«Ich habe umgehend Xhaka angerufen»
Mit diesem Interview schockt Behrami die Fussball-Schweiz

Es ist ein Interview, das ein nationales Fussball-Beben auslöst. Das Gespräch von Valon Behrami mit «RSI» im Wortlaut.
Publiziert: 07.08.2018 um 10:22 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 19:05 Uhr
«Im Telefonat wurde ich vor die Türe der Schweizer Nati gesetzt!»
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Valon Behrami packt aus:«Im Telefonat wurde ich vor die Türe der Schweizer Nati gesetzt!»

Valon Behrami, Sie erhielten am Montagmittag einen Anruf von Vladimir Petkovic. Was hat er Ihnen gesagt?
Ich meinte, es sei ein Höflichkeitsanruf. Aber es war ein Telefonat, in welchem er mich vor die Tür der Nationalmannschaft setzen wollte. Und das einen Monat nach dem WM-Out in Russland. Es sind Dynamiken entstanden, die mir nicht gefallen.

Was für Dynamiken?
Dynamiken, die nicht dem entsprachen, was ich dem Team geben wollte. Ich förderte immer die Einheit. Das Team muss immer eine Einheit sein. Sowohl bei negativen als auch bei positiven Vorkommnissen. Bei uns gab es aber eine Spaltung. Aber ich habe schon als kleiner Junge versucht, ein Team zu einen, das habe ich so gelernt. Der Sport und vor allem der Fussball bringen neue Nationalitäten und neue Kulturen zusammen. So entsteht ein gemeinsamer Auftritt, genau das zeichnet die Schweiz aus. Dafür habe ich immer gekämpft.

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Behrami zeigt sich nach dem Telefonanruf von Nati-Trainer Vladimir Petkovic enttäuscht.
Foto: TOTO MARTI

Was meinen Sie mit Spaltung? Sind es die Doppeladler-Gesten von Xhaka und Shaqiri und alles, was damit ausgelöst wurde?
Genau. Diese Gesten teilten uns. Sie zeigen eine andere Seite von uns. Wir gehen in eine Richtung und wollen um uns eine gute Umgebung erzeugen, die Schweiz stolz machen. Dann sind wir an der WM ausgeschieden. An dieser Stelle ist es immer einfach zu kritisieren, eine Spaltung bei uns zu suchen. Uns wurde gesagt, wir würden eine Nation gegenüber der anderen bevorzugen, aber wir haben bewiesen, dass wir nur einer angehören. Wir tragen immer die Verantwortung als Schweizer. Sowohl im Sieg als auch in der Niederlage.

Sie haben immer versucht, eine Team-Einheit zu kreieren. Nun fühlen Sie sich vor die Türe gesetzt.
Ich dachte immer, ich trete früher aus der Nati zurück. Nun war ich aber voll in das Team integriert und fühlte mich als Leader. Und jetzt werde ich vor die Tür gesetzt. Der Trainer kann sagen, was er will. Es ist ein politischer Entscheid. Ich habe mich gegen Leute gewehrt, die nicht verstehen, was der Fussball bedeutet. Sie haben nie Fussball gespielt! Das ist ein generelles Problem der Schweizer Verbände. Es drängen sich immer Leute nach vorne, die ihre Position retten wollen, aber keine Ahnung haben, wie sich ein Athlet fühlt. Leute haben das Sagen, die nie kickten. Das tut weh. Aber ich weiss, es ist so. Gleichzeitig ist das Ganze für mich kein Riesen-Problem. Nun habe ich mehr Zeit für meine Töchter und meine Frau. Und der Entscheid war eh immer unsicher, es ist also keine Frage von Egoismus. Ich bin 33 Jahre alt, mit 35 wäre ich wahrscheinlich zurückgetreten. Kein Problem. Ich habe immer probiert, alles zu geben, das hat man gesehen. Am Anfang war es schwierig, aber dann habe ich stark reagiert. Es ist mir ein Anliegen noch einmal zu sagen: Ich habe immer Verantwortung übernommen. Auch heute. Ich stehe mit meinem Gesicht hin und sage, dass es falsch ist, mir auf diese Art und Weise mitzuteilen, dass ich nicht mehr Teil vom Projekt bin. Ich möchte, dass mir diese Person einen solchen Entscheid von Angesicht zu Angesicht mitteilt. Das ist leider nicht passiert. Alle haben gesehen, was nach dem Schweden-Spiel passiert ist. Und jetzt sieht es so aus, als ob das zu diesem Entscheid geführt hat. In diesem Augenblick ist vieles zerbrochen. Viele wollte folgenreiche Entscheide treffen. Ich aber habe gesagt: Ich stehe zuvorderst hin, ich will nicht, dass euch Schlechtes widerfährt. Ich kann hinstehen, mein Weg ist fast zu Ende. Personen, die betroffen waren, haben mich um Hilfe gerufen. Ich habe geholfen.

«Es war ein politischer Entscheid»
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Behrami ist sich sicher:«Es war ein politischer Entscheid»

Was für Personen? Können Sie einen Namen sagen?
Der Generalsekretär.

Also Miescher. Er hat Nati-Spieler mit zwei Pässen kritisiert. Obwohl diese gar nicht in Besitz von zwei Pässen sind. Wollten beispielsweise Xhaka und Shaqiri nicht mehr für die Nati spielen?
Nicht gerade die beiden, aber es gab Spieler, welche heftig reagiert haben. Ich habe immer versucht, sie zu beruhigen. Dann hat der Generalsekretär angerufen und um Hilfe gebeten. Ob ich die Kollegen beruhigen könne. Das habe ich gemacht, denn ich will immer einen, nicht trennen. Er meinte, er verfasse eine Mitteilung mit einer bestimmten Botschaft. Das ist aber nie passiert. Alles entwickelte sich – und jetzt sind wir an diesem Punkt.

Fühlen Sie mehr Enttäuschung oder doch Wut?
Ich bin enttäuscht. Ich bin auch Mensch, habe Gefühle für andere Menschen hier. Ich rede hier vom Trainer, von der ganzen Gruppe. Als Mensch schmerzt das sehr fest. Ich weiss, dass solche Enttäuschungen zum Fussball gehören, ich weiss, dass es schnell gehen kann. Aber ich dachte, ich könnte gewissen Personen insofern vertrauen, dass sie einen solchen Entscheid zumindest mit mir zusammen fällen würden. Mir ins Gesicht schauen. Die Hand auf die Schulter legen. Und nicht in einem dreissig sekündigen Telefonat mitzuteilen, dass ich nicht mehr dazugehöre.

Werden Sie die Nati auch in Zukunft unterstützen?
Natürlich! Ich unterstütze eine Schweiz, ein Team, das eine Einheit sein soll. Ich habe umgehend Xhaka angerufen und ihm gesagt: Ich hoffe, du wirst ein echter Leader dieses Teams sein und hoffe, ich konnte dir während meiner Zeit helfen. Er hat mit geantwortet, ich sei für ihn immer ein Vorbild gewesen. Dass er mich so schätze und immer für mich da sein werde. Das sind die Dinge, die immer bleiben. Ich werde die Schweiz immer unterstützen.

Kurz nach Valon Behrami gibt auch Gelson Fernandes den Rücktritt aus der Nati bekannt. Alles dazu hier!

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