Er war einer der grössten Fussballer seiner Zeit. Für manche der Beste, den es jemals gab. Er war das Gesicht der grossen holländischen Nationalmannschaft der 1970er-Jahre, die mit dem «Voetbal totaal», dem totalen Fussball, Millionen von Fans begeisterte. Er stand für den schönen Fussball, für den Individualismus. Und er machte die Rückennummer 14 legendär.
Heute ist Johan Cruyff in Barcelona nach langem Kampf gegen den Lungenkrebs gestorben. Das teilt seine Familie mit. Cruyff wurde 68 Jahre alt. «Ich habe das Gefühl, mit 2:0 in der ersten Halbzeit eines Spiels vorne zu liegen, das noch nicht zu Ende ist. Aber ich bin mir sicher, dass ich es gewinnen werde», hatte er noch im Februar auf seiner Internetseite über seinen Kampf mit dem Krebs geschrieben.
Gewonnen hat Cruyff in seiner Karriere viel. Er ist der überragende Spieler der WM 1974. Die Vizeweltmeisterschaft ist sein grösster Erfolg mit dem Oranje-Team, zugleich seine bitterste Niederlage. Während des gesamten Turniers gehts bei den Holländern hoch zu und her. Sie feiern oft, vor allem ihr Star Johan Cruyff. Er raucht während des Turniers ein Päckchen pro Tag und soll sich selbst in der Halbzeit eine Zigarette angesteckt haben.
Der Captain bekommt auch Eheprobleme nach einer «Bild»-Reportage über nackte Frauen im holländischen Lager. Er ist nervös und hält seinen Zimmergenossen Johan Neeskens in der Nacht wach, weil er schlecht schlafen kann - und rauchend im Zimmer auf und ab läuft. Zum Final erscheint Cruyff deshalb leichenblass. Holland verliert gegen Deutschland. So bleibt er «König Johan», Kaiser wird er nie.
Cruyff, ebenso genial wie unbequem und umstritten, revolutioniert mit Ajax Amsterdam den Fussball Anfang der 70er-Jahre. Der junge Schlacks mit Engelsgesicht zieht die Strippen des Ajax-Spiels, welches von seiner Genialität lebt.
Dreimal hintereinander gewinnt Ajax mit Cruyff zwischen 1971 und 73 den Europapokal der Landesmeister. Der Mittelfeldstratege widerlegt später auch die Behauptung, dass grosse Spieler keine grossen Trainer sein können. Der legendäre Spielmacher leistet auch am Spielfeldrand Grossartiges. Er schafft das grosse Ajax Amsterdam der 1980er-Jahre und formt in den 90ern das grosse Barcelona.
In beiden Klubs legte er das Fundament für deren langjährige Erfolge. So geht die vielgerühmte Ballbesitz-Fussballphilosophie von Barça direkt auf Cruyffs Wirken zurück.
Unkonventionell wie alles an Cruyff ist auch seine Einstellung zum Leistungssport. Er ist ein Musterprofi, was Essen und Trinken angeht. Aber geraucht hat er anscheinend nur auf dem Spielfeld nicht, ansonsten soll er es bis zu 80 Zigaretten am Tag gebracht haben. 1991 muss er dem Nikotinkonsum erstmals Tribut zollen. Cruyff erleidet einen Herzinfarkt, an dem er fast stirbt. Er hört auf zu rauchen, engagiert sich sogar in Anti-Raucher- Kampagnen und bezeichnet fortan seinen 44. Geburtstag als «Wiedergeburt».
Als Cruyff im Herbst 2015 seine Erkrankung öffentlich macht, schwappt eine Welle der Sympathie über die Fussball-Welt, die Cruyff als «herzerwärmend» bezeichnet. «Ich bin sehr stolz auf die Wertschätzung, die aus allen Reaktionen spricht», schrieb er im «Telegraaf». Am 10. Spieltag der holländischen Erendivisie brandet in der 14. Spielminute eine Standing Ovation durch alle Stadien – eine Ehrerbietung an die grosse Nummer 14.