Jetzt spricht Fabian Schär
«Nati in einer Krise? Das ist zu provokativ»

Nati-Abwehrchef Fabian Schär (28) hatte seit über einem Jahr keine Ferien mehr. Darum freut er sich nicht über Testspiele wie in Belgien nächste Woche. Und er ärgert sich immer noch, dass man Deutschland nicht geschlagen hat.
Publiziert: 09.11.2020 um 08:29 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2020 um 20:46 Uhr
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Fussball in Zeiten von Corona: Fabian Schär (r.) mit Nati-Trainer Vladimir Petkovic.
Foto: TOTO MARTI
Andreas Böni

BLICK: Fabian Schär, sind Sie ausgeruht?
Fabian Schär: Ja, warum fragen Sie?

Weil Sie eigentlich ab jetzt und bis nächsten Sommer durchspielen.
Es ist einiges, was den Spielern abverlangt wird. Es war klar, dass es hart wird, und wir sind uns gewöhnt, viel zu spielen. Anscheinend gibt es Wichtigeres als die Gesundheit der Spieler.

Sie meinen zum Beispiel das Testspiel am Mittwoch in Belgien.
Ich verstehe ja die Verbände, sie wollen und müssen nachholen, was sie verpasst haben. Aber noch eine Reise, nochmals drei Spiele in 10 Tagen… Ich weiss nicht.

Werden die Spieler genug einbezogen?
Leider gar nicht. Nach unserer Meinung wird nie gross gefragt, aber eigentlich sind wir diejenigen die auf dem Platz stehen.

Wann waren Sie das letzte Mal in den Ferien?
Im Sommer 2019 in Griechenland.

Wann haben Sie das nächste Mal Ferien?
Weil wir in England über Weihnachten durchspielen und ich in der Nati bin, nach der EM 2021.

Glauben Sie an eine EM in 12 Ländern?
Da fragen Sie den falschen. Im Moment ist es schwer vorstellbar. Ich habe das Gefühl, dass das Turnier sicher stattfindet. Das Schlimmste für alle wäre eine EM ohne Zuschauer. Das wäre nicht das gleiche, auch wenn die Gesundheit natürlich vorgeht.

Wie ist die Corona-Lage gefühlt in Newcastle?
Nicht so toll. Seit Donnerstag ist ja wieder Lockdown für einen Monat. Alles ist zu, die Restaurants, Cafés, Shops, Fitnesscenter, Coiffeur. Nur die Lebensmittelläden haben geöffnet.

Dürfen Sie als Premier-League-Profi einkaufen gehen?
Ich muss mich ja auch versorgen können… Mit Maske und Abstand geht das schon.

Die Premier League hat null Probleme mit Verschiebungen und fast keine Fälle. Warum?
Wir haben die Positivitätsrate gut im Griff, ja. Ein Physio bei uns ist erkrankt, aber kein einziger Spieler. Von anderen Teams habe ich auch wenig gehört diesbezüglich. Das ist schon erstaunlich, wenn Du hörst, wie viele Spieler in der Schweiz erkranken.

Haben Sie eine Erklärung?
Nein, dafür fehlt mir der Einblick, ich bin aber sehr froh, dass es bei uns nicht so ist.

Wie oft werden Sie getestet?
Mindestens wöchentlich, meist am Montag. Und im Trainingscenter gibts wie überall strikte Vorschriften. Dass man nur zu viert am Tisch sass, war allerdings vorher schon so.

Am Montag rücken Sie zur Nati ein. Wie sehen Sie die Mini-Krise mit fünf Spielen ohne Sieg?
Ich empfinde das zu provokativ. Klar, die Resultate waren nicht wie erhofft. Aber man muss auch die Realität sehen, gegen welche Mannschaften wir spielten und wie wir spielten. Das waren Top-Mannschaften, und wir haben das Spiel gemacht.

Gegen Spanien nicht so richtig.
Das ist immer noch Spanien! Und die machen ein Tor nach einem Fehler von uns und hatten eine einzige Torchance.

Aber ist es nicht seit Jahren so, dass man auf diesen Schritt wartet, auch zu gewinnen gegen Grosse?
Das hat sicher was. Aber eben, die Art und Weise ist anders, wir sind dominant. Und gegen Deutschland hätten wir beide Spiele gewinnen müssen.

Sie selbst flogen gegen Deutschland mit Rot vom Platz. War es das schlechteste Ihrer 57 Länderspiele?
Ich habe sicher schon bessere Spiele gemacht. Es unterliefen mir einige Fehler, die mir jahrelang nicht passiert sind. Solche Spiele kommen mal vor, zum Glück nur sehr selten.

In der Nations League ist die Nati Letzter, der Rückstand auf den Nicht-Abstiegsplatz beträgt vier Punkte zwei Runden vor Schluss. Was würde ein Abstieg bedeuten?
Wir müssen gegen Spanien und die Ukraine einfach mindestens vier Punkte holen. Das ist schwierig, aber wir glauben immer daran, es zu packen. Aber es war nun mal eine schwierige Gruppe. Wobei wir auf dem Papier die Ukraine hinter uns lassen sollten. Es wäre schon wichtig, wenn wir in der A-Liga bleiben würden. Das haben wir uns schliesslich auch erarbeitet, dass wir uns mit den Besten messen können.

Ist das Ziel EM-Viertelfinal nächsten Sommer realistisch?
Das ist noch weit weg. Aber unser Weg stimmt, davon bin ich überzeugt. Und ja, wir sind ehrgeizig genug, uns hohe Ziele zu setzen. Aber es ist immer eine Sache in der Schweiz damit: Setzen wir uns hohe Ziele und scheitern, kommt das wie ein Bumerang zurück. Aber wir wissen, was wir können und wo wir stehen. Es wäre an der Zeit, ein solches Ziel zu erreichen.

Wie sehen Sie den viel diskutierten Fall Xherdan Shaqiri?
Er ist sportlich extrem wichtig. Er ist immer willkommen in unserem Team und gut integriert. Einige Sachen sind unglücklich gelaufen in der Vergangenheit, aber ich war zu weit weg, um es beurteilen zu können.

Am Mittwoch der Test in Belgien, am Samstag das Nations-League-Spiel gegen Spanien, bei welchem Sie gesperrt sind. Was erwarten Sie für ein Spiel?
Es wird ähnlich wie im Hinspiel, Spanien hat einen Umbruch, viele Spieler sind neu. Sie spielen direkteren Fussball als früher, mit höherem Pressing. Es ist schwierig, gegen sie Lösungen zu finden.

Sie spielten in La Coruna. Ihre Erinnerung ans Land?
Es war eine tolle Lebenserfahrung, ich durfte eine neue Kultur kennenlernen. Sportlich war es schwer mit dem Abstieg. Trotzdem hat es mich persönlich da hingebracht, wo ich bin. Ich habe in Spanien zu meinem Spiel zurückgefunden.

Welche Spieler sind Ihnen besonders im Kopf geblieben?
Die beiden Topstars Messi und Ronaldo. Und im ersten Spiel gegen Real bin ich mit Sergio Ramos aneinandergeraten.

Wusste er das noch, als Sie zuletzt gegen ihn in Spanien spielten?
Ich denke nicht, dass er noch weiss, wer ich bin.

Haben Sie noch Kontakte nach Spanien?
Ja, mit meiner damaligen Spanischlehrerin spreche ich noch ab und zu. Sie war wie ein zweites Mami für mich, hat mir viel geholfen.

Und wie gehts Ihrer Familie? Ihre Eltern haben ja ein Fenster-Geschäft in Wil. Wie spüren sie Corona?
Sie merkten es schon, ja. Dass die Leute abwarteten mit Reparaturen zum Beispiel. Aber sie mussten das Geschäft nie schliessen oder Kurzarbeit anmelden. Und das ist ja auch viel wert.

Ist es immer noch der Plan, dass Sie das Geschäft irgendwann übernehmen?
Lassen Sie mich erst noch ein wenig Fussball spielen.

Persönlich: Fabian Schär

Fabian Schär wird 1991 in Wil SG geboren. Als Jugendlicher macht er eine Banklehre bei der Raiffeisen. Bei den Junioren des FC Wil hält man ihn erst nicht für das grösste Talent und traut ihm den Durchbruch nicht zu. Er zeigt es allen mit einem beispiellosen Weg zum Profi.
Erst setzt er sich in der Challenge League beim FC Wil durch, geht dann zum FC Basel. Von dort aus gehts über Hoffenheim und La Coruna nach Newcastle in die Premier League. Sein Marktwert beträgt etwa 15 Millionen Franken. In der Nati ist er ein Fixpunkt geworden, hat inzwischen 57 Länderspiele gemacht.
Schär ist liiert mit Freundin Alexandra.

Fabian Schär wird 1991 in Wil SG geboren. Als Jugendlicher macht er eine Banklehre bei der Raiffeisen. Bei den Junioren des FC Wil hält man ihn erst nicht für das grösste Talent und traut ihm den Durchbruch nicht zu. Er zeigt es allen mit einem beispiellosen Weg zum Profi.
Erst setzt er sich in der Challenge League beim FC Wil durch, geht dann zum FC Basel. Von dort aus gehts über Hoffenheim und La Coruna nach Newcastle in die Premier League. Sein Marktwert beträgt etwa 15 Millionen Franken. In der Nati ist er ein Fixpunkt geworden, hat inzwischen 57 Länderspiele gemacht.
Schär ist liiert mit Freundin Alexandra.

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Serbien
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