«Mit 13 Jahren war mir klar, dass ich lesbisch bin. Meine Freizeit verbrachte ich sowieso lieber mit Mädchen, und irgendwann verliebte ich mich in eine Klassenkameradin. Wir haben uns geküsst, so habe ich das bemerkt. Es war ein natürlicher Prozess, ich war verliebt und wollte ihr nahe sein. So, wie das für andere mit Jungs der Fall war. In mir drin hat es sich nie schlecht angefühlt. Und trotzdem: Ich wollte nicht abgestempelt werden. Ich wollte nicht Fussball spielen und dann auch noch lesbisch sein. Dieses Klischee wollte ich nicht bestätigen. Es war für mich einfach zu früh, dazu zu stehen. Obwohl dies beim Frauenfussball eigentlich schön ist: Dass man so sein kann, wie man ist, und sich nicht rechtfertigen muss.
Lara Dickenmann (34)
Die Luzernerin wurde achtmal zur Schweizer Fussballerin des Jahres gekürt. Sie ist siebenfache französische und dreifache deutsche Meisterin. Für die Schweiz bestritt sie 135 Länderspiele. Im letzten Jahr trat sie aus der Nati zurück, für ihren Klub Wolfsburg ist sie aber noch aktiv.
Lara Dickenmann (34)
Die Luzernerin wurde achtmal zur Schweizer Fussballerin des Jahres gekürt. Sie ist siebenfache französische und dreifache deutsche Meisterin. Für die Schweiz bestritt sie 135 Länderspiele. Im letzten Jahr trat sie aus der Nati zurück, für ihren Klub Wolfsburg ist sie aber noch aktiv.
In meiner Jugend in der Schweiz versteckte ich mich lange Zeit. In der Schule wusste niemand, wer ich wirklich war. Wobei, wahrscheinlich war es mir selbst nicht so richtig klar. Im Nachhinein denke ich, dass ich das Coming-out anders hätte machen sollen – früher darüber reden oder dazu stehen. Aber eben: Ich hatte zu wenig Selbstvertrauen. Und als ich einem Kollegen einmal sagte, dass ich lesbisch sei, nahm er mich nicht ernst. Er glaubte mir einfach nicht. Was hätte ich sonst noch machen sollen? Deshalb habe ich lange geschwiegen.
Später, während meiner Zeit in den USA, habe ich mich selbst gefunden. Das war für mich eine Befreiung, denn zuvor hatte ich mich verleugnet. Damals konnte ich nicht akzeptieren, dass ich lesbisch bin. Ich hatte ein Problem damit und spielte eine Rolle, die für alle stimmte – ausser für mich. Wie ich mich dabei fühlte, war mir nicht so wichtig.
Carla gab mir zu verstehen, dass lesbisch sein in Ordnung ist
Lange wusste ich nicht, wer ich sein will. So gesehen kam mir das Stipendium der Ohio State University 2004 gerade recht. Wirtschafsstudium und College-Fussball, eine gute Kombination. Es war der Aufbruch in ein Abenteuer, bei dem ich mir selbst nicht vorstellen konnte, wie es herauskommen würde. Vor allem sah ich in Amerika die Chance für einen Neustart. Denn ich nahm mir vor: Ab jetzt stehe ich auf Männer. Das war mein Ziel. Ich wollte nicht dort ankommen und sagen: ‹Hallo zusammen, ich stehe auf Frauen.›
Das habe ich durchgezogen. Also am Anfang. Aber die Realität hat mich ziemlich schnell eingeholt. Denn es führte dazu, dass ich Dinge ausprobierte, bei denen ich eigentlich wusste, dass ich das gar nicht wollte. Es war anstrengend, ja. Aber es war mir auch schnell bewusst, dass mein Vorhaben mit den Männern nicht klappte. Amerika wurde also zum Neustart – aber anders als gedacht.
Mit Carla hatte ich meine erste Beziehung in den USA. Sie gab mir zu verstehen, dass lesbisch sein in Ordnung und ganz normal ist. Das war ein befreiender Moment, der Startschuss zu meinem Öffnungsprozess. Aber ich war in den USA, die Schweiz war weit weg. Und so dauerte es bis zum öffentlichen Coming-out in meiner Heimat noch ein paar Jahre.
Mit einem Mann fühlte es sich für mich nie richtig an
Im September 2018, ein Jahr vor dem Rücktritt aus dem Nationalteam, habe ich mich öffentlich geoutet. Im Schweizer Fernsehen wurde ein Porträt über mich ausgestrahlt, in dem auch meine Homosexualität thematisiert wurde und auf das ich persönlich nur positive Reaktionen bekommen habe. Ich war endlich dazu bereit, öffentlich über mein Lesbischsein zu reden. Ich wollte das einfach machen. Denn irgendwann hatte ich mich entschieden: Ich lebe mein eigenes Leben, und wenn ich Lust habe, etwas zu tun, dann mache ich das auch. Ich habe lange genug Rücksicht genommen, damit ist jetzt Schluss. Es war und ist mir heute ein wichtiges Anliegen. Als Kind und Jugendliche hatte ich niemanden, mit dem ich darüber sprechen konnte. Vielleicht kann ich nun einen Beitrag leisten und zeigen, dass man gut damit leben kann. Wenn es nur jemandem hilft, sich zu öffnen und sich wohler zu fühlen, dann hat sich mein Coming-out gelohnt.
Ob ich jemals einen Freund hatte? Ja, sogar zwei. Aber das hat nie lange gehalten. Ich hatte sie zwar gerne, aber mehr war da nicht. Ich hatte damals schon etwas mit einer Frau gehabt und wusste, wie gut es sein kann. Mit einem Mann fühlte es sich für mich nie richtig an. Und natürlich war ich nicht glücklich zu dieser Zeit. Ich machte das alles nur, um normal zu erscheinen.»
Im neuen Buch «Vorbild und Vorurteil. Lesbische Spitzensportlerinnen erzählen» reden 28 junge und ältere Frauen aus unterschiedlichsten Sportarten über ihr Leben. In einer vierteiligen Serie drucken wir gekürzte Fassungen ab.
Das Buch erscheint im Verlag «HIER UND JETZT», hat 272 Seiten und kostet 39 Franken. Für BLICK-Leser gibt es eine spezielle Aktion: Sie bezahlen nur 32 Franken, ohne Portokosten. Zu bestellen per E-Mail an admin@hierundjetzt.ch oder telefonisch 056 470 03 00, jeweils mit dem Stichwort «BLICK-Aktion».
Weitere Infos finden Sie unter www.vorbildundvorurteil.ch und www.hierundjetzt.ch
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