Zuhause bleiben, kein Training, keine Spiele – so sieht es auch in Seattle bei Goalie Stefan Frei mit der aktuellen Corona-Krise aus. In der nordamerikanischen Grossstadt gibt’s einmal die Woche ein virtuelles Krafttraining mit der Mannschaft und jeden Donnerstag «treffen wir uns online zum Spielen oder trinken einen Whiskey zusammen», erzählt der gebürtige Rheintaler schmunzelnd.
Seit über sechs Jahren steht der 34-Jährige bei den Sounders zwischen den Pfosten, und das äusserst erfolgreich. Gleich zweimal (2016, 2019) holt er mit seiner Mannschaft den Meistertitel. 2016 gar zum ersten Mal in der ganzen Vereinsgeschichte. Zudem verpasst Frei im letzten Jahr «keine einzige Minute» auf dem Platz. Allerdings läuft sein Vertrag im nächsten Jahr aus. Eine Verlängerung sei aber ziemlich sicher, so der Schweizer optimistisch. «Bis 42 möchte ich schon noch Goalie sein.»
Das hätten andere schliesslich auch schon fertig gebracht. Doch Frei weiss, es kann auch schon früher zu Ende sein. Aus diesem Grund investiert der Kunstinteressierte schon länger in seine zweite Passion, das Malen. Sein Interesse für die Malerei beginnt bereits in der Schweiz. 2001 wandert er mit seinen Eltern und dem drei Jahre älteren Bruder aufgrund eines Jobangebots seines Vaters Erwin nach Kalifornien aus. Als Klein-Stefan damals mit dem Zug ins Training oder in die Schule fährt, «faszinierten mich die Graffiti entlang der Bahnstrecke sehr».
Ein Jahr ein richtiger Künstler
«Seriös», erzählt Frei weiter, «wurde es mit der Malerei aber erst als ich Profi geworden bin und gemerkt habe, dass die Kunst mir hilft vom Stress und Druck des Fussballs etwas wegzukommen.» So richtig Künstler sei er jetzt ein Jahr, sagt der Schweizer stolz. Auf seiner Webseite kann man ihm auch beim Malen zuschauen: «Ich habe schon einige Online-Video-Sessions gemacht. So kann ich trotzdem, wenn schon nicht auf dem Platz, ein bisschen «Entertainment» für meine Fans sein.»
Als Künstler kann der 195-Zentimeter-Hüne bereits einige Erfolge verzeichnen. Neben einer Sounders-Debitkarte, die er in Zusammenarbeit mit der Bank Washington kreiert hat, stellt er 2018 sein erstes dreiteiliges Werk fertig.
Nach der Fussballkarriere möchte der Schweiz-amerikanische Doppelbürger seinem Sport aber schon noch erhalten bleiben. Nebst der Kunst noch als TV-Experte tätig zu sein, wäre sein Traum. Privat schlägt Freis Herz seit klein auf für den FC Bayern München. Und was sagt er zur Super League mit seiner Heimmannschaft an der Spitze? «Was? Das wusste ich nicht. Das ist ja super cool», freut sich der Rheintaler. «Da muss ich die Schweizer Liga wohl wieder etwas mehr verfolgen.»
Apropos Schweiz, ist eine Rückkehr ein Thema? «Sag niemals nie.» Im Moment fühle er sich mit seiner kanadischen Frau und den beiden Hunden im Norden der USA aber wohl.
Für den Sounders-Kicker steht jetzt vor allem eins im Vordergrund: Das Tor seiner Mannschaft möglichst bald wieder zu verteidigen. «Aber», räumt Frei ein, «um in unserer Liga weiterspielen zu können, braucht es «einen Haufen» Organisation, denn wir leben in einem Riesenland.»