionen, die das Spiel auslöst und welche man insbesondere im Kinderfussball immer wieder beobachten kann. Jeder Vater oder jede Mama, die mit ihren Kindern auf dem Platz stehen, sie alle haben verdient, auch gehört zu werden. Ich sehe die Arbeit, die nötig ist, um das alles möglich zu machen. Ich will der Präsident von allen Fussballerinnen und Fussballern sein.

Haben Sie als ehemalige Bundesliga-Figur keine Mühe damit, in Schweizer Hinterhöfen mit regionalen Fussball-Fürsten Wahlkampf zu betreiben?
Bei meiner Präsentation vor den Präsidenten der Regionalverbände habe ich keine Fürsten gesehen, sondern engagierte Funktionäre, die offen für überzeugende Inhalte waren. Und gegen Hinterhöfe kann ich auch nichts haben, schliesslich habe ich auf den Hinterhöfen des Ruhrgebiets das Fussballspielen erlernt. Mühsam ist es dann, wenn immer das gleiche Vorurteil kommt: Du kommst von der SFL, du denkst nur an die Profis. Dabei komme ich wie alle anderen Fussballerinnen und Fussballer von der Basis und fühle mich viel mehr als Schweizer Fussball-Figur, die hier zu Hause ist.

Nehmen Sie eine grosse Skepsis wahr?
Ich spüre grossen Respekt, Anerkennung und die Bereitschaft für Veränderungen. Meine letzten Reisen über die 1.-Liga-Plätze waren wunderbar – Wettswil-Bonstetten mit Stephan Lichtsteiner gegen einen ehemaligen Spieler aus Winterthurer Anfangszeiten, Heris Stefanachi. Dann war ich bei Rotkreuz – Schötz und traf Michi Weber, den ich als Junior nach Basel holte. Einer der Fans von Schötz ist der Drittliga-Coach meines Sohns. Vor allem aber habe ich beeindruckende Leader getroffen, Präsidenten, die ihren Verein im Griff haben.

Ihr Herausforderer Sandro Stroppa ist auf dem regionalen Terrain der Platzhirsch. Wie fühlt es sich an, nahezu immer auswärts antreten zu müssen?
In der Schweiz kenne ich keine Auswärtsspiele. Ich fühle mich überall und jederzeit herzlich willkommen, egal ob beim Sponsorenanlass des SC Derendingen, den Geschäftsstellen der 13 Regionalverbände oder bei den verschiedenen Juniorenturnieren, die ich immer wieder gerne besuche. Auf den Plätzen, in den Stadionbeizen, bei den Menschen zu sein, ist mir wichtig.

Wie wird der SFV-Präsident gewählt?

Die Wahl des Nachfolgers von Dominique Blanc (75) als Präsident des Schweizerischen Fussballverbandes findet am 24. Mai an der Delegiertenversammlung im Haus des Sports in Ittigen statt. Von den 101 Delegiertenstimmen der drei Kammern fallen 28 auf die Swiss Football League, 26 auf die Erste Liga und 47 auf die Amateur Liga. Im ersten Wahlgang ist das absolute Mehr erforderlich, im zweiten das relative.

Die Wahl des Nachfolgers von Dominique Blanc (75) als Präsident des Schweizerischen Fussballverbandes findet am 24. Mai an der Delegiertenversammlung im Haus des Sports in Ittigen statt. Von den 101 Delegiertenstimmen der drei Kammern fallen 28 auf die Swiss Football League, 26 auf die Erste Liga und 47 auf die Amateur Liga. Im ersten Wahlgang ist das absolute Mehr erforderlich, im zweiten das relative.

Wo drückt der Schuh bei den Amateuren am meisten?
Es sind die drei grossen Themen: Infrastruktur, Finanzen, Gewinnung von Mitarbeitenden und Freiwilligen. Um bei diesen wichtigen Vereinsthemen Fortschritte zu erzielen, muss sich der Verband bei seinen wichtigsten sportpolitischen Partnern, dem Baspo (Bundesamt für Sport, Anm. d. Red.) und bei Swiss Olympic aktiv einbringen. Ganz konkret möchte ich mich angesichts der immer noch sehr grossen Anzahl an Kindern auf Wartelisten für eine nationale Kunstraseninitiative engagieren.

Am Ende geht es bei allen Themen um das Geld. Können Sie der Amateur-Abteilung mehr Mittel in Aussicht stellen, wenn Sie die Wahl gewinnen?
Mich beschäftigt seit längerer Zeit das Thema Ausbildungsentschädigungen für die ersten Lernschritte der Spielerinnen und Spieler. Sie fällt bei Vereinswechseln an und wird für die Ausbildungszeit ab zwölf Jahren bezahlt. Anders als früher treten die Kinder aber schon ab dem Alter von fünf, sechs Jahren in die Vereine ein. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, diese Arbeit ab dem Alter von acht Jahren zu erfassen. Das sind nicht Millionen, aber sie berücksichtigen den Solidaritäts-Mechanismus, und sie belohnen die enorm wichtige Arbeit der Vereine an der Basis.

Um Millionen von Franken geht es hingegen beim Langzeitprojekt SFV-Leistungszentrum. Die Machbarkeitsstudie liegt vor, aber der Spatenstich ist nach wie vor in weiter Ferne. Welche Priorität kommt dem Home of SFV zu?
Der Projektname sagt es richtig: Home of Football. Und damit die Heimat aller Fussballerinnen und Fussballer. Die positive Symbolkraft eines solchen Schritts ist enorm. Das habe ich bei den Infrastrukturprojekten in Basel, beim HSV und auch auf Schalke bereits erleben dürfen. Entscheidend wird sicher die Finanzierbarkeit sein.

Sions Präsident Christian Constantin sagt, der SFV sei krank. Man bewege sich im Nationalteam komplett in die falsche Richtung, zerstöre die langjährige Aufbauarbeit.
Wir befinden uns in einer gefährlichen Situation. Wir sollten miteinander möglichst viele und gute Fussballspielerinnen und Fussballspieler formen. Dass wir nun aber mittel- bis langfristig Probleme bekommen könnten, belegt die Einsatzstatistik unserer Nachwuchs-NationalspielerInnen. Wir brauchen Schweizer Akteure, die sich in den Big-Five-Ligen als Stammspieler etablieren und unser Land auch zukünftig an Endrunden führen.

Das Nationalteam spielt in guten Jahren gegen 45 Millionen Franken ein. Nun droht der Cash-Cow im kommenden Herbst der Absturz, falls sie die Qualifikation für die WM-Endrunde 2026 verpassen sollte.
Ich sehe die Lage nicht so dramatisch. Wir haben immer noch Top-Spieler, aber wir müssen bis zum Start der WM-Qualifikation einen positiven, atmosphärischen Turnaround schaffen. Niemandem kann und wird egal sein, was im Herbst passiert. Schon gar nicht dem Präsidenten. Und natürlich auch nicht dem Zentralvorstand.

Ohne WM-Teilnahme droht ein schmerzhaftes Defizit. Die Fixkosten sind hoch, der SFV ist personell üppig bestückt. Wie beurteilen Sie die Wirtschaftslage?
Die Abhängigkeit von Qualifikationen mit dem A-Nationalteam der Männer ist Realität. Um diese zu mindern, braucht es sowohl mehr Einnahmen als auch eine gezielte Sparkultur, die die Ausgabenseite eng begleitet.

In Deutschland kümmert sich eine ausgelagerte GmbH um die Geldmaschine Nationalteam. Ist das kein Thema für Sie?
Unsere Institutionen mit dem Dreikammer-System sind zu respektieren. Sie haben uns am Ende einen U17-WM-Titel ermöglicht und uns bis auf Platz 5 der Weltrangliste getragen. Deshalb: Nein, keine GmbH, kein Ausgliedern der Nationalmannschaft. Schweizerinnen und Schweizer müssen das Gefühl haben, dass die Nati unter professioneller Kontrolle des Verbands ist. Mit mir als Präsidenten wird es keine leichtfertigen Experimente mit dem Schweizer Fussball geben.

Nimmt man Ihnen ab, den Rollenwechsel vollziehen zu können? In Hamburg und bei Schalke waren Sie oft an der Front.
Ich habe den Perspektivwechsel als Technischer Direktor bei Verein und Verband schon einmal erfolgreich absolviert. Die Erfahrung in Deutschland hatte zudem eine andere Dimension: unter Hochdruck mehrere Hundert Mitarbeitende zu führen, persönlich in der Haftung zu stehen und existenzielle unternehmerische Entscheide zu fällen. An keiner Uni hätte ich das besser lernen können. Das Amt des SFV-Präsidenten wäre nun das, was alles zusammenfasst, was ich bisher im Fussball machen durfte.

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