Eren Derdiyok sauer wegen EM
«Als Stammspieler hätte ich vier bis fünf Tore erzielt»

«Drei Spiele ohne Einsatzminute – ich war am Durchdrehen», sagt Eren Derdiyok. Und erzählt, wie er die Bomben-Attentate und den Putschversuch in der Türkei erlebte!
Publiziert: 14.08.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 20:55 Uhr
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Eren Derdiyoks Stammplatz in Frankreich war die Ersatzbank.
Foto: Toto Marti
Interview: Andreas Böni

SonntagsBLICK: Eren, sprechen wir erst über die EM. Die lief schlecht für Sie.
Eren Derdiyok (28): Die EM war enttäuschend. Absolut. Jeder hat mich danach gefragt: Warum hast du nicht gespielt? Warum wurdest du nie eingewechselt? Warum wurde der andere bevorzugt? Fragen, auf die ich bis heute keine Antwort finde.

Weil Sie mit 14 Saison-Toren voller Selbstvertrauen waren und Haris Seferovic kein Bein vors andere brachte.
Ich war voller Selbstvertrauen – und bekam in den ersten drei Spielen keine einzige Spielminute. Das habe ich nicht verstanden. Gegen Rumänien, einen Gegner, der schon stehend k.o. war, hätte ich in den letzten 15 Minuten getroffen, davon bin ich überzeugt. Die waren so im Elend. Ich sage ganz offen: Unsere Mannschaft hat im ganzen Turnier unglaublich viele Chancen kreiert. Ich bin überzeugt: Hätte ich von Anfang bis Ende des Turniers als Stammspieler gespielt, hätte ich vier bis fünf Tore gemacht.

Im Achtelfinal gegen Polen hatten Sie dann die grosse Chance zum Sieg-Tor.
Und vielleicht fehlt dir dann genau das Selbstvertrauen, wenn vorher nicht auf dich gesetzt wurde. Der ganze Ablauf des Turniers hat mir vieles aufgezeigt. Ich war enttäuscht, ich war am Durchdrehen bei drei Spielen ohne Minute. Ich konnte es mir einfach nicht erklären. Dann kommst du gegen Polen rein und kannst das Spiel entscheiden, hast den ganzen Druck auf deinen Schultern. Und dann klappts nicht.

Haben Sie mit Vladimir Petkovic darüber gesprochen?
Nein. Ich gebe jetzt bei Galatasaray Gas und hoffe, dass ich in der WM-Qualifikation eine bessere Rolle spiele in der Nati.

Apropos Galatasaray: Wie sicher fühlen Sie sich in Istanbul?
Man ist doch nirgendwo auf der Welt mehr richtig sicher. Man kann gar nicht mehr richtig beurteilen, wo es gefährlich ist und wo nicht. Nur muss jeder einzelne Mensch im Leben ein bisschen mehr aufpassen und die Gefahr nicht suchen.

Gut, aber das geht nicht immer. Sie flogen am 26. Juni von der EM nach Istanbul. Zwei Tage später schossen am Flughafen drei Selbstmord-Attentäter mit Kalaschnikows um sich und warfen Handgranaten, sodass 36 Menschen starben. Sie hatten verdammtes Glück.
Es stimmt, ja. Ich war zwei Tage vorher an jenem Ort, wo die Bomben hochgingen. Die Anschläge passierten in der Ankunftshalle, da musst du automatisch durch, wenn du aus dem Ausland kommst. Es ist schon verrückt: 48 Stunden, nachdem ich fröhlich durchgelaufen bin und mich auf die Geburt meiner Tochter gefreut habe, sterben am selben Ort so viele Menschen ... Es ist schwer, das in Worte zu fassen.

Nur einen Tag danach kam dann Ihre kleine Tochter Dina zur Welt.
Ja, gleich nach diesem Anschlag. Vielleicht bist du nach einem solch schlimmen Tag noch empfänglicher für Gefühle. Denn ja, das waren nochmals ganz andere Emotionen, als wenn du einfach nur ein Tor schiesst.

Sie wechseln nun von Kasimpasa zu einem grösseren Verein in Istanbul, zu Galatasaray. Wann haben Sie für sich entschieden, trotz der politischen Situation in der Türkei zu bleiben?
Schon im Winter gab es erste Kontakte. Dann intensivierte sich alles ab Anfang Juli. Natürlich muss man das Ganze immer beobachten, wie es sich entwickelt. Natürlich ist es unangenehm. Aber du spürst ja selber in Istanbul, was passiert, und musst dann für dich herausfinden, was du willst. Wie du leben willst. Ich bin mit einem guten Gefühl hier.

Am 15. Juli putschte das Militär gegen Präsident Erdogan und scheiterte. Seither herrscht auch politisches Chaos. Wie erlebten Sie jenen Tag?
Ich war zu Hause mit meiner Frau und der kleinen Tochter. Wir wohnen ausserhalb in einem ruhigen Quartier und bekamen es erst nur im Fernsehen mit. Mit der Zeit konnten wir aber auch bei uns durch das Fenster einiges beobachten.

Was denn?
Als Erdogan die Menschen dazu aufrief, auf die Strassen zu gehen und ihr Land zu beschützen, waren plötzlich überall viele Leute mit Flaggen zu sehen. Du spürtest den Zusammenhalt des Volkes. Und es klingt blöd, aber nach einigen Tagen hatte sich das schon wieder recht beruhigt. Zumindest was das tägliche Leben für mich anbelangt.

Erdogan fordert seither wieder die Todesstrafe. 60'000 Menschen wurden entlassen oder verhaftet, darunter Richter und Staatsanwälte. Ihm wird vorgeworfen, eine Diktatur anzustreben. Wie bewerten Sie sein Vorgehen?
Das will ich nicht. Ich bin Fussballer, nicht Politiker. Aber ich bin sicher, dass Ruhe einkehren wird. Aber klar, ich räume ein: Du passt automatisch mehr auf, wie du dich im täglichen Leben verhältst.

Das heisst?
Menschenmengen vermeiden, in erster Linie.

Mario Gomez will nicht mehr für Besiktas spielen, «ausschliesslich wegen der politischen Situation». Verstehen Sie ihn?
Er ist Meister geworden mit Besiktas, schoss Tore und könnte nun Champions League spielen. Vielleicht reizt ihn etwas Neues. Aber dass er aus politischen Gründen einen Grund haben sollte, das kann ich nicht nachvollziehen. Wie gesagt: Auch in Deutschland gab es zuletzt schlimme Attentate.

Für Sie mit türkischen Wurzeln ist es aber vielleicht einfacher in Istanbul als für einen Deutschen.
Klar, du kennst die Kultur. Und in einem Notfall auf der Strasse zum Beispiel kannst du die Leute fragen, was los ist. Ja, das ist ein Vorteil.

Müssen Sie denn nun umziehen wegen Ihres Wechsels?
Vorübergehend bleibe ich in meiner Wohnung. Mein Ex-Klub Kasimpasa spielt aber in einer anderen Ecke Istanbuls als Galatasaray. Daher suche ich schon in der Nähe meines neuen Vereins etwas, der Verkehr ist zu extrem. Aber sicher wohne ich weiter in einem ruhigen Viertel etwas ausserhalb.

GC spielt in den Europa-League-Playoffs bei Fenerbahçe. Und will nicht nach Istanbul reisen. Nachvollziehbar für Sie?
Ja, ich kann verstehen, dass eine Unsicherheit da ist. Aber du wirst ja auch geschützt. Die Polizei wird für GC schauen und sie kompetent begleiten.

Und sportlich?
Fener ist Favorit, hat eine gute Mannschaft. Dadurch, dass sie in der Champions-League-Quali gegen Monaco ausgeschieden sind, wollen sie es allen zeigen. Aber ich als Gala-Spieler hoffe natürlich schon, dass GC gewinnt ... (lacht)

Sie als Basler?
Im jetzigen Moment sind beide Klubs nicht meine Freunde ... Aber GC steht mir sicher näher.

Ex-Nati-Captain Gökhan Inler ist bei Besiktas im Gespräch. Wäre es ein guter Wechsel für ihn?
Er prüft gerade seine Optionen. Wir hatten kurz Kontakt, aber ich weiss nicht, wie er sich entscheidet. Aber ich denke, er würde gut zu Besiktas passen.

Liga A, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Portugal
Portugal
6
8
14
2
Kroatien
Kroatien
6
0
8
3
Schottland
Schottland
6
-1
7
4
Polen
Polen
6
-7
4
Liga A, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Frankreich
Frankreich
6
6
13
2
Italien
Italien
6
5
13
3
Belgien
Belgien
6
-3
4
4
Israel
Israel
6
-8
4
Liga A, Gruppe 3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Deutschland
Deutschland
6
14
14
2
Niederlande
Niederlande
6
6
9
3
Ungarn
Ungarn
6
-7
6
4
Bosnien und Herzegowina
Bosnien und Herzegowina
6
-13
2
Liga A, Gruppe 4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Spanien
Spanien
6
9
16
2
Dänemark
Dänemark
6
2
8
3
Serbien
Serbien
6
-3
6
4
Schweiz
Schweiz
6
-8
2
Liga B, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Tschechien
Tschechien
6
1
11
2
Ukraine
Ukraine
6
0
8
3
Georgien
Georgien
6
1
7
4
Albanien
Albanien
6
-2
7
Liga B, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
England
England
6
13
15
2
Griechenland
Griechenland
6
7
15
3
Irland
Irland
6
-9
6
4
Finnland
Finnland
6
-11
0
Liga B, Gruppe 3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Norwegen
Norwegen
6
8
13
2
Österreich
Österreich
6
9
11
3
Slowenien
Slowenien
6
-2
8
4
Kasachstan
Kasachstan
6
-15
1
Liga B, Gruppe 4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Wales
Wales
6
5
12
2
Türkei
Türkei
6
3
11
3
Island
Island
6
-3
7
4
Montenegro
Montenegro
6
-5
3
Liga C, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Schweden
Schweden
6
15
16
2
Slowakei
Slowakei
6
5
13
3
Estland
Estland
6
-6
4
4
Aserbaidschan
Aserbaidschan
6
-14
1
Liga C, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Rumänien
Rumänien
6
15
18
2
Kosovo
Kosovo
6
3
12
3
Zypern
Zypern
6
-11
6
4
Litauen
Litauen
6
-7
0
Liga C, Gruppe 3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Nordirland
Nordirland
6
8
11
2
Bulgarien
Bulgarien
6
-3
9
3
Belarus
Belarus
6
-1
7
4
Luxemburg
Luxemburg
6
-4
3
Liga C, Gruppe 4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Nordmazedonien
Nordmazedonien
6
9
16
2
Armenien
Armenien
6
-1
7
3
Färöer
Färöer
6
-1
6
4
Lettland
Lettland
6
-7
4
Liga D, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
San Marino
San Marino
4
2
7
2
Gibraltar
Gibraltar
4
1
6
3
Liechtenstein
Liechtenstein
4
-3
2
Liga D, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Moldawien
Moldawien
4
4
9
2
Malta
Malta
4
0
7
3
Andorra
Andorra
4
-4
1
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