Die rosarote Welt des Silvan Widmer
«Es war die beste Saison meiner Karriere!»

Die Nati, die ins Abenteuer Nations League 2022 steigt, ist eine Ansammlung von selbstbewussten jungen Männern. Augenscheinlich wird das am Beispiel von Silvan Widmer.
Publiziert: 01.06.2022 um 19:04 Uhr
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Aktualisiert: 01.06.2022 um 19:58 Uhr
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Silvan Widmers Jubel nach seinem Tor zum 1:0 in der WM-Quali in Rom: Am Ende des Tages das wichtigste in der ganzen Kampagne.
Foto: TOTO MARTI
Alain Kunz

Wie oft rückte die halbe Nationalmannschaft ein, um Klubfrust hinter sich zu lassen. Natürlich, auch diesmal gibt es solche Fälle. Haris Seferovic, der lange verletzt war. Remo Freuler, dessen Atalanta in der Rückrunde einen förmlichen Absturz erlebte. Doch das sind die Ausnahmen. Die Mehrheit, die in Bad Ragaz eingerückt ist, um nach Prag zu fliegen, ist eine Ansammlung von Spielern voller Positivismus.

Wie Silvan Widmer (29).

Der Mainz-Rechtverteidiger sitzt da, wie wenn ihn nichts erschüttern könnte. Er hört aufmerksam zu. Gibt sich Mühe beim Beantworten aller Fragen. Man spürt: bei ihm stimmt derzeit alles.

«Ich fühle mich in Mainz als Leader»

«Ich habe die beste Saison meiner Karriere hinter mir», sagt er. Und zählt auf: «Ich habe jedes Spiel gemacht mit Ausnahme des letzten, als ich krank war. Und ich fühle mich in Mainz als Leader. Deshalb erhoffe ich mir, auch in der Nati viele Spiele zu machen.»

Und an der WM Stammspieler hinten rechts zu werden und Wolfsburgs Kevin Mbabu auszustechen. Immerhin hat der Aargauer die Schweiz mit seinem Tor in Rom beim alles entscheidenden 1:1 im Herbst 2021 sowas wie an die WM geschossen. «Klar war das Tor in Italien sehr wichtig, weil es uns die Türe öffnete, um das Feuerwerk gegen Bulgarien zu zünden. So gesehen hatte ich sicher meinen Anteil.»

Widmer ist hinten rechts die Nummer eins

Beim Thema Nati und Widmer war nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen gewesen. Zweimal sortierte ihn Vladimir Petkovic in letzter Sekunde aus. Für die EM 2016 und die WM 2018. «Allerdings kam das beide Male nicht extrem überraschend», sagt der Vater zweier Mädchen heute. An der EM 2020 war er hingegen dabei. Im ersten Spiel gegen Wales war er noch Backup. Danach wechselte Petkovic – und Widmer blieb drin. Bis zum bitteren Spanien-Out.

Seither hat er die Nase im Rennen gegen Mbabu vorne, war nur in einem einzigen Quali-Spiel nicht von Beginn weg dabei. «Ich denke, im Laufe der Jahre ist es mir gelungen, auch in der Nati eine wichtige Rolle zu spielen», sagt er. Wendet sich aber sogleich vom Ausdruck «Stammspieler» ab, als die entsprechende Frage gestellt wird. «Dieses Wort gefällt mir nicht. Viele Spieler haben hohe Ansprüche. Was aber stimmt: Ich rücke mittlerweile mit breiter Brust ein. Auch weil ich weiss, dass ich bestens unterstützt werde.»

Embolo hat einen Koch, Widmer hat ... sich selber

Derweil Breel Embolo sich gewissermassen einen eigenen Koch zugelegt hat, ist Widmer weit von derartigem Gebaren entfernt. «Ich koche immer selber, und das natürlich gesund», sagt er. Und mit dem gleichen Selbstbewusstsein, wie er derzeit Fussball spielt, antwortet er auf die Frage, was er denn kochen könne: «Ich kann alles!» Das heisst? «Fisch, Vegi, im Sommer Grillieren.» Andere Dinge zu tun, als ein weiteres Fussballspiel zu analysieren, sei elementar für ihn, um Abstand zu gewinnen: «Ich habe meine Familie, bin gerne draussen und, eben, koche gerne.»

Ein sinnvoll durchlüfteter Kopf ist im Fussball immer hilfreich. Silvan Widmer beweist es.

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